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Tennis: Die zwei Seiten des Alexander Zverev

Tennis

Die zwei Seiten des Alexander Zverev

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    Alexander Zverev ist Deutschlands bester Tennisspieler. Ins Finalturnier der Saison ist er erfolgreich gestartet. Doch in Beziehungen zu Frauen soll er sich nicht immer im Griff haben.
    Alexander Zverev ist Deutschlands bester Tennisspieler. Ins Finalturnier der Saison ist er erfolgreich gestartet. Doch in Beziehungen zu Frauen soll er sich nicht immer im Griff haben. Foto: Marco Alpozzi/LaPresse via ZUMA Press, dpa

    Alexander Zverev sitzt ganz ruhig da. Seine Miene ist angespannt, er blickt auf den Tisch. Es ist ein trüber Tag, Zverev hatte gerade sein Auftaktspiel beim renommierten Tennisturnier in München deutlich mit 3:6, 2:6 gegen den aufstrebenden Holger Rune verloren. Zverev soll erklären, wie es dazu kommen konnte. Seine Stimme stockt, er findet kaum Worte. Er redet von großer Enttäuschung und davon, dass er dieses Turnier hier in München doch so sehr liebe. Und dass er gar nicht fassen könne, dass bereits nach Spiel eins wieder Schluss sein soll.

    Im Frühjahr 2022 war das, der deutsche Hoffnungsträger war früh ausgeschieden. Ein Jahr später das gleiche Bild. Wieder kommt Zverev hoffnungsfroh nach München. Er soll das Zugpferd des Turniers sein, die Veranstalter erhoffen sich durch den 26-Jährigen mehr Aufmerksamkeit. Doch wieder ist früh Schluss. Wieder verliert er sein Auftaktmatch, diesmal mit 6:7, 4:6 gegen den eher unbekannten Christopher O’Connell. Ein Tiefschlag. Erneut.

    Am Montag schlug Zverev die Nummer 2 der Welt, Carlos Alcaraz

    Die Beziehung zwischen München und Zverev ist kompliziert. Und nicht nur die: Viele deutsche Tennisfans tun sich mit ihm schwer – obwohl er 2021 olympisches Gold gewonnen hat. Die große Zuneigung fehlt. Zverev ist der beste deutsche Tennisspieler, und das schon seit Längerem. 2014 entwuchs er den Junioren, er verabschiedete sich mit dem Gewinn der Australian Open. 16 Jahre ist er damals, drei Jahre später ist er schon die Nummer drei der Tennis-Welt. 

    2018 gewinnt er erstmals das große Finalturnier am Ende des Jahres, in dem die besten acht Spieler den inoffiziellen Weltmeister ausspielen. 2021 wiederholt er diesen Erfolg. Jetzt ist er zurück bei diesem Höhepunkt kurz vor Saisonende. Sein erstes Spiel hat er am Montag gegen Carlos Alcaraz, die Nummer 2 der Welt, mit 6:7, 6:3, 6:3 gewonnen, es ist der perfekte Auftakt. Es kann Zverevs Woche werden. Es wäre nicht das erste Mal. Auf der anderen Seite droht ihm großer juristischer Ärger. Es sind turbulente Zeiten.

    Zverevs Weg war vorgezeichnet. Wer mit 17 Monaten bereits einen Schläger in Händen hält, weiß genau, wohin die Reise gehen soll. 1991 waren Zverevs Eltern von Russland nach Deutschland gezogen, sechs Jahre vor seiner Geburt. Vater und Mutter Zverev waren selbst erfolgreiche Tennisspieler, sein Vater trainiert ihn noch heute. Die Familie ist tennisverrückt. Bruder Mischa war selbst Spieler, mittlerweile kommentiert er fürs Fernsehen. Vornehmlich die Partien seines Bruders. 

    Es ist ein kleiner, verschworener Kreis, in dem sich Zverev bewegt. Nach draußen soll nur dringen, was gewollt ist. Was der Karriere hilft und dem Namen nicht schadet. Zverev weiß, dass er als Tennisprofi ein Vorbild ist, dass die Öffentlichkeit genau schaut, was er macht. Profisportler leben öffentlich, das ist ihnen bewusst. Dem einen mehr, dem anderen weniger. Manche müssen diese Erkenntnis schmerzhaft gewinnen. Auch Zverev, dessen Privatleben auch Schattenseiten hat.

    Zverev fliegen die Herzen nicht zu wie Boris Becker

    Knapp zwei Millionen Follower hat Zverev auf Instagram, das Interesse an seiner Person ist groß. Aber ist es auch die Zuneigung, die Unterstützung für ihn auf dem Platz? Deutschland hatte schon große Tennishelden. Boris Becker hat die Massen begeistert, als er 1985 plötzlich Wimbledon gewann. Als 17-Jähriger aus Leimen, der auf dem Platz so leidenschaftlich kämpfte, dass jeder mit ihm litt. Becker hat viele weitere Turniere gewonnen, er hat für einen Tennisboom gesorgt. Und Zverev? Der versucht Gleiches, ihm aber fliegen die Sympathien nicht zu.

    Die deutschen Fans fremdeln mit dem schlaksigen Zverev. Er gewinnt nicht die Herzen wie ein Boris Becker oder eine Steffi Graf. Dabei liegt es nicht an fehlendem Temperament. Zverev kann hitzköpfig sein. Er gilt als ehrgeizig und impulsiv. Im Februar 2022 schlug er beim Turnier in Acapulco mit seinem Schläger gegen den Stuhl des Schiedsrichters, zuvor hatte er ihn beschimpft. Zverev wurde disqualifiziert, später entschuldigte er sich für seinen Ausraster. Es tue ihm leid, ein solches Verhalten dürfe sich nicht wiederholen, war von ihm zu hören. Reue also. Das Fehlverhalten aber bleibt im Kopf vieler Beobachter. Sein erster Auftritt danach führte ihn nach München. Zu einem seiner Lieblingsturniere, wie er immer betont. Das aber meist nur Enttäuschungen für ihn übrig hat.

    Ehrgeiz hat Zverev viel, doch auf dem Tennisplatz fehlt ihm manchmal die Leichtigkeit

    Zverev ist mittlerweile ein Star, zweifelsfrei. Er hat viele Werbedeals, er wohnt in Monte-Carlo, dort hatte er auch die vergangene Woche verbracht. Noch einmal erholen, ehe der letzte Höhepunkt des Tennisjahres ansteht. Zverev hatte sich auf den letzten Drücker wieder für Turin qualifiziert, auch weil einige andere Topspieler auf den letzten Metern patzten. Zverev also ist im Kreis der besten Spieler dabei. Kurz vor der Reise nach

    Der 26-Jährige ist froh, überhaupt wieder Tennis zu spielen. 2022 verletzte er sich im Halbfinale der French Open gegen Rafal Nadal in Paris schwer am Fuß. Ein mehrfacher Bänderriss wurde diagnostiziert, der Weg zurück war lang und steinig. Es gab Rückschläge, Zverev musste sein Comeback immer wieder verschieben. Er kämpfte mit sich und der Tennis-Welt, ließ sich aber nicht unterkriegen. Er kam zurück, seinen Ehrgeiz hat er nicht verloren. Manchmal aber die Leichtigkeit, die es auf dem Tennisplatz auch braucht.

    Zverev hat noch nie ein Grand-Slam-Turnier gewonnen. Das will er möglichst bald ändern, also frühestens im Januar bei den Australian Open. Er träumt davon, Nummer eins zu werden, der beste Tennisspieler der Welt. So wie es einst Boris Becker geschafft hat, der deutsche Tennisheld. Ein solcher wird Zverev wohl nie werden.

    Zverev mag Becker, er freut sich, dass der 55-Jährige als Trainer von Holger Rune zurück im Tennisgeschäft ist. Und irgendwie teilen sie ein ähnliches Schicksal. Auf dem Platz Ausnahmekönner, daneben aber mit Problemen. Der eine wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten und steuerlicher Vergehen, die ihn sogar ins Gefängnis gebracht hatten. Becker saß in England hinter Gittern, ehe er nach Deutschland ausgeliefert wurde. Der andere wegen Anschuldigungen von ehemaligen Lebensgefährtinnen.

    Gewaltvorwürfe von Frauen: Zverev kämpft um seinen Ruf

    Zverev kämpft um seinen Ruf und gegen aus seiner Sicht unwahre Beschuldigungen. Im Herbst 2019 hatte er eine Beziehung mit Brenda Patea begonnen, einer Influencerin und ehemaligen Teilnehmerin der Castingshow "Germany’s Next Topmodel". Wie und wo genau, da gehen die Aussagen auseinander. Romantischer klingt die Variante mit einem ersten Blickkontakt in einem Café in Paris. Nüchterner die Variante mit einer ersten Kontaktaufnahme über Instagram. In diesem sozialen Netzwerk soll sich Zverev gemeldet haben. Weil ihm das Profil von Patea gefallen habe. Ein Traumpaar seien sie, titelten die Boulevardmedien sofort. Sie blieben es bis in den Herbst 2020. Zumindest ein Paar. Aus dem Traum war wohl eher ein Albtraum geworden.

    Geblieben ist ihnen ein gemeinsames Kind – und ein Streit, der mittlerweile die Justiz seit mehr als zwei Jahren beschäftigt. Zverev soll Patea gegenüber handgreiflich geworden sein, sie zeigte ihn an. Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft am 2. Oktober einen Strafbefehl erlassen, wonach Zverev 450.000 Euro Geldstrafe bezahlen soll wegen Körperverletzung. Zverev weist die Vorwürfe zurück und hat von seinen Anwälten Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen lassen. Ausgang offen, es gilt allerdings weiterhin die Unschuldsvermutung.

    Der Vorfall soll sich im Mai 2020 in einer Airbnb-Wohnung in Berlin zugetragen haben. Im Hausflur soll Zverev seine Lebensgefährtin gegen die Wand gestoßen und dabei gewürgt haben. Zverev bestreitet das. Genau wie bei Olga Scharypowa, die ebenfalls während ihrer Beziehung mit Zverev von angeblichen körperlichen Übergriffen erzählt hatte, den Tennisstar aber nicht anzeigte.

    Ein Paar: Tennisspieler Alexander Zverev und Schauspielerin Sophia Thomalla.
    Ein Paar: Tennisspieler Alexander Zverev und Schauspielerin Sophia Thomalla. Foto: Tom Weller/dpa Pool/dpa

    Zverev ist heute mit Schauspielerin Sophia Thomalla liiert

    Zverev möchte sich auf seinen Sport konzentrieren. Er hat klare Ziele. Dafür muss er aber konstanter spielen, er muss sein Wellental überwinden. Das Jahr 2023 hatte er noch mit Schmerzen im Fuß begonnen, erst langsam wurde es besser. Bei den French Open erreichte er das Halbfinale. Es folgten Turniersiege, aber auch Auftakt-Niederlagen. Dennoch sei er im Großen und Ganzen mit seinem Jahr zufrieden, bilanzierte er bereits vor der abschließenden Woche in Turin.

    Und privat? Seit Ende 2021 ist er mit Sophia Thomalla zusammen. Sie wohnen zusammen in Monte-Carlo, häufig ist die Schauspielerin bei Turnieren dabei. In Turin aber wird sie fehlen, sie hat selbst viele Termine, die sie wahrnehmen muss. Beide sind Personen der Öffentlichkeit. Sie haben sich von einem RTL-Fernsehteam begleiten lassen. Die Kameras sollten die Rückkehr nach der schweren Verletzung zeigen. Es war ein rührendes Stück über den Menschen Alexander Zverev – mit all seinen Stärken, aber auch Schwächen. 

    In Turin wird Zverev letztmals mit seinen mittlerweile langen Haaren antreten. Ein Jahr lang durfte er nicht zum Friseur, weil er gegen Thomalla eine Wette verloren hatte. Dem Vernehmen nach war die beim Spiel Monopoly entstanden. Nach Turin aber ist damit Schluss, die Haare kommen ab. Vielleicht als erneuter Weltmeister.

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