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Sicherheit: Wird der Freistaat zum Überwachungsstaat?

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Wird der Freistaat zum Überwachungsstaat?

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    Bayern will die Videoüberwachung ausweiten. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellte dazu gestern ein Fünf-Punkte-Programm vor.
    Bayern will die Videoüberwachung ausweiten. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellte dazu gestern ein Fünf-Punkte-Programm vor. Foto: Arno Burgi, dpa

    Wer am Hauptbahnhof in München aussteigt und dann mit U- oder S-Bahn weiterfährt oder zu Fuß in die Innenstadt geht, der wird immer wieder von Kameras erfasst: im Bahnhof, vor dem Bahnhof, beim Warten auf die S- oder U-Bahn, in den Zügen, vor Geschäften, in Geschäften, vor öffentlichen Gebäuden – Überwachungskameras hängen an jeder Ecke. Nur zehn davon gehören der Polizei. Der Rest gehört der Bahn, den Münchner Verkehrsbetrieben, der Stadt oder den Inhabern der Geschäfte. Sie dienen unterschiedlichen Zwecken wie der Gefahrenabwehr, der Abschreckung von Straftätern, der Lenkung des Personennahverkehrs oder der Überführung von Ladendieben. Und die Qualität der Bilder, die sie liefern, ist unterschiedlich. Einige Aufnahmen sind so scharf, dass sie zur biometrischen Gesichtserkennung genutzt werden können, andere liefern nur ein Gesamtbild.

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will zur Verbesserung der inneren Sicherheit künftig alle Möglichkeiten nutzen, um die polizeiliche Videoüberwachung auszubauen. Am Dienstag stellte er dazu ein Fünf-Punkte-Programm vor.

    Zusätzliche stationäre Kameras der Polizei

    Ganz oben auf seiner Liste stehen zusätzliche stationäre Kameras der Polizei. Bisher gibt es davon bayernweit 48, nun werden 90 weitere Standorte geprüft. Weiter ist geplant, eine vierte mobile Videoüberwachungsanlage für die Polizei anzuschaffen. Diese Anlagen kommen vor allem bei Volksfesten oder Großereignissen zum Einsatz.

    Doch auch auf das Bildmaterial fremder Überwachungskameras will der Minister einen besseren Zugriff durch die Polizei. Bei vielen kommunalen Verkehrsbetrieben etwa kann sich die Polizei im Ernstfall schon direkt und live zuschalten – zum Beispiel auf die 1611 Kameras, welche die Stadtwerke München in 100 U-Bahnhöfen installiert haben. Dies soll in Zukunft ausgeweitet und verbessert werden.

    Eine Gesetzesreform im Bund gestattet es zudem, den Zugriff der Polizei auch auf die Videoüberwachung privater Betreiber zum Beispiel vor Einkaufszentren oder Konzerthallen auszudehnen. Auch hier will das Ministerium tätig werden.

    Und schließlich sei geplant, verstärkt hochmoderne Videoüberwachungssysteme zu nutzen. Hermann sagte: „Mit neuesten Technologien werden wir die Qualität von Videoaufzeichnungen weiter optimieren, um Täter noch schneller identifizieren und Straftaten noch effizienter aufklären zu können.“ Die Systeme könnten etwa gesuchte Straftäter erkennen oder vor auffälligen Verhaltensweisen, wie etwa dem Abstellen eines Koffers, warnen.

    Bei der Opposition in Bayern stieß Herrmann auf ein geteiltes Echo. Der Chef der SPD im Landtag, Markus Rinderspacher, warf ihm eine „folgenlose Ankündigungspolitik“ vor. Er sagte, es sei schön, dass der Innenminister jetzt ein Maßnahmenpaket zusammenstelle. Im Bereich der S-Bahn aber, den Herrmann zu verantworten habe, seien seit der letzten Ankündigung „acht Jahre des Stillstands und der Tatenlosigkeit vergangen“.

    Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze forderte mehr Transparenz bei der Videoüberwachung. Die Bürger müssten wissen, wo sie erfasst werden. Sie verwies zudem auf große Bedenken von Datenschützern bei der biometrischen Gesichtserkennung. Die Grünen, so Schulze, werden „mit Argusaugen darüber wachen, dass die Grundrechte der Bayerinnen und Bayern gewahrt werden“.

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