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Schicksal: Wenn das Geld im Alter nicht mehr reicht

Schicksal

Wenn das Geld im Alter nicht mehr reicht

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    Wenn das Gehalt eines Partner wegbricht, haben viele Senioren mit finanziellen Problemen zu kämpfen. So auch Sabine H. aus Fürstenfeldbruck, die dann vom VdK unterstützt wurde.
    Wenn das Gehalt eines Partner wegbricht, haben viele Senioren mit finanziellen Problemen zu kämpfen. So auch Sabine H. aus Fürstenfeldbruck, die dann vom VdK unterstützt wurde. Foto: Jens Kalaene, dpa (Symbolbild)

    Das Foto, das auf dem schmalen weißen Regal steht und auf das ein kleines rotes Herzchen geklebt ist, ist eine Erinnerung an glückliche Zeiten. An Zeiten ohne Geldsorgen und ohne Gesundheitsprobleme. Heute ist alles anders. Der Mann auf dem Foto, der glücklich in die Kamera lächelt, ist seit sieben Jahren tot. 30 Jahre lang lebte Sabine H.* mit ihm zusammen. Die 68-Jährige sitzt auf ihrem Sofa in ihrer Ein-Zimmer-Wohnung in Fürstenfeldbruck, blickt aus dem Fenster in den grauen Februarhimmel, streicht sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann fängt sie an zu erzählen.

    Das Geld reicht hinten und vorne nicht

    Der Tag, an dem ihr Leben eine andere Wendung nimmt, ist der Tag, an dem sich ihr Lebensgefährte mit Krankenhauskeimen ansteckt. Er fällt ins Wachkoma, nach kurzer Zeit stirbt er. Sabine H. muss seither alles alleine bezahlen, doch das Geld reicht hinten und vorne nicht. 969 Euro stehen ihr im Monat zur Verfügung. Darin ist auch eine Altersrente für Schwerbehinderte inbegriffen. Denn wegen einer Brustkrebserkrankung hörte sie mit Anfang 40 auf zu arbeiten. Allein für die Miete ihrer kleinen Wohnung muss sie monatlich 475 Euro bezahlen. Hinzu kommen die Kosten für Strom und Versicherungen. Das Geld für die dringend benötigten Tabletten gegen ihre Rückenprobleme fehlt ihr. Und die Krankenkasse, erzählt Sabine H., übernimmt die Kosten nicht.

    Irgendwann schafft sie es nicht mehr ohne Hilfe. Haushaltsgeräte gehen kaputt, immer mehr staut sich an. In ihrer Not wendet sich die Rentnerin an den VdK, bei dem sie bereits seit 1991 Mitglied ist. Der Verband übernimmt daraufhin eine Nebenkostenzahlung für sie. „Wir geben diese Hilfen in Einzelfällen, wo es keine Möglichkeit gibt, die Sache auf dem Rechtsweg zu klären“, sagt Ulrike Mascher, Landesvorsitzende des

    Seit 70 Jahren hilft der VdK Menschen mit Behinderung und Senioren

    Seit 70 Jahren gibt es den VdK, den Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands. Ursprünglich wurde er gegründet, um sich um Soldaten, die von der Front zurückkehren, und Frauen, deren Männer im Krieg gefallen oder in Gefangenschaft geraten waren, zu kümmern. Nach und nach öffnete sich der Verband, wurde Ansprechpartner für Menschen mit Behinderung und Senioren, die Hilfe brauchen. „Die Rechtsberatung ist heute der Hauptgrund, warum Menschen zum VdK kommen“, sagt Mascher. Es geht um die Anerkennung als Schwerbehinderter, um Fragen zur Rente und zur Krankenversicherung. Allein in Bayern hat der Sozialverband 660.000 Mitglieder. Deutschlandweit sind es rund 1,7 Millionen. Und es werden immer mehr. „Wir freuen uns, dass unsere Mitgliederzahlen zunehmen. Aber es ist auch ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass viele Menschen in unserer Gesellschaft Hilfe brauchen“, sagt die Landesvorsitzende.

    Umsonst ist die Hilfe des Sozialverbandes allerdings nicht: Pro Jahr bezahlt jedes VdK-Mitglied in Bayern einen Beitrag von 72 Euro. Mit einem privaten Rechtsschutz könne man den VdK aber nicht vergleichen, meint Landesvorsitzende Mascher. „Der Vorteil vom VdK ist, dass wir auf dem Gebiet des Sozialrechts einfach Experten sind“, sagt sie. „Es gibt sonst wenige Fachanwälte für Sozialrecht. Ein privater Rechtsschutz ist außerdem teurer.“

    Auch Sabine H. will auf den Rechtsbeistand des VdK zurückgreifen. Denn sie möchte dafür kämpfen, doch noch Witwenrente zu bekommen – auch wenn sie nicht verheiratet war. Ein Antrag wurde bereits abgelehnt. Sabine H. will sich damit aber nicht abfinden. „Das Aufgebot war eigentlich schon bestellt. Wir wollten dann sogar noch im Krankenhaus heiraten, aber weil mein Partner im Wachkoma lag, ging das nicht“, sagt sie.

    Vor kurzem ist Sabine H. auf zwei Zeitungsartikel gestoßen. Darin werde von Frauen erzählt, die schon nach fünf Monaten Ehe eine Witwenrente zugesprochen bekamen – und das, obwohl man eigentlich mindestens ein Jahr verheiratet gewesen sein muss. Außerdem, sagt Sabine H., gebe es in anderen Bundesländern Ausnahmen bei Partnerschaften über mehrere Jahrzehnte. „Das werden wir natürlich nachrecherchieren“, sagt VdK-Landesvorsitzende Mascher.

    "Ich weiß noch nicht, wie es jetzt weitergeht", sagt Sabine H.

    Doch die Rechtsberater haben Sabine H. bislang keine großen Hoffnungen gemacht. Der gesamte Rechtsstreit, den sie schon einmal ausgefochten und verloren hat, müsste wieder aufgerollt werden. Trotz des großen Aufwands wären ihre Chancen schlecht. „Ich weiß noch nicht, wie es jetzt weitergeht“, sagt sie. Doch Sabine H. will kämpfen. Sie hält kurz inne, blickt auf ihre Hände, dreht an ihrem Ring. Dann sagt sie: „Jeder Mensch hat doch ein Recht auf ein gutes Leben. Oder?“

    * Name von der Redaktion geändert.

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