Der bayerische Landtag will die Tonaufnahme der Aussage der verurteilten Rechtsterroristin Beate Zschäpe vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss archivieren lassen. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) habe nach vorheriger Beratung im Landtagspräsidium entschieden, dass ein entsprechender Beschluss des Ausschusses vollzogen werde, teilte eine Sprecherin am Donnerstag mit. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk darüber berichtet. Unklar ist demnach noch, wo die Aufnahme archiviert werden soll, im Landtag oder im Hauptstaatsarchiv. Zschäpes Anwalt Mathias Grasel sagte allerdings der Deutschen Presse-Agentur, er erwäge eine Klage gegen die geplante Archivierung.
Zschäpe hatte im Mai 2023 vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss ausgesagt, in einer nicht-öffentlichen Sitzung. Dazu reisten die Ausschussmitglieder eigens in die Justizvollzugsanstalt Chemnitz, in der Zschäpe einsitzt. Fünf Jahre nach Ende des NSU-Prozesses war dies das erste Mal, dass Zschäpe einem offiziellen Gremium Rede und Antwort stand - und das viele Stunden lang. Im NSU-Prozess hatte sie sich nur in schriftlichen Einlassungen geäußert und schriftlich auf Nachfragen geantwortet und sich lediglich zweimal selbst zu Wort gemeldet - unter anderem in ihren Schlussworten.
In der Aussage im vergangenen Jahr räumte Zschäpe eine Mitschuld an der Mordserie des NSU deutlich wie nie zuvor ein. Das Wortlautprotokoll wurde später veröffentlicht.
Dass der Landtag nun die Tonaufnahme archivieren will, nannte Grasel eine "Unverschämtheit". Bei einem Vorgespräch vor Zschäpes Aussage sei vereinbart worden, dass die Audio-Aufnahme nur erstellt werde, um dem Stenografen die Arbeit zu erleichtern - und dass die Aufnahme nach der Erstellung des Wortprotokolls vernichtet werde. "An diese Vereinbarung will sich der Landtag nun nicht mehr halten", kritisierte der Anwalt.
Der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) war eine Terrorzelle, bestehend aus Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die von 2000 an unerkannt zehn Morde in ganz Deutschland verübte, fünf davon in Bayern. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Die beiden töteten sich 2011, um ihrer Festnahme zu entgehen - erst damit war der NSU aufgeflogen. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, wurde 2018 vom Oberlandesgericht München nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt - als Mittäterin, auch wenn es bis heute keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war.
(dpa)