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Silberdistel: Mathilde Hucker: Ihr Einsatz für Flüchtlinge erregte bundesweit Aufmerksamkeit

Silberdistel

Mathilde Hucker: Ihr Einsatz für Flüchtlinge erregte bundesweit Aufmerksamkeit

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    Mathilde Hucker in der Unterelchinger Kleiderkammer: Eines von vielen Projekten, das sie angestoßen hat.
    Mathilde Hucker in der Unterelchinger Kleiderkammer: Eines von vielen Projekten, das sie angestoßen hat. Foto: Alexander Kaya

    Mit 73 Jahren, findet Mathilde Hucker, wäre es an der Zeit, kürzerzutreten. Sie ziehe sich nun langsam zurück, kündigt sie an. Allein: Das wird wohl nicht recht klappen – oder zumindest nicht so schnell. Denn ständig rufen Leute an, auch von weiter her, die sie um Hilfe bitten, um Rat oder irgendetwas, das sie gerade dringend benötigen.

    In mehr als 50 Jahren hat sie sich intensiv für ihre Mitmenschen engagiert: zupackend, selbstlos, hemdsärmelig und mit Gespür für das Notwendige und Machbare. Auf ihr Engagement geht nicht nur die Elchinger Bürgerhilfe „Füreinander“ zurück, sondern auch der an diesen Verein angegliederte Flüchtlingshelferkreis, dessen Arbeit zeitweilig sogar bundesweit für Aufsehen sorgte. Für ihr vielfältiges Engagement im Dienst der Mitmenschen wird sie mit der Silberdistel unserer Zeitung ausgezeichnet.

    Der Umgang mit Menschen ist Mathilde Hucker wichtig

    Andere Menschen interessierten Mathilde Hucker schon als Kind. „Ich war immer neugierig“, sagt sie, und weil ihr Vater Gemeinderat in Oberelchingen war, bekam sie viel mit von dem, was im Ort lief. „Und ich bin damals schon mit vielen Menschen zusammengekommen.“ Das Interesse an der Gemeinschaft wuchs, als sie mit 19 Jahren heiratete und ins Nachbardorf zog. Ihr Mann Hans Hucker war Vorsitzender des Kraftsportvereins Unterelchingen, der eine Macht im Ringen war, und seine junge Frau durfte gleich mit anpacken – nicht sportlich auf der Matte, sondern in der Verwaltung des Vereins.

    Sie hatte mit vielen Menschen zu tun, und das war genau ihr Ding: „Da habe ich gelernt, was man alles machen muss, damit die Gemeinschaft läuft. Dabei tut man ja automatisch was für andere.“ Sie organisierte Feste, Turniere, Meisterschaften, kümmerte sich um Papierkram, knüpfte Kontakte, zog die Fäden und wuchs in das Gemeindeleben hinein.

    Mit ihrem Mann betrieb sie eine Küferei und Mosterei mit Wein- und Getränkehandlung und gehörte zu den Gründungsmitgliedern des örtlichen Gewerbeverbands. Dieser Zusammenschluss der Gewerbetreibenden in der Gemeinde Elchingen sollte nicht nur eine Interessensvertretung sein, sondern auch das „Wirgefühl“ in den drei sehr unterschiedlichen Ortsteilen stärken.

    Elchinger Flüchtlingshilfe erregt bundesweite Aufmerksamkeit

    All diese Erfahrungen kamen Mathilde Hucker zugute, als sie einen entscheidenden Schritt für den sozialen Zusammenhalt der Gemeinde tat: Sie gab den Anstoß zur Gründung eines Bürgerhilfe-Vereins. Im Außendienst für den Familienbetrieb hatte sie „viel Elend gesehen“, wie sie sagt. Ganz besonders bewegte sie das Schicksal einer Familie, die bei einem Brand ihr Hab und Gut sowie sämtliche Unterlagen verloren hatte und verzweifelt mit den Versicherungen kämpfte. So etwas sollte es in ihrem Heimatort nicht geben.

    Um schnelle Nothilfe leisten zu können, brauche Elchingen eine Bürgerhilfe. Sie schob die Sache an, ließ ihre Kontakte spielen und fand einen Vorsitzenden, denn sie selber wollte nie in der ersten, sondern lieber in der zweiten Reihe stehen und die Fäden ziehen. Mittlerweile ist aus dieser Keimzelle ein stattlicher Verein geworden mit Unterabteilungen wie der Nachbarschaftshilfe, dem Generationentreff und nicht zuletzt dem Freundeskreis Asyl. Mathilde Hucker organisierte Spendengalas, ging auf „Betteltour“ und kümmerte sich um den Zusammenhalt in der Gemeinde.

    Der war massiv bedroht, als dem Ort 2014 die ersten Flüchtlinge zugeteilt wurden und auf einer Informationsveranstaltung der Unmut hochkochte. 80 Asylbewerber wurden in eine heruntergekommene Gastwirtschaft gepfercht: „Ein Wahnsinn, das war furchtbar.“ Das Landratsamt habe sie angerufen und gebeten, die Menschen zu begrüßen: „Da habe ich halt eine Obstschale genommen und bin hingegangen.“ Es blieb nicht bei der Obstschale.

    Eine bayerische Staatsmedaille hat Hucker schon

    Mathilde Hucker bemühte sich um ein gutes Miteinander von Einheimischen und Geflüchteten, organisierte eine heute noch florierende Kleiderkammer, half zusammen mit einem wachsenden Unterstützerkreis den Menschen bei ihren ersten Schritten in ein neues Leben. Was sich Mathilde Hucker und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer vorgenommen hatten, funktionierte: Der Helferkreis erarbeitete sich überregional einen hervorragenden Ruf. Rückblickend auf all die Jahre sagt sie: „Es hat sich wirklich gelohnt.“ Für die Geflüchteten, aber nicht zuletzt für die Dorfgemeinschaft. Für ihre Verdienste erhielt Mathilde Hucker unlängst eine bayerische Staatsmedaille.

    Obwohl sie angesichts ihres Alters einen Gang zurückschalten wollte, ist ihr doch wieder eine Aufgabe angetragen worden: Vor 300 Jahren wurde der Grundstein für das Längsschiff der Unterelchinger Kirche gelegt. Das muss im März gefeiert und gründlich organisiert werden. Mathilde Hucker hörte sich wieder mal nicht „Nein“ sagen: „Irgendwas läuft immer auf mich zu.“

    Über die Silberdistel: Mit der Silberdistel ehrt unsere Zeitung seit vielen Jahren Menschen aus der Region für ihr besonderes bürgerschaftliches Engagement. Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer kunstvoll in Silber gearbeiteten Distelblüte, die eigens in der „Alten Silberschmiede“ in Augsburg angefertigt wurde. Vorschläge Jede Leserin und jeder Leser kann Vorschläge für weitere Träger unserer Auszeichnung machen. Ansprechpartner finden sich in den Lokalredaktionen unserer Zeitung.

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