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Schulreformen 2023: Wie G8-Ende und KI das Lernen verändern

Bildung

G8, KI und Lehrermangel: Ein bewegtes Jahr für Bayerns Schulen

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    Grundschüler übten zuletzt besonders intensiv das Lesen. Bald bekommen sie sogar mehr Mathe- und Deutschstunden.
    Grundschüler übten zuletzt besonders intensiv das Lesen. Bald bekommen sie sogar mehr Mathe- und Deutschstunden. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Das Schuljahr ist zu Ende, 1,7 Millionen bayerische Schülerinnen und Schüler starten in die Sommerferien. Einige Veränderungen aus diesem Schuljahr aber werden bleiben.

    Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall

    Es war auch dieses Schuljahr wieder das „Megathema“ an den Schulen: Lehrkräftemangel. Die Personaldecke ist – je nach Schulart – knapp oder zu knapp, die mobile Reserve, die eigentlich flexibel an Schulen einsetzbar sein sollte, war häufig schon zu Schuljahresbeginn langfristig verplant. Die Folge: Unterricht konnte nicht so angeboten werden, wie es der Stundenplan vorsieht. Das Kultusministerium sprach zum Halbjahr davon, dass lediglich knapp ein Prozent des Unterrichts entfällt. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband legte eine andere Statistik vor: Reale Vertretungspläne aus Grundschulen etwa zeigten laut BLLV, dass die Anzahl der Unterrichtsstunden, in denen Ersatzlehrkräfte zum Einsatz kamen, Klassen zusammengefasst werden mussten oder ganz entfielen, bei sieben bis zehn Prozent lag. Zwar hat Bayern nach eigenen Angaben im Schuljahr 2023/2024 insgesamt 3.700 neue Lehrkräfte eingestellt, dazu Pädagogen mit Zeitverträgen und Quereinsteiger, die sich zur Lehrkraft ausbilden lassen. Dennoch reicht es nicht. Was sich schon abzeichnet: Zumindest an Grund- und Förderschulen wird sich die Lage ab Herbst entspannen.

    G8-Ende

    13 Jahre lang hatten Bayerns Abiturientinnen und Abiturienten im G8 ihre Abschlussprüfung gemacht, jetzt ist das achtstufige Gymnasium wieder Geschichte. Der letzte offizielle Jahrgang hat sein Abitur hinter sich. Nur rund drei Prozent der 34.000 Abiturientinnen und Abiturienten in Bayern müssen noch mal ran. Sie haben den Abschluss nicht geschafft. Diese etwa 1000 Prüflinge müssen unter Umständen weite Wege in Kauf nehmen, um nächstes Jahr ihr Abi nach G8-Struktur zu absolvieren. Rund 100 Gymnasien bieten über Bayern verteilt ein letztes Mal die G8-Prüfung an. Und was bleibt von dem System, das einst an den Start gegangen war, um Abiturienten schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen und international anschlussfähig zu machen? Viele beklagten die fehlende Zeit für Vertiefungen, fühlten sich gar als Versuchskaninchen, andere nutzen das „gesparte Jahr“, um zu reisen statt zu studieren oder eine Ausbildung zu beginnen.

    Bayern kehrt vom acht- zum neunjährigen Gymnasium zurück.
    Bayern kehrt vom acht- zum neunjährigen Gymnasium zurück. Foto: Armin Weigel, dpa (Archivbild)

    Durch die Reform der Reform mussten reihenweise Gymnasien für Millionen Euro erweitert werden, neue Lehrkräfte in vierstelliger Zahl werden gebraucht. Die Folge: Das Gymnasium läuft in einen Lehrkräftemangel hinein. Aber dennoch: Die meisten sind froh über das G9 – mehr Tiefe beim Stoff, mehr Zeit für die Frage, was man mit seinem Leben anfangen will und weniger Nachmittagsunterricht.

    Grundschulreform

    Nach der desolaten Pisa-Studie, vorgestellt im vergangenen Dezember, kündigte Bayerns damals neue Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) an, an der Grundschule die Kernkompetenzen zu fördern: Lesen, Schreiben, Rechnen. Begonnen hat die „Pisa-Offensive Bayern“ dieses Schuljahr mit dem Lesen. Nach Angaben des Kultusministeriums bieten rund 90 Prozent der Grundschulen eine Leseförderung mit einem speziell für Bayern entwickelten Programm an. Die große Grundschulreform wartet im kommenden Schuljahr, wenn bei den Jüngsten sogar zusätzliche Stunden in Mathematik und Deutsch im Plan stehen – und dafür bei kreativen Fächern wie Kunst oder Musik gekürzt werden darf. Mehr als 40.000 Eltern unterschrieben eine Petition gegen den Verlust kreativer Inhalte – vergeblich. Stolz verwies darauf, dass die Entscheidungsfreiheit über mögliche Kürzungen bei den Schulen liege und konnte die Wut nicht nachvollziehen.

    Neue Schulart in Bayern

    Diese Ankündigung hat unter Familien in Bayern riesiges Interesse hervorgerufen: Die Wirtschaftsschule soll künftig schon ab der fünften Klasse starten, nicht wie bisher in der sechsten – und damit eine echte Alternative zu Mittelschule, Realschule und Gymnasium werden. Ab Herbst ist es so weit, zunächst nur an Schulen, die sich selbst für einen Frühstart in der fünften Klasse bewerben. Mittlerweile ist klar: Die zusätzliche Jahrgangsstufe wird in 23 Einrichtungen angeboten, die Anmeldung läuft noch. Der Schulversuch gründet auf dem Versprechen der Koalition aus CSU und Freien Wählern, die berufliche Bildung zu fördern. Die Wirtschaftsschule bereitet gezielt auf eine Ausbildung vor. Um die Wirtschaftsschule besuchen zu können, brauchen die Kinder einen Notenschnitt von 2,66. Bei der Konkurrenz, vor allem Mittel- und Realschulen, kommt der Versuch nicht gut an. Beide fürchten, dass ihre Schularten dadurch geschwächt werden und Schüler verlieren könnten.

    Schülerinnen und Schüler aus der

    Es war seit Kriegsbeginn in Osteuropa eine der größten Aufgaben für Bayerns Schulen: mehrere zehntausend Kinder und Jugendliche aus der Ukraine ins Bildungssystem zu integrieren. Aktuell lernen dem Kultusministerium zufolge weiter rund 33.000 ukrainische Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Bayern. Etwa 25.000 sind mittlerweile in Regelklassen oder reguläre Klassen mit Sprachförderangeboten aufgenommen. 8300 lernen noch in sogenannten Brückenklassen speziell für Geflüchtete aus der Ukraine – mancherorts zusammen mit Kindern anderer Nationalitäten ohne Deutschkenntnisse, wie aus den Schulämtern zu hören ist. Viele nehmen nach wie vor auch virtuell am Unterricht in ihrem kriegsgeschädigten Heimatland teil. Die Ukraine war vor dem Krieg eines der Pionierländer beim digitalen Unterricht.

    Ab dem nächsten Schuljahr gibt es keine eigenen Klassen mehr für ukrainische Jugendliche.
    Ab dem nächsten Schuljahr gibt es keine eigenen Klassen mehr für ukrainische Jugendliche. Foto: Robert Michael, dpa

    Im kommenden Schuljahr werden die Brückenklassen aufgelöst. Wie es für die Kinder dort weitergeht, haben Lehrkräfte zusammen mit Eltern entschieden. Das Kultusministerium nennt die schulische Integration der jungen Ukrainerinnen und Ukrainer „erfolgreich“.

    KI in der

    Selbstlernende Informationstechnik breitet sich auch an den Schulen aus. Ein Pionierprojekt ist der Schulversuch KI@School. Etwa 20 Schulen in Bayern versuchen sich dabei – so heißt es auf der Homepage des Programms – an nichts Geringerem als an der „(R-)Evolution“ der Pädagogik. Eine davon ist die Grundschule im schwäbischen Jettingen-Scheppach. Rektor Andreas Spatz gibt einen Einblick ins Programm: „Wir haben gelernt, wie eigene GPTs (Textgeneratoren, Anm. d. Red.) erstellt werden, die zur Schulform, zur Jahrgangsstufe und zum Lehrplan passen. Dadurch können sich Kinder individuelle Arbeitsblätter zum selbstständigen Üben generieren lassen. Sie können im geschützten Raum mit KI-Assistenzen arbeiten und dadurch einen kritischen und überlegten Umgang mit diesem Werkzeug erwerben.“ Lehrkräfte könnten mit durch Künstliche Intelligenz unterstützten Anwendungen Präsentationstechniken optimieren oder damit den Unterricht vorbereiten – etwa zur Erstellung von differenzierten Arbeitsmaterialien. Auch an den übrigen der etwa 6200 Schulen in Bayern ist KI ein großes Thema. Mehr als 40 verschiedene Fortbildungen werden dafür mittlerweile an der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen angeboten. Ab Herbst steht laut Ministerium erstmals allen Schulen ein KI- und Medien-Budget zur Verfügung – unter anderem, um pädagogisch wertvolle KI-Werkzeuge zu finanzieren.

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