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Sommer in der Schule: Drei Gründe, warum Bayerns Schüler seltener Hitzefrei bekommen

Sommer in der Schule

Drei Gründe, warum Bayerns Schüler seltener Hitzefrei bekommen

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    Zwei Kinder laufen mit ihren Schultaschen im Sonnenschein. Hitzefrei gibt es für Schulkinder in Bayern immer seltener.
    Zwei Kinder laufen mit ihren Schultaschen im Sonnenschein. Hitzefrei gibt es für Schulkinder in Bayern immer seltener. Foto: Karl-Josef Hildenbrand (Symbolbild)

    Die heiße Luft drückt die Kinder und Jugendlichen in die Schulbank, der Schweiß klebt sie an den Stühlen fest und plötzlich kommt die erlösende Durchsage: Hitzefrei! Das spontane Unterrichtsende gehörte für viele in der Schulzeit zum Sommer wie ein Eis am See. Doch Hitzefrei verschwindet immer mehr aus dem sommerlichen Schulleben. Und das, obwohl die Temperaturen vielerorts – durch den Klimawandel befeuert – steigen.

    In Bayern etwa soll eine Hitzewelle in den nächsten Tagen für Temperaturen von über 40 Grad sorgen. Früher nach Hause dürfen die Schulkinder deshalb nicht zwangsläufig. Ein Recht auf Hitzefrei gebe es im Freistaat nicht, sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands BLLV. "Es ist einfach ein Element, das immer mal wieder aufgetaucht ist. Es hat Tradition und ist ein schöner Moment für die Schülerinnen und Schüler."

    Hitzefrei in Ganztagsschulen fast nicht möglich

    Vom bayerischen Kultusministerium gibt es auch keine einheitliche Vorschrift, wann die Schulen ihre Schützlinge in die Freiheit entlassen dürfen. Die Entscheidung treffen die Schulleitungen im Einzelfall. An der Maria-Theresia-Mittelschule in Günzburg etwa gibt es bereits seit Längerem kein Hitzefrei mehr. Das hängt auch mit dem Betreuungsangebot dort zusammen. "Von 15 Klassen sind bei uns zehn gebundene Ganztagsklassen", sagt Schulleiter Ralf Klügl. Diese müssten bis mindestens 15.30 Uhr betreut werden, darauf verließen sich die Eltern.

    Ganztags- und Halbtagesangebote erfreuen sich an vielen Schulen großer Beliebtheit. Die Verlässlichkeit ist dann besonders wichtig für die Eltern, erklärt BLLV-Präsidentin Fleischmann, selbst Schulleiterin über 15 Jahre hinweg. "Die Kinder einfach früher heimschicken – das ist ein No-Go." Wenn beide Elternteile berufstätig sind, könne das zu einem Betreuungsproblem führen, ergänzt Grundschuldirektor Klügl.

    Lehrende müssen den Unterricht dann kreativer gestalten

    An besonders heißen Tagen seien die Lehrer "angehalten, den Unterricht in kühlere Räume zu verlegen", sagt Klügl. Außerdem gebe es ein Klassenzimmer im Freien. Falls das nicht reiche, könnten die Lehrkräfte ihre Klassen auch auf Exkursion führen. "Erst vergangene Woche gab es einen Projekttag zur Sicherheit im Wasser im Waldbad", erzählt Klügl. Unterrichtsalternativen gebe es viele. "Da haben die Schulen gewissermaßen den Auftrag, bei der Gestaltung kreativ zu sein. Ich sehe das eher als Ansporn."

    Auch der technische Fortschritt trägt dazu bei, dass das Phänomen Hitzefrei langsam aus den Schulen verschwindet. "Es gibt Schulen, die sind extrem gut klimatisiert und es gibt Schulen, da ist es um 10 Uhr morgens so heiß, dass niemand mehr einen klaren Gedanken fassen kann", erklärt BLLV-Präsidentin Fleischmann. Eine einheitliche Regelung für Hitzefrei lehnt Fleischmann auch deshalb ab.

    Schulen in Bayern ganz unterschiedlich klimatisiert

    Eine gut ausgestattete Schule ist beispielsweise das Gymnasium in Marktoberdorf im Allgäu. "Wir habe eine sehr gute Lüftungsanlage, die fünf Mal pro Stunde die Luft in den Räumen sozusagen durchspült", erklärt Thorsten Krebs, der stellvertretende Leiter des Gymnasiums. Ab fünf Uhr morgens ziehe die Anlage Luft von außen ein, wenn sie also noch kühl ist. "Wir haben außerdem überall im Schulgebäude Beschattung", sagt Krebs unserer Redaktion. Dadurch werde es in den Räumen gar nicht so heiß.

    Nichtsdestotrotz dürfen sich Schülerinnen und Schüler in Marktoberdorf immer wieder über Hitzefrei freuen. Doch unter einer Bedingung: "Erst nach Notenschluss, wenn alle Leistungsnachweise erbracht sind", erklärt der Marktoberdorfer Konrektor. Doch auch das ist in Marktoberdorf nicht einfach schnell entschieden, denn das Gymnasium liegt inmitten eines Schulzentrums, neben einer Real-, einer Mittel-, einer Förder- und einer Berufsschule. Für die letztere Schulart gibt es ohnehin kein Hitzefrei und die restlichen vier Schulen verkünden die frohe Botschaft wenn dann nur gemeinsam.

    Weniger Hitzefrei in Bayern: Auch Corona spielt eine Rolle

    Sollte es Hitzefrei geben, entfällt in Marktoberdorf für gewöhnlich der Nachmittagsunterricht und manchmal auch die sechste Stunde. Doch Krebs erwähnt nochmals: "Nur nachdem die Notenerhebung abgeschlossen ist." Auch eine Folge der Pandemie. Denn bei den vielen Krankheitsausfällen unter Lehrenden und Schülerschaft mussten Schulaufgaben, Proben und Abfragen oft verschoben werden.

    In der letzten Schulwoche vor den Ferien entfällt am Marktoberdorfer Gymnasium der Nachmittagsunterricht komplett, unabhängig von den Temperaturen. Stattdessen gibt es Fußballturniere, Spiele- und Wandertage oder andere Aktionen in der Schulgemeinschaft. "Im Zuge von Corona merken wir auch, wie wichtig solche Aktivitäten für die Schülerinnen und Schüler sind, auch für das soziale Lernen. Da ist ein großer Hunger nach Gemeinschaft", sagt Konrektor Krebs. Vielleicht ja ein kleines Trostpflaster für das Schwinden von Hitzefrei.

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