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So explodieren die Kita-Kosten: Eine Familie berichtet

Kita-Krise

1000 Euro für die Kita – warum Kinderbetreuung immer teurer wird

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    Kinderbetreuung wird an vielen Orten teurer - für Eltern und Kommunen.
    Kinderbetreuung wird an vielen Orten teurer - für Eltern und Kommunen. Foto: Christoph Soeder, dpa (Symbolbild)

    1000 Euro im Monat – so viel bezahlen Anastasiya Danilava und ihr Mann für die Kitaplätze ihrer beiden Töchter. Die Jüngere ist zwei und geht in eine Krippe, die Ältere ist fünf Jahre alt und besucht einen Kindergarten. Vor einem halben Jahr haben die Gebühren für beide Kinder nur ein Drittel des Geldes verschlungen. Jetzt ist Danilava froh, dass sie Plätze für nur 1000 Euro bekommen hat und nicht noch mehr ausgeben muss. Aber davor hat die Preiserhöhung sie in eine Krise gestürzt. Das wirft die Frage auf: Wie viel darf Kinderbetreuung kosten?

    Vor allem Eltern aus München fragen sich das momentan. Denn in der bayerischen Landeshauptstadt galt jahrelang ein städtisches Fördermodell, das Kinderbetreuung im teuren München erschwinglich gemacht hat – sogar viel günstiger als in anderen bayerischen Städten. Doch durch einen Gerichtsbeschluss wurde dieses Modell gekippt und die Stadt musste sich etwas Neues ausdenken. Die Folge: Vor allem private Kitas, die sich dem neuen Fördermodell nicht anschließen, sind für Eltern teuer geworden. Danilava erzählt: „Wir sind Anfang des Jahres umgezogen und hatten unsere Kinder in einer neuen Kita angemeldet.“ In ihrer Umgebung gebe es fast nur private Kitas. „Die Preise waren moderat, lagen für beide Kinder bei etwa 400 Euro. Dann kam ein Schreiben, das alte Fördermodell der Stadt sei gekippt worden, die Kita müsse zum September die Preise erhöhen“, sagt Danilava. Wie teuer die Plätze werden würden, konnte der Träger zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Ein paar Wochen später der Schock: Um ihre beiden Kinder betreuen zu lassen, hätte Danilava 1500 Euro im Monat zahlen müssen. „Und es ist nicht so, dass die Kita Yogakurse, Sprach- oder Musikunterricht anbietet. Es ist eine ganz normale Kita“, sagt Danilava.

    Initaitive Kita.Fair will gerechte Preise für Münchner Kitas erreichen

    Die Münchnerin stürzte das in eine Krise. „Irgendwann bin ich zur Leiterin der alten Kita gegangen, stand heulend vor ihr und habe sie gefragt, ob meine Kinder wieder zurückkommen könnten.“ Die Familie hatte Glück. Es gab zwei Plätze, doch auch die sind teurer geworden. Sie kosten 1000 Euro im Monat. Außerdem muss die Mutter ihre beiden Töchter jeden Morgen 15 Kilometer durch die Stadt fahren und nachmittags zurück. Im Monat bezahle sie alleine dafür 150 Euro Sprit. „Ich kann keinen Tag im Homeoffice arbeiten oder krank sein, denn ich bin die einzige mit Führerschein. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln würde der Weg eineinhalb Stunden dauern“, sagt sie. Um sich die neuen, teuren Gebühren leisten zu können, hat Danilava ihre Arbeitsstunden aufgestockt. Statt 30 Stunden in der Woche arbeitet sie jetzt 35 Stunden. Damit das aber geht, braucht sie eine verlässliche Kinderbetreuung.

    Die Situation in München bringt nicht nur Danilava an ihre Grenzen, vielen Eltern geht es ähnlich – unter anderem Tobias Cloppenburg-Baumann. Der Vater einer Zweijährigen hat deshalb die Initiative Kita.Fair ins Leben gerufen und schon Demos organisiert. Er setzt sich dafür ein, dass die Betreuungskosten, aber auch die Platzvergabe in München fairer werden. Denn die gleiche einem Losverfahren, sagt er. „Es gibt nach wie vor Plätze, die die Stadt fördert“, sagt er. „Aber wer die bekommt, ist Glückssache.“ Durch sein Engagement hat sich Cloppenburg-Baumann auch mit dem Thema Finanzierung von Kitas beschäftigt und ist zu dem Schluss gekommen, dass sich das Land Bayern mehr darum kümmern müsste. „Kitas sind ja nicht nur Betreuungseinrichtungen, sie haben auch einen Bildungsauftrag. Und Bildung ist Ländersache. Also ist der Freistaat auch für die Finanzierung zuständig“, sagt Cloppenburg-Baumman.

    Tatsächlich diskutiert die bayerische Politik gerade über dieses Thema und voraussichtlich im Herbst soll sich etwas ändern. Denn nicht nur in München steigen die Gebühren, die Eltern bezahlen müssen. Viele bayerische Kommunen haben sie zum September erhöht. Die Kosten steigen aber nicht nur für Eltern, Krippen und Kindergärten werden auch für Kommunen zu einer immer größeren, finanziellen Belastung. Denn sie tragen in Bayern einen Großteil der Betreuungskosten.

    Kitas werden für Kommunen zur finanziellen Belastung

    Grundsätzlich finanzieren die Kommunen und der Freistaat zusammen im Schnitt etwa 60 Prozent der Kita-Kosten – relativ gleich aufgeteilt. Die restlichen 40 Prozent sollen die Träger etwa über Elterngebühren oder sonstige Einnahmen finanzieren, erklärt Hans-Peter Mayer, Geschäftsführer des bayerischen Gemeindetags. „Aber die Elternbeiträge reichen bei weitem nicht aus, um die Finanzlücke der Kitas zu schließen“, sagt er. Und für das Defizit kommen in 70 Prozent der bayerischen Kommunen wieder die Kommunen auf. Zusätzlich zu den 30 Prozent Kitakosten, die Gemeinde schon bezahlen, sind das pro Kind noch einmal 3500 bis 6000 Euro, sagt Mayer. „Das belastet die kommunalen Haushalte.“

    Zur Debatte steht nun, ob Kommunen und Freistaat die Kitakosten nicht mehr nur zu 60 Prozent, sondern zu 90 Prozent finanzieren. Das würde das Defizit am Ende des Jahres und auch die Kosten für die Eltern senken. Mayer glaubt aber nicht daran, dass die Kinderbetreuung für Eltern bald wieder günstig wird – selbst wenn der Freistaat die Finanzierung ändert. „Ich glaube, wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass für alles Geld da ist. Die Töpfe der Gemeinden sind leer und die des Landes und des Bundes nicht voller“, sagt Mayer. „Jedem, der in Kommunen etwas entscheidet, liegt das Wohl der Kinder am Herzen. Aber wir müssen den Eltern klarmachen, dass sie ihren Beitrag leisten müssen.“ Er könne sich etwa eine Staffelung der Gebühren nach Haushaltseinkommen vorstellen, sagt er.

    Anastasyja Danilava hat für sich entschieden, dass sie die Fahrerei und die hohen Kitakosten jetzt für ein Jahr aushalten muss. Dann kommt ihre große Tochter in die Schule. „Aber ich fühle mich schon sehr allein gelassen“, sagt sie.

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