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Sperrstunde in Bayern: Wird sie bald abgeschafft?

Corona-Pandemie

Unmut bei vielen Gastronomen: Fällt nun bald die Sperrstunde?

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    Stühle hoch, Gäste raus. In Bayern gilt seit Wochen eine Sperrstunde für die Gastronomie ab 22 Uhr. Doch viele Wirtinnen und Wirte fordern nun ein baldiges Ende dieser Regelung.
    Stühle hoch, Gäste raus. In Bayern gilt seit Wochen eine Sperrstunde für die Gastronomie ab 22 Uhr. Doch viele Wirtinnen und Wirte fordern nun ein baldiges Ende dieser Regelung. Foto: Christophe Gateau, dpa (Symbolbild)

    Für Gregor Lemke steht einiges auf dem Spiel. Die Gastlichkeit. Die Willkommenskultur. Das Gefühl, dass Wirte und Wirtinnen in Bayern ihren Gästen vermitteln wollen. „Wir möchten ihnen sagen: Schön, dass du da bist. Wir wollen dir eine gute Zeit bereiten. Doch wie soll das noch möglich sein, wenn wir dich um Punkt zehn vor die Tür setzen müssen?“, fragt der Chef des Augustiner Klosterwirts in München.

    Viele Gastronomen fordern ein Ende der Sperrstunde

    Seit 24. November gibt es in Bayern im Zuge der aktuell geltenden Corona-Maßnahmen wieder eine Sperrstunde. Gastronomische Betriebe müssen zwischen 22 und fünf Uhr schließen. Eine Regelung, für die viele Wirtinnen und Wirten in Bayern nun ein Ende fordern. Denn angesichts dessen, dass die bayerische Staatsregierung keinen allzu strengen Corona-Kurs mehr fährt, wünschen sich jetzt viele Gastronomen, dass die

    Einer von ihnen ist auch Gregor Lemke, Sprecher des Vereins der Münchner Innenstadtwirte. „Einerseits geht die Kultur, die Stimmung verloren. Es entsteht wohl kaum eine gemütliche Atmosphäre, wenn man dauernd auf die Uhr schauen, wann man schon wieder gehen muss.“

    Es geht ums Geschäft, viele Gäste kommen gar nicht mehr

    Andererseits geht es für viele Wirtsleute auch ums blanke Geschäft. „Umsatzeinbußen sind ein großes Thema, wir schätzen, dass sich das Abendgeschäft vielerorts um 50 Prozent reduziert hat“, sagt er. Viele Gäste würden einfach gar nicht mehr kommen. Die Menschen zum Beispiel, die erst später ausgehen. Die, die nach der Arbeit noch in der Stadt etwas unternehmen wollen. Die, die nach dem Kino oder Theater etwas essen möchten. Und auch Touristen, die es aus ihren Heimatländern gewohnt sind, erst spät am Abend ins Restaurant zu gehen. „Sie alle kommen nicht mehr, wenn wir um Viertel nach neun den Betrieb schon langsam runterfahren müssen.“

    Eine besonders brisante Situation erleben derzeit viele Wirtinnen und Wirte in Bayern an der Grenzregion zu Baden-Württemberg. Die dortige Regierung hat die Sperrstunde vor wenigen Tagen gekippt, auch nach 22.30 Uhr darf nun in Restaurants wieder gegessen und getrunken werden. Die Sorge vieler bayerischer Gastronomen ist nun, dass ihre Gäste lieber über die Grenze fahren, um dort auszugehen.

    Erleichterungen für die Gastronomie ab Mitte Februar?

    Die vielen Sorgen seiner Branche kennt auch Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. „Die Lage ist für viele Gastronomen brisant“, sagt er. „Die Zeit ist reif, die Sperrstunde aufzuheben. Und wir spekulieren darauf, dass es Mitte Februar Erleichterungen geben könnte.“

    Eine berechtigte Hoffnung? Zumindest Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sendet erste positive Signale in Richtung der Gastronomie. Auf Anfrage unserer Redaktion sagt er: „Wir beobachten die aktuelle Entwicklung genau und ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Wochen mehr Gastlichkeit zulassen können.“ Auch er habe aus der Wirtschaft und von Gästen momentan massiv den Wunsch mitgeteilt bekommen, dass die Sperrstunde aufgehoben oder wenigstens etwas nach hinten verschoben werden sollte. „Es geht ja noch nicht um wilde Partys, sondern schlichtweg um ein gemütliches Abendessen ohne ständig auf die Uhr schauen zu müssen“, so Aiwanger. Wenn sich der Trend jetzt verdichte, dass Omikron deutlich milder verläuft als Delta, die Krankenhäuser nicht überlastet werden und sogar die Infektionszahlen wieder zurückgehen, „spätestens dann muss die Sperrstunde nach hinten verschoben oder ganz aufgehoben werden“.

    Virologen befürchten ein erhöhtes Infektionsrisiko

    Ein Vorschlag, von dem zumindest Thomas Geppert viel hält. „Eine Stunde länger am Abend würde schon viel helfen“, sagt er. Kritik kommt stattdessen aus der Wissenschaft. Die Befürchtung unter manchen Virologen ist nämlich, dass das Infektionsrisiko steigt, besonders bei der hoch ansteckenden Omikron-Variante, weil später am Abend auch mehr Alkohol fließt und viele Menschen unvorsichtiger werden könnten. Eine Einschätzung, der Geppert widersprechen will. Er verweist darauf, dass in Bayern derzeit ohnehin nur die Speisegaststätten geöffnet hätten und Bars und Clubs ja komplett geschlossen seien.

    Gastronomen wie Gregor Lemke dagegen plagen ganz andere Sorgen. „Die Zahlen zeigen, dass die Gefahr, sich im Lokal anzustecken, vergleichsweise gering ist“, sagt er. „Doch Politik und Wissenschaft vermitteln den Menschen, dass es gefährlich ist. Rausgehen bedeutet Gefahr. Wir spüren, das ist in den Köpfen der Menschen fest drin.“

    Gleiches erzählt auch Josef Stark, Wirt eines Landgasthofes in Wertingen im Kreis Dillingen. Er selbst sei von der Sperrstunde nicht so sehr wie andere Kollegen betroffen, die mehr am Verkauf von Getränken orientiert sind, wie er berichtet. „Auf dem Land ist das Ausgehverhalten anders als in der Stadt“, sagt er. Wobei die Sperrstunde gerade bei Familienfeiern und anderen Festlichkeiten schon ein großes Manko sei.

    "Viele Leute trauen sich aus Angst überhaupt nicht mehr ins Lokal"

    „Unsere Kernzeit ist zwischen 18 und 21 Uhr. Und wir haben uns ein gutes zweites Standbein aufgebaut.“ Aber er will seinem Münchner Kollegen dennoch beipflichten. Viele Leute trauen sich aus Angst überhaupt nicht mehr ins Lokal, stellt auch er fest. Und Gastronom Lemke fordert: „Wir müssen es schaffen, wieder zu unserer Normalität zurückzukehren. Im Leben und im Lokal. Dafür wäre die Abschaffung der Sperrstunde ein gutes Signal.“

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