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Sommerferien: Von wegen endlich frei: Warum Ferienprogramme so begehrt sind

Sommerferien

Von wegen endlich frei: Warum Ferienprogramme so begehrt sind

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    Das ist doch das Schönste an den Ferien: Einfach raus, einfach spielen - immer häufiger in organisierten Ferienprogrammen.
    Das ist doch das Schönste an den Ferien: Einfach raus, einfach spielen - immer häufiger in organisierten Ferienprogrammen. Foto: Mohssen Assanimoghaddam, dpa (Symbolfoto)

    Für Antje und Andreas Schmid beginnt die Ferienplanung jedes Jahr schon im Winter. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wo es für die dreiköpfige Familie im Sommer denn hingehen soll. Das Thema, das vorher geklärt werden muss, ist: Wie teilen sich die Eltern, die beide Vollzeit berufstätig sind, auf? Wer kann wann zu Hause bleiben, wenn Amelie, 11, schulfrei hat? „Die Ferien sind eine Herausforderung“, sagt Antje Schmid. „Man muss sich immer organisieren, man muss koordinieren.“ An Ostern zum Beispiel kümmert sich Andreas Schmid tagsüber um Amelie und arbeitet dann frühmorgens oder am Abend, wenn seine Frau daheim ist. Als selbstständiger Schreiner kann er sich seine Zeit einteilen. So ähnlich läuft das auch in den Faschings- und Herbstferien. Im Sommer aber, sagt Antje Schmid, ginge ohne Ferienprogramm gar nichts.

    Am Mittwoch war Amelie mit den Augsburger „Sommerkindern“ im Planetarium, am Donnerstag ging es zum Minigolf. Am Freitag wird in der Gruppe Spielzeug gebastelt. Seit Amelie in der Schule ist, melden die Schmids ihre Tochter mehrere Wochen im Sommer in der betrieblichen Ferienbetreuung an, an der mehrere Augsburger Firmen teilnehmen.Die Voraussetzung: Der Arbeitgeber eines Elternteils muss Partner der „Sommerkinder“ sein. Antje Schmid, die bei Kuka das Facility Management leitet, ist froh darüber, dass ihr Unternehmen dabei ist. „Wir wissen das schon zu schätzen“, sagt sie. „Es ist nicht so einfach, eine ganztägige Betreuung in den Ferien zu finden.“

    Für die Kinder braucht es auch in den Ferien Beschäftigung.
    Für die Kinder braucht es auch in den Ferien Beschäftigung. Foto: Mascha Brichta, dpa

    Sechs Wochen schulfrei im Sommer – das wurde 1964 in Deutschland festgelegt. Vor 60 Jahren aber ging in deutschen Familien meist nur der Mann zur Arbeit und für die Kinderbetreuung war die Mutter da. Heute aber stellen die Ferien – insgesamt sind es schließlich 14 Wochen – viele berufstätige Eltern vor ein Betreuungsproblem.

    In manchen Familien teilen sich Mutter und Vater die Ferien auf. „Mein Mann nimmt drei Wochen Urlaub und ich drei Wochen“, erzählt Katja Polzer. Zwei Wochen davon haben die Eltern zusammen. Mehr gehe nicht. Ohnehin macht die selbstständige Friseurin aus Königsbrunn im Vorfeld viele Überstunden, um ihre Kundinnen und Kunden nicht zu lange warten zu lassen. „Die restlichen beiden Wochen müssen die Omas ran.“ Zwei Tage die Woche springt die eine Oma ein und betreut die Dreijährige und den Siebenjährigen, zwei Tage ist die andere Oma dran. 

    "Es ist absolut legitim, dass Kinder sechs Wochen Sommerferien haben", sagt der Vater

    Bei Viola, 8, und Johanna, 11, war das anfangs auch noch so. Die Oma kam wochenweise nach Augsburg und hat sich um die Enkelinnen gekümmert. Seit der Opa Pflege braucht, geht das nicht mehr, erzählt Werner Anetseder. Seither sind auch seine Töchter in den großen Ferien einige Wochen bei den „Sommerkindern“. Die Mädchen freuen sich darauf, erklärt der 49-Jährige, der bei SGL Carbon als Ingenieur arbeitet. „Es geht ja nicht nur darum, dass die Kinder betreut sind. Die Ferien sollen ja auch etwas Schönes sein und besondere Anreize liefern.“ Ausflug zum Märchenzelt, Astronautentraining, Tanzworkshop.

    Anetseder sagt, dass die Kinder auch einen Ausgleich zur Schule brauchen. Das merkt er schon bei seiner Jüngeren, die zwar in den Ferien auch einige Wochen in den Hort könnte, aber lieber in dieser Zeit etwas anderes machen möchte. „Es ist absolut legitim, dass Kinder sechs Wochen Sommerferien haben, aber im Umkehrschluss haben wir Eltern nicht diese Urlaubszeit zur Verfügung.“

    Ferienprogramme gibt es viele: Unser Bild zeigt die Kinder der "freiwilligen Mini-Feuerwehr" in einem Camp in Sachsen.
    Ferienprogramme gibt es viele: Unser Bild zeigt die Kinder der "freiwilligen Mini-Feuerwehr" in einem Camp in Sachsen. Foto: Waltraud Grubitzsch, dpa

    Kein Wunder also, dass Ferienangebote gefragt sind – egal ob es betrieblich unterstützte Programme sind, Angebote von Vereinen oder Kommunen. Das spürt man auch beim Bayerischen Jugendring (BJR), wo die Nachfrage in diesem Jahr so groß ist wie noch nie. Im Freistaat nehmen mehr als 26.000 Kinder in 2200 Gruppen an Kursen teil, die unter das „Sonderprogramm Ferienangebote“ fallen, das vom BJR koordiniert und über das Kultusministerium finanziert wird. Es ist auch ein Angebot an Familien, die wenig Geld zur Verfügung haben – pro Woche zahlen die Eltern nicht mehr als 50 Euro.

    Sonderprogramm Ferienangebote läuft 2024 aus

    Ins Leben gerufen wurde das „Sonderprogramm Ferienangebote“ 2020 als Ausgleich für die Nachteile, die viele Kinder durch die Corona-Pandemie hatten. In Schwaben gibt es etwa eine Naturwoche, ein Tenniscamp oder eine Fußballschule. Doch es könnte der letzte Sommer sein, in dem unter dem Dach des BJR so viele Ferienkurse finanziert werden können. Denn das Sonderprogramm läuft Ende des kommenden Schuljahres aus, weitere Mittel vom Bund sind bislang nicht vorgesehen, heißt es aus dem Kultusministerium. BJR-Präsident Seitz ist sich sicher, dass „es einen Riesenaufschrei geben würde, sollte das Programm nicht fortgeführt werden können“. Er sagt: „Das Sonderprogramm Ferienangebote ist eine Erfolgsgeschichte. Und die sollte es weiterhin geben.“ 

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