In Bayern steht eine Reform des Lehramtsstudiums bevor. Eine unabhängige Expertenkommission erarbeitet derzeit Vorschläge, wie die Ausbildung weiterentwickelt werden kann. Jetzt nennen CSU und Freie Wähler die Aspekte, die aus ihrer Sicht beim „neuen“ Lehramtsstudium nicht fehlen dürfen.
„Das Studium braucht mehr Praxisbezug“, sagt der schwäbische CSU-Abgeordnete und Bildungsexperte Peter Tomaschko. „Schule und Universität müssen sich mehr verbünden.“ In einem Antrag, der im Bildungsausschuss des Landtags eine breite Mehrheit fand, machen CSU und Freie Wähler ihren Standpunkt klar. „In der ersten Phase der Lehrerbildung sind berufspraktische Aspekte stärker in die Ausbildung zu integrieren“, heißt es darin. Beispielsweise sollen die Studierenden lernen, wie man Elterngespräche führt und mit Mobbing umgeht, dazu Wissen zum eigenen Arbeitsmanagement vermittelt bekommen und zur Entwicklung ihrer „Lehrerpersönlichkeit“. Das bayerische Lehramtsstudium zeichne sich durch seine hohe fachliche Qualität aus, sagt Tomaschko. „Aber aus meiner Sicht genauso wichtig ist der Praxisbezug, die pädagogische Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern.“
Reform der Lehrerausbildung: Kommission will Ergebnisse im Herbst vorstellen
Auch bei den Praktika im Verlauf des Studiums wollen CSU und Freie Wähler nachbessern. „Studierende brauchen bei ihren Praxisphasen an der Schule einen festen Ansprechpartner und ein fixes Programm“, sagt der Bildungspolitiker. „Was nicht mehr passieren darf, ist, dass angehende Lehrkräfte ihr universitäres Studium abgeschlossen haben, fachlich top sind und dann im Referendariat die Ausbildung abbrechen, weil sie in der Arbeit mit Schülern nicht klarkommen.“ Bei der CSU sei man auch offen dafür, die Praxisphasen im Studium zu verlängern. Tomaschko geht davon aus, dass die von der Staatsregierung eingesetzte Expertenkommission zu ähnlichen Erkenntnissen kommen wird wie die Bildungspolitikerinnen und -politiker in der Regierungsfraktion.
Das Fachleute-Gremium berät seit Sommer 2023 über das Lehramtsstudium in Bayern. Es besteht aus etwa einem Dutzend Expertinnen und Experten der Lehrerverbände, der Bildungsforschung, der Lehramts-Studiengänge an Hochschulen und einem Vertreter der bayerischen Studierenden. Die Kommission tagt im Geheimen, nach aktuellem Stand will sie ihre Ergebnisse im Herbst der Öffentlichkeit vorstellen. Die Staatsregierung hatte die Fachleute einberufen, um die Ausbildung zur Lehrkraft wieder attraktiver zu machen. Denn Bayern braucht dringend neue Lehrerinnen und Lehrer. In mehreren Schularten fehlen Fachkräfte im großen Stil, gleichzeitig kommt aus den Hochschulen zu wenig Lehrer-Nachwuchs. Die Zahl der Abschlüsse in den Lehramtsstudiengängen sank dem Statistischen Landesamt zufolge von ziemlich genau 6000 im Jahr 2018 in den vergangenen Jahren fast kontinuierlich auf 4579 im Jahr 2023. Immerhin: Die Zahl der Studienanfänger ist im vergangenen Jahr wieder gestiegen.
Auch Studierende fordern seit Jahren mehr Praxisbezug bei der Ausbildung von Lehrern
Forderungen nach mehr Praxisbezug im Studium gibt es seit Jahren – allem voran von den Studierenden selbst. „Das aktuelle Lehramtsstudium bereitet nur in sehr geringem Maß auf die Zukunft als Lehrkraft und eine heterogene Klassengemeinschaft vor“, sagt zum Beispiel Simon Kratzer, zweiter Vorsitzender der Studierenden im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband BLLV. Themen wie Inklusion, digitale Medien oder Künstliche Intelligenz würden „so gut wie gar nicht behandelt“. Auch werde „kaum darauf eingegangen, wie man Arbeitsblätter und Schulaufgaben erstellt und korrigiert“. Er begrüßt, dass mittlerweile politisch deutlich geworden sei, dass das Studium reformiert werden müsse. Die Forderungen der Studierenden im BLLV gehen deutlich weiter als die Pläne der Regierung: Sie möchten ein ganzes Praxissemester – und ein deutlich flexibleres Lehrerbildungsmodell, bei dem sich Studierende nicht schon am Anfang, sondern erst im Verlauf ihres Studiums auf eine Schulart festlegen. Ein weiterer Wunsch wäre wohl deutlich schneller umzusetzen: dass praxiserprobte Lehrkräfte mit Erfahrungen im Schulalltag als Berater und Dozentinnen an den Universitäten ihre Kenntnisse weitergeben.
Dringend müsste man auf jeden Fall das Referendariat überdenken. Meines Wissens ist das immer noch so schikanös wie zu meiner Zeit. Da ging es nicht ums Lehren lernen, sondern nur darum, ob man überlebte oder nicht. Man bekam von allen Seiten Druck, die Schüler_innen, okay, das gehört dazu, aber der ganze Rest. Man musste noch einmal theoretische Prüfungen ablegen und eine Hausarbeit schreiben, als ob man das an der Uni nicht schon zur Genüge getan hätte. Außerdem wird man so behandelt, als würde man keine Ahnung haben und alles falsch machen. Als wäre die Uni-Zeit völlig obsolet. Von den Lehrproben will ich gar nicht reden. Völlig überflüssig waren die Theoriestunden und das Verfassen von Protokollen über diese Theoriestunden. Das braucht kein Mensch. Besser wäre eine unabhängige Supervision, bei der man sich ausheulen kann. So musste sich jeder selbst einen Therapieplatz oder eine psychiatrische Behandlung suchen.
Bin nicht vom Fach, aber wenn ich hier gerade von schikanösen Referendariaten lese....zufälligerweise wird genau das fast wörtlich von erfahrenen und jungen "vom Fach" genauso beschrieben von denen ich hörte. Wenn Simon Kratzer, zweiter Vorsitzender der Studierenden im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband BLLV beklagt, dass nicht auf eine "heterogene Klassengemeinschaft" vorbereitet wird, klingt das zu vornehm. Heterogen heißt aus Ungleichartigen zusammengesetzt, z.B. unterschiedlichste, auch ausländische Elternhäuser. Man könnte vermuten, dass die Vorgesetzten insbesondere in den Ministerien die Veränderung der Schülerschaft in den letzten Jahrzehnten theoretisch zur Kenntnis genommen hat, aber zu wenig praktische Schlüsse daraus gezogen haben, wenn es um die Behandlung von Referendaren geht. Wenn die CSU erstaunt ist, dass Top Leute das Referendariat abbrechen, weil sie mit den Schülern nicht klar kommen, dann hat man den Schuss nicht gehört, zB schikanöses Referendariat.
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