Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat nach dem Anschlag von Solingen eine striktere Abschiebepraxis für abgelehnte Asylbewerber in Deutschland gefordert. «Jemand, der Asylbewerber ist, aber keinen Asylanspruch hat, der muss das Land verlassen», sagte der CSU-Parteichef am Sonntag im ARD-Format «Frag selbst», bei dem Bürger online Fragen an Politiker stellen können. Die Antworten wurden über Social-Media-Kanäle der ARD ausgestrahlt.
Im Sommerinterview sagte Söder in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin»: «Wir spüren, dass uns das Thema Migration über den Kopf wächst.» Deutschland schaffe die Integration nicht mehr. Gesetze müssten so schnell wie möglich geändert werden.
Mehr Sicherheit durch mehr Kontrollen
Straftäter müssten sofort in Arrest genommen werden und das Land verlassen, insbesondere in Richtung Syrien und Afghanistan. «Die Wahrheit ist einfach: Wir müssen konsequenter sein», sagte Söder. «Wir müssen der Polizei mehr Möglichkeiten geben, Kontrollen durchzuführen.» Er sprach sich auch für anlasslose Kontrollen, etwa in Fußgängerzonen aus. «Dann gibt es mehr Sicherheit.» Eine Grenzpolizei, wie sie Bayern zusätzlich zur Bundespolizei für die Grenzsicherung vorhalte, solle es flächendeckend geben. Der Bayerischen Grenzpolizei seien Tausende Fahndungstreffer zu verdanken.
Die Migrationspolitik der Union um das Jahr 2015 bezeichnete Söder als die Schwachstelle der Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Danach sei vieles verbessert und verändert worden.
Scholz ein «trauriger Kanzler»
Der Bundesregierung traut Söder eine Veränderung in der Migrationspolitik nicht zu. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei derzeit nicht in der Lage, eine Mehrheit in seiner Regierung zu organisieren. «Im Grunde genommen ist ja der Olaf Scholz - wenn man ehrlich ist - ja schon ein trauriger Kanzler», sagte Söder.
Die Versuche der AfD, den Anschlag von Solingen vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am nächsten Sonntag wahltaktisch für sich auszuschlachten, bezeichnete Söder als «unanständig und ekelhaft». «Die AfD wird davon vielleicht profitieren, Profit daraus ziehen», sagte er. «Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt klar Schiff machen und Klartext reden.»
Söder erteilte einer Zusammenarbeit der Union mit der AfD nach den Landtagswahlen nächsten Sonntag in Thüringen und Sachsen eine klare Absage - nicht jedoch einer Kooperation mit Linken oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). «Ich würde Mario Voigt und Michael Kretschmer alle Freiheiten geben zu entscheiden, eben nur nicht mit der AfD», sagte Söder im ARD-Sommerinterview. Voigt ist Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl in Thüringen am 1. September, Kretschmer (CDU) will als Ministerpräsident am selben Tag in Sachsen wiedergewählt werden.
Merz will keine Zusammenarbeit mit der Linken
Bei der CDU gilt ein Unvereinbarkeitsbeschluss für eine Zusammenarbeit mit der Linken. Parteichef Friedrich Merz will nach eigener Darstellung an diesem auch festhalten. Der aus Westdeutschland stammende Thüringer Ministerpräsident und Linken-Politiker Bodo Ramelow hatte sein Unverständnis darüber geäußert, dass die Union eine Zusammenarbeit mit dem früheren SED-Mitglied Sahra Wagenknecht nicht ausschließe, eine Zusammenarbeit mit ihm aber schon.
Söder warf Wagenknecht vor, sich in der Ukraine-Politik «absichtlich destruktiv» zu verhalten. Es sei nicht zu erwarten, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seine Aggression beenden würde, wenn er die Ukraine erst einmal eingenommen habe. Die Union werde an ihrer Politik festhalten, die Ukraine mit Waffenlieferungen zu unterstützen, sagte Söder im Sommerinterview.
Koalition mit BSW auf Bundesebene «völlig unvorstellbar»
Eine Koalition der Union mit dem BSW auf Bundesebene hält Söder ebenso wie mit der Linken nach eigener Aussage für «völlig unvorstellbar». Auch seine Absage an die Grünen als möglichen Koalitionspartner der Union erneuerte er. «Schwarz-Grün geht mit mir nicht, da kann sich auch jeder darauf verlassen», sagte der CSU-Chef.
Auf Landesebene seien die entscheidenden Fragen: Welche Personen kommen in den Landtag? Wer sind die Verhandlungspartner? Mit Wagenknecht persönlich stelle er sich eine Zusammenarbeit auch auf Landesebene «sehr schwierig» vor. Umso wichtiger sei es, dass die Union so stark wie möglich abschneide.
Nach derzeitigen Umfragen ist die Regierungsbeteiligung des BSW sowohl in Sachsen als auch Thüringen eine der wenigen rechnerisch möglichen Alternativen für eine Mehrheit ohne die AfD. Die AfD-Landesverbände in beiden Freistaaten werden vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
Der Bundesregierung warf Söder in der Ukraine-Politik Zögerlichkeit vor. «Die Zeitenwende ist ein Schlafmärchen geworden», sagte er. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mühe sich ohne erkennbaren Erfolg. Es brauche mehr Geld für Verteidigung, die Wiedereinführung der Wehrpflicht und eine Drohnenstrategie für Deutschland, sagte Söder.
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