Seit Wochen sorgt der Wunsch des Otfried-Preußler-Gymnasiums in Pullach im Isartal für heftige Debatten, den Namen des berühmten Autors wieder abzulegen. Nun ist das Kultusministerium am Zug. Der Antrag auf Umbenennung werde zurzeit geprüft, teilte eine Sprecherin mit. "Dabei wird im pflichtgemäßen Ermessen sowie mit der gebotenen Sensibilität mit Bezug auf den konkreten Einzelfall entschieden. Mit einer Entscheidung ist in den nächsten Wochen zu rechnen." Geht der Antrag durch, dürfte die Schule also als Staatliches Gymnasium Pullach i. lsartal ins nächste Schuljahr starten - den Namen trug die Schule bis vor gut zehn Jahren.
Die Pläne zur Umbenennung hatten nicht zuletzt in den Medien hohe Wellen geschlagen. Als einen Grund nannte die Schulleitung Preußlers frühe Zeit als Soldat sowie sein Frühwerk "Erntelager Geyer", das um 1940 und 1942 entstand und in dem er das Leben in der Hitlerjugend beschönigt. Zudem gebe es keinen Bezug Preußlers zu Pullach, hieß es weiter. Ministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hatte Ende Februar angekündigt, wenn der Antrag eingehe, "werde ich das prüfen mit der nötigen Sensibilität".
Der zuständige Zweckverband hatte vor zwei Wochen den Umbenennungs-Wunsch der Schule unterstützt und damit den Weg für den Antrag beim Ministerium frei gemacht. Gegenstand der Prüfung seien hier einerseits formale Kriterien, erläuterte die Ministeriumssprecherin. Zudem würden inhaltlich unter anderem das Votum der Schulgemeinschaft und die Gründe für diese Entscheidung berücksichtigt.
Die Lehrerkonferenz, Elternbeirat und Schülermitverantwortung hatten sich für die Umbenennung ausgesprochen. "Wir als Schulgemeinschaft möchten Otfried Preußlers Namen ablegen, das haben wir nach langem Überlegen und intensiven Diskussionen demokratisch entschieden", hatte Schulleiter Benno Fischbach erläutert.
Auch sei die Schule das einzige Gymnasium unter mehr als 20 Schulen, die den Namen Preußlers tragen. Die Schülerinnen und Schüler seien aber mit dem Eintritt in das Gymnasium der Welt einer kleinen Hexe oder eines Räubers Hotzenplotz eher entwachsen. "Entsprechend entwurzelt standen wir als Lehrkräfte häufig vor der Aufgabe, diese Figuren und ihre Geschichten mit Leben zu füllen", erklärte Fischbach weiter. Es gehe nicht darum, "die Person Otfried Preußler anzugreifen, den Wert seines Werks zu schmälern oder - um einen Begriff aufzugreifen, der uns besonders häufig entgegengehalten wurde - "Cancel Culture" zu betreiben".
Die Sudetendeutsche Volksgruppe hatte eine "richtiggehende Hexenjagd gegen den Vater der "Kleinen Hexe" und zahlreicher anderer Kinderbücher" kritisiert. Der 1923 in Nordböhmen geborene Schriftstellers habe nie geleugnet, als Teenager 1940 das Buch "Erntelager Geyer" verfasst zu haben. Er habe aber früh mit dem braunen Gedankengut restlos gebrochen und ein auf Toleranz und Völkerverständigung hin orientiertes Lebenswerk aufgebaut.
Mit 17 war Preußler zur Wehrmacht gekommen, mit 20 in Gefangenschaft geraten. 1945 wurde die Familie aus dem Sudetenland vertrieben und kam nach Rosenheim.
(dpa)