München (dpa) - Die Staatsregierung will bis 2028 insgesamt 180.000 neue Betreuungsplätze für Kinder schaffen. Davon sind 130.000 für Grundschulkinder gedacht, um den von der Bundesregierung vorgegebenen Rechtsanspruch auf Betreuung zu erfüllen. Die übrigen 50.000 Plätze sind für Mädchen und Jungen unter sechs Jahren geplant. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag nach einem Treffen mit Vertretern der Kommunen in an. Die voraussichtlichen Kosten bezifferte der CSU-Chef auf eine Milliarde Euro.
Den zusätzlichen Personalbedarf schätzt die Staatsregierung auf 60.000. Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) und Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sehen dies angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels als die größte Herausforderung. "Man muss sich Einiges einfallen lassen", sagte Piazolo.
Um den Bedarf zu decken, will die Staatsregierung unter anderem die Zahl der sogenannten Teamkräfte etwa für Verwaltung, Küche oder andere Aufgaben von 6000 auf 12.000 verdoppeln. Gemeint sind damit insbesondere Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die keinen pädagogischen Beruf erlernt haben.
"Wir brauchen sie als helfende Hände", sagte Sozialministerin Scharf. "Wir müssen uns organisieren in engem Schulterschluss mit der Schule, weil wir so viel zusätzliches Personal mit Sicherheit nicht im Bereich der Sozialpädagogen gewinnen können, die im Kita-Bereich tätig sind."
Eine Anwerbekampagne oder ein Bauprogramm planen Söder und die Staatsregierung nicht. Schon heute leiden viele Kinderbetreuungseinrichtungen unter fehlendem Personal, außerdem geht es in manchen Grundschulen in München und anderen Städte wegen wachsender Schülerzahlen beengt zu. "Natürlich gehen Bestandsbauten vor Neubauten", sagte Söder. "Wir können nicht einfach noch einmal komplett eine zweite Kita oder eine dritte oder eine vierte Kita bauen."
Ab 1. August 2026 wird bundesweit ein Rechtsanspruch auf die Betreuung von Grundschulkindern gelten, zunächst für die erste Klasse. In den Folgejahren soll das um je einen Jahrgang ausgeweitet werden. Ab August 2029 soll dann für jedes Grundschulkind von Klasse eins bis vier der Anspruch auf ganztägige Betreuung gelten.
Nach Angaben von Sozialministerin Scharf sind derzeit etwa 55 Prozent der bayerischen Grundschülerinnen und Grundschüler "in einer Art der Betreuung", also entweder in einer offenen oder gebundenen Ganztagsschule, im Hort oder in der Mittagsbetreuung.
Die FDP-Sozialpolitikerin Julika Sandt kritisierte die Ankündigung. "Ich bin entsetzt, weil die Staatsregierung die drei größten Hebel zur Verbesserung der Kinderbetreuung nicht nutzt", sagte die Landtagsabgeordnete. Das seien die bessere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, die Vergütung der Ausbildung und eine bessere finanzielle Ausstattung.
Söder kündigte darüber hinaus auch Änderungen beim bayerischen Familiengeld an. "Wir werden es mehr an Einkommen orientieren, wer es mehr braucht, wir werden Alleinerziehende stärken." Einzelheiten nannte Söder nicht. Er betonte, dass die Staatsregierung beim Ausbau der Kinderbetreuung mehr getan habe als im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern angekündigt.
Angekündigt seien über 40.000 neue Kita- und Hortplätze gewesen, tatsächlich habe die Staatsregierung über 80.000 geschaffen. "Es ist in einer Dynamik, die extrem groß war, mehr erreicht worden, als wir es uns eigentlich vorgenommen haben", sagte Söder.
Die Grünen warfen Söder vor, nun kurz vor der Landtagswahl Versäumnisse beim Ausbau der Kitas ausbügeln zu wollen. "Es herrscht Mangel, Überlastung des Personals und gleichzeitig steigender Bedarf", sagte der Abgeordnete Johannes Becher. "Was hilft der billigste Kita-Platz, wenn kein Personal mehr da ist, das unter diesen Bedingungen arbeiten will?"
(dpa)