Es war der Moment kurz vor dem Urteil gegen Alfons Schuhbeck. Die Vorsitzende Richterin am Landgericht München I zückte einen Brief. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des einstigen Gastrokönigs hatten ihn verfasst. Sie wollten nichts auf ihren Chef kommen lassen: Sie hätten Schuhbeck als „harten Hund“ kennengelernt, aber auch als Menschen, der immer „mit Engelsgeduld“ erklärt habe, wie es in den Arbeitsabläufen besser geht, schrieben sie damals. „Nur ungern würden wir unseren Chef, unseren Alfons, verlieren.“ Verurteilt wurde er trotzdem. Weil er Einnahmen in Millionenhöhe verschwinden ließ.
Zwei Jahre später stehen neue Anschuldigungen gegen den heute 75-Jährigen im Raum. Vorwürfe, wonach er auch seine Angestellten hintergangen und geschädigt hat. Jene Menschen, die sich für ihn eingesetzt hatten. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft München I hat Schuhbeck deren Krankenkassenbeiträge in 212 Fällen gar nicht und in 267 Fällen nicht fristgerecht abgeführt. Dadurch habe er die Kassen ebenso wie die Arbeitnehmer erheblich geschädigt, heißt es von den Anklägern.
Alfons Schuhbeck: Neue Anklage zeichnet neues Bild
Mehr und mehr bröckelt das Bild, das Alfons Schuhbeck so lange von sich zeichnete. Er stellte sich als unternehmerisches Opfer der staatlichen Corona-Maßnahmen dar, gab der Politik gar die Schuld an seiner Insolvenz. Vor Gericht inszenierte er sich als schlechten Kaufmann, der die finanzielle Lage seiner Unternehmen nicht überblickt habe. Doch die neue Anklageschrift stellt Schuhbeck anders dar. Darin kommt er vor als Krimineller, der wissentlich täuschte und betrog.
Solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, gilt für Schuhbeck die Unschuldsvermutung. Doch „die Vorwürfe sind schwerwiegend“, sagt der Augsburger Anwalt Florian Engert. Er kann das beurteilen, seine Spezialgebiete sind Straf-, Steuer- und Wirtschaftsrecht. Im Fall Schuhbeck kommt das alles zusammen. Da ist zum Beispiel die Anklage wegen des Verdachts auf vielfachen Subventionsbetrug in 19 Fällen, unter anderem bei Coronahilfen. „Solche Hilfen müssen zweckgebunden verwendet werden“, erklärt Engert. Schuhbeck soll sie zweckentfremdet haben. Treffen die Anschuldigungen in dieser Anzahl zu, dann könnte dem TV-Koch sogar der Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit gemacht werden. Juristen verstehen darunter, dass sich ein Angeklagter mit der Begehung von Straftaten fortlaufende Einnahmen verschafft. Die Geschichte vom Corona-Opfer, sie wäre ins Gegenteil verkehrt.
Derzeit verbüßt der frühere Gastrokönig seine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten in einer Außenstelle der Justizvollzugsanstalt (JVA) Landsberg. Kommt es zu einer zweiten Verurteilung, muss Schuhbeck mit einem deutlich längeren Gefängnisaufenthalt rechnen. Die neue Anklageschrift umfasst 124 Seiten.
Darin wird Schuhbeck außerdem Insolvenzverschleppung bei neun seiner Firmen vorgeworfen. „Sehr empfindlich reagiert die Justiz darauf, wenn eine Insolvenz besonders lange verschleppt wurde“, sagt Experte Engert. Der Ex-Koch hatte im Jahr 2021 Insolvenz beantragt. Pleite waren seine Unternehmen zum Teil schon seit 2017. „Irgendwann drängt sich jedem noch so schlechten Unternehmer, jedem vernünftig denkenden Menschen die Erkenntnis auf, dass es mit seiner GmbH nicht weitergehen kann“, sagt Engert. „Dann zum Beispiel, wenn ständig Kunden oder Dienstleister sich beklagen, dass ihre Rechnungen nicht bezahlt werden.“
Anderer Unternehmer musste wegen Schuhbeck Insolvenz anmelden
Dass er Geschäftspartner und Gläubiger massiv geschädigt haben soll, auch das lasten die Strafverfolger dem heute 75-Jährigen an. Parkettleger, Kammerjäger, Obsthändler, mehrere haben inzwischen ihre schlechten Erfahrungen mit dem Mann öffentlich gemacht, der nach außen hin als bayerischer Sympathieträger galt. Als einer, den man mag und bewundert, selbst wenn die Bezahlung mal auf sich warten lässt. Mindestens ein Unternehmen habe wegen Schuhbecks Versäumnissen am Ende selbst Insolvenzantrag stellen müssen, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Oder, wie der Augsburger Anwalt Florian Engert sagt: „Als die vielen Steine seines Firmengeflechts umstürzten, hat Schuhbeck noch einen anderen Dominostein mitgerissen.“
Die Ermittlungsakten im Fall Alfons S. umfassen 45 Bände. Als Nächstes muss das Gericht entscheiden, ob es die Anklage zulässt und es zu einem neuen Prozess kommt. Wenn ja, hängt Engert zufolge vieles davon ab, ob der frühere Meisterkoch und Entertainer sich einsichtig zeigt und inwieweit er Schadenswiedergutmachung leisten kann. „Aber wenn man seine bisherige Strafe von drei Jahren und zwei Monaten wegen Steuerhinterziehung einberechnet, dann gehe ich davon aus, dass am Ende eine Haftstrafe deutlich jenseits der fünf Jahre stehen wird.“
Alfons Schuhbeck glaubte denn Staat bescheißen zu können, so wie er es mit anderen Firmen auch gemacht, die dann Insolvenz anmelden mussten. Kein Promikoch sollte weniger Strafe bekommen, als wie jeder andere Steuerhinterzieher. Es war die Geldgier von Alfons Schuhbeck sich kriminell zu verhalten. Vor einem Strafgericht sollte jeder gleich bestraft werden, auch wenn er Alfons Schuhbeck heißt. Der Staat und da meine ich unsere Strafgerichte sollen sich nicht blenden lassen, nur weil er einmal ein Promikoch war, und im Bayerischen Fernsehen, eine Kochsendung machen durfte. Viele Promiköche, die heute im Fernsehen auftreten, haben schon Insolvenz anmelden müssen. Wie sagt ein Spruch. Schuster bleib bei deinen Leisten. Hätte das Alfons Schuhbeck beherzigt, dann were er nicht kriminell geworden, und hätte sich den Knastaufenthalt sparen können. Wenn wir alle den Staat bescheißen möchten, was die Steuern anbelangt, dann können wir unseren Sozialstaat vergessen.
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