Es kracht und knirscht mal wieder zwischen CSU und Freien Wählern in der Bayern-Koalition. Anlass des heftigen politischen Sommer-Gewitters ist der Streit über den Wasser-Cent, bei dem sich CSU und Freie Wähler bislang nicht auf eine gemeinsame Lösung verständigen konnten. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger warf der CSU im Gespräch mit unserer Redaktion nun „unkollegiales Verhalten“ vor. Statt selbst einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten, würde die CSU hinter dem Rücken des Koalitionspartners „stänkern und mit falschen Behauptungen“ arbeiten.
Wassercent für Bayern: Die CSU mosert über die Ideen der Freien Wähler
Den sogenannten Wassercent gibt es bereits in 13 von 16 Bundesländern, teils seit vielen Jahren. Jeder, der Wasser abpumpt, muss eine Gebühr entrichten. Je nach Land ist die Abgabehöhe sehr unterschiedlich und reicht bis zu rund 30 Cent pro Kubikmeter. CSU und Freie Wähler hatten im Koalitionsvertrag die schon länger geplante Einführung vereinbart, doch über das „Wie“ sind sie uneins. Nun soll ein runder Tisch der Fraktionen mit Umweltminister Thorsten Glauber (FW) im Herbst eine Lösung finden.
Schon im Vorfeld aber scheppert es. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber hat die Pläne aus dem Hause Glauber für ungeeignet erklärt und sprach von „unausgegorenen Schnellschüssen“. Unter anderem kritisierte Kaniber, dass die Belastungen für die bayerische Getränkeindustrie unangemessen hoch seien, weil die Entnahme von Tiefengrundwasser zu teuer werde. In diesem Zusammenhang attackierte Kaniber Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, indem sie ihm vorwarf, seinen Job als Wirtschaftsminister nicht richtig zu machen. „Ich war überrascht, dass sich der Bayerische Wirtschaftsminister an dieser Stelle nicht für faire Wettbewerbsbedingungen in Bayern einsetzt.“
Hubert Aiwanger schimpft über Michaela Kaniber
Diese öffentliche Schelte der Kabinetts-Kollegin will Aiwanger so nicht stehen lassen und keilt zurück. Kaniber tue so, als müsse sie die Landwirte vor den Freien Wählern schützen. Aiwanger: „Eher ist es umgekehrt.“ Der Vorschlag der Freien Wähler habe zum Ziel, die Unterfinanzierung der rund 2000 kleinen Wasserversorger in Bayern zu lindern. Bislang müssten diese mit rund 130 Millionen Euro an Steuermitteln im Jahr subventioniert werden. Wenn man in Bayern nun von allen, die Wasser aus dem Leitungsnetz beziehen, zwischen zehn und 15 Cent je Kubikmeter verlangen würde, ergäbe das laut Aiwanger bis zu 100 Millionen Euro im Jahr. Wichtig: Wer selbst einen Brunnen oder eine Zisterne hat, ist von der Abgabe nicht betroffen.
Anders soll es lediglich beim so genannten Tiefengrundwasser sein. Um diese wichtigen Wasservorräte zu schonen, wollen die Freien Wähler auch bei einer Entnahme aus eigenen Brunnen den Wassercent erheben. FW-Chef Aiwanger bringt hier nun einen abgestuften Preis ins Spiel. Kleinere Abnehmer wie etwa mittelständische Brauereien könnten mit zehn bis 15 Cent zur Kasse gebeten werden, bei internationalen Konzernen, die bayerisches Wasser in ganz Europa verkaufen, müsse man dagegen mehr verlangen.
Inhaltlich, so sagt Aiwanger, könne man sich mit der CSU sicher einigen. Doch diese mache keine eigenen Vorschläge und mosere nur herum, obwohl das Vorhaben Wassercent im gemeinsamen Koalitionsvertrag steht. „Das ärgert mich.“ Kanibers Einwände und Vorgehen bezeichnet Aiwanger als „scheinheilig“. Wenn es keine Einigung gebe, würde das Projekt „Wassercent“ platzen. Die Folgen hätten dann der Steuerzahler und diejenigen Wasserkunden zu tragen, deren Versorger in Not geraten.
Tiefengrundwasser: Aiwanger ist für abgestuften Preis
Die Reaktion von CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek fiel deutlich aus: „Diese Aussage verwundert mich sehr, nachdem wir in Kloster Weltenburg vereinbart haben, die Dinge noch einmal zu besprechen. Auch Aiwanger sollte Interesse an einer guten Lösung haben.“ Beim Wassercent müsse die Qualität vor dem Termin stehen. Deswegen werde die CSU-Fraktion nochmals mit den Beteiligten wie den kommunalen Spitzenverbänden, der Landwirtschaft, dem Handwerk und dem Handel ins Gespräch gehen, um eine gerechte und unbürokratische Lösung zu finden. Holetschek: „Es nützt nichts, unausgegorene Vorschläge schnell umzusetzen.“ Er persönlich habe Sympathien für eine stufenweise Einführung, die alle fair und gleichermaßen erfasse.
Unterschiedliche Auffassungen beim Thema Organspende
Meinungsverschiedenheiten haben die Partner auch beim Thema Organspende. Nach einem entsprechenden Kabinettsbeschluss hat Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) im Bundesrat einer Gesetzesinitiative der Länder zugestimmt, welche die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung vorsieht. Danach soll jede Person als Organspender gelten, die nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Die Freien Wähler werben dagegen für eine Zustimmungslösung, bei der sich jeder mit Eintritt der Volljährigkeit entscheiden muss. Zum Krach will es Aiwanger deswegen aber nicht kommen lassen. „Da gibt es etwas unterschiedliche Auffassungen, aber das Thema ist zu sensibel für einen Koalitionsstreit.“
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