Für aufmüpfige Kinder und Jugendliche an Italiens Schulen wird es ungemütlich. Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will für Recht und Ordnung auch an den Bildungsanstalten sorgen und hat deshalb Betragens-Noten wieder eingeführt. Schüler und Schülerinnen in Mittel- und Oberschulen müssen künftig die Klasse wiederholen, wenn sie nicht einen Mindeststandard in ihrem Verhalten einhalten. Diese Regelung ist Teil einer Bildungsreform, die das italienische Abgeordnetenhaus am Mittwoch verabschiedete. Der Senat hat bereits zugestimmt.
Jahrelang war das „voto di condotta“, die Betragensnote, bei Schülerinnen und Schülern gefürchtet. Eine vergleichbare Regelung war erstmals im Jahr 1924 vom faschistischen Regime unter Diktator Benito Mussolini eingeführt worden. Erst 2017 schaffte die sozialdemokratisch geführte Regierung in Rom die als nicht mehr zeitgemäß empfundene Betragens-Note ab. Die Regierung Meloni führt sie nun nicht nur wieder ein, sondern verknüpft sie auch mit drastischen Maßnahmen.
Auf einer Skala von ein bis zehn reicht eine Fünf nicht als Betragensnote
Der für Bildung zuständige Minister Giuseppe Valditara (Lega) erklärte, die Wiedereinführung der Betragensnote trage dazu bei „die Grundsätze der individuellen Verantwortung und des Respekts vor den Menschen und den öffentlichen Gütern zu stärken“ sowie „die Autorität der Lehrer wiederherzustellen“. Aggressionen von Eltern gegen die Schulen hätten im letzten Schuljahr um 110 Prozent zugenommen.
Nach der neuen Regelung können Schüler der Mittelschule nicht in die nächste Jahrgangsstufe vorrücken, wenn sie auf einer Skala von zehn die Betragensnote Fünf oder weniger aufweisen. Auch in der Oberschule genügt eine Fünf in Betragen nicht zum Vorrücken. Schülerinnen und Schüler mit einer Sechs müssen nach den Sommerferien eine schriftliche Arbeit über „aktive Bürgerschaft und Solidarität“ verfassen, um die nächste Jahrgangsstufe zu erreichen.
Auch Disziplinarmaßnahmen an Schulen wurden verschärft
Auch Disziplinarmaßnahmen an Schulen wurden durch das neue Gesetz verschärft. Kinder und Jugendliche, die aus disziplinarischen Gründen bis zu zwei Tage beurlaubt werden, müssen ebenfalls einen Bericht über die „Folgen ihres Verhaltens“ vorweisen. Wer aus disziplinarischen Gründen länger als zwei Tage beurlaubt wird, ist verpflichtet, eine „Aktivität solidarischer Bürgerschaft“, also eine Art Sozialarbeit zu leisten. Schüler, die Lehrer und Lehrerinnen tätlich angreifen, müssen nicht nur mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, sondern auch mit Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro.
Pädagogen kritisierten die Reform und ihre „autokratische und hierarchische Auffassung der Schule“. Die Opposition schloss sich der Kritik an. Elisabetta Piccolotti der Allianz Grüne und Linke sagte: „Diese Reform ist ein Versuch, den Dissens der Jugend zu unterdrücken, während die Schule der Ort der Konfrontation und des Wachstums für die neuen Generationen sein sollte.“ Eigentliche Priorität im italienischen Bildungssystem sei nicht die Verhaltensnote, sondern die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Lehrerinnen und Lehrern, angefangen bei einer besseren Bezahlung.
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