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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

Ratten vermehren sich in vielen bayerischen Großstädten. Auf jeden Bürger kommen etwa 2,5 Ratten.

Schädlinge
16.02.2023

Hat Bayern ein Rattenproblem?

Von Stephanie Sartor

In Flüssen, Mülltonnen oder sogar im Badezimmer: Ratten haben sich im Freistaat Bayern breitgemacht. Wie viele es gibt und wie versucht wird, gegen die Ratten anzukommen.

Der Bahnhof Laim ist eigentlich ein recht unspektakulärer Ort. Über die Gleise rauschen die S-Bahnen, daneben brettern Autos an gesichtslosen Bürobauten vorbei. Seit einigen Tagen aber ist der Bahnhof im Westen Münchens Gesprächsthema. Denn Laim hat ein Rattenproblem. Anscheinend ein ziemlich großes. Ein Mann, der ganz in der Nähe wohnt, erzählte dem Münchner Merkur, dass er den Tunnel zum Bahnhof mittlerweile meide, weil es dort vor Ratten nur so wimmle. Die Nager, berichtete der Anwohner weiter, seien so groß wie Katzen. Der Fall ist zwar besonders drastisch, aber auch exemplarisch – denn Probleme mit Ratten gibt es immer wieder. In ganz Bayern. 

Bei der Stadt München weiß man um die Rattenplage. Dem Gesundheitsreferat (GSR) seien seit Mitte Oktober des vergangenen Jahres „erhebliche Einnistungen von Wanderratten im Bereich des Laimer Bahnhofs“ bekannt geworden, teilt ein Sprecher mit. Seither würden im Auftrag der Stadt und seitens der Deutschen Bahn auf den jeweils betroffenen Liegenschaften umfangreiche Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt. „Leider stellt sich der Bekämpfungserfolg nur stark verzögert ein“, ergänzt der GSR-Sprecher. Denn durch das große vorhandene Nahrungsangebot – zusätzlich begünstigt durch illegale Fütterungen – würden die ausgelegten Ködermittel nur unzureichend angenommen.

Auch am Münchner Hauptbahnhof wimmelt es vor Ratten

Nicht nur in Laim, sondern auch am Münchner Hauptbahnhof haben sich Ratten breitgemacht. Die Stadt spricht von einem „erheblichen Rattenbefall“ im Randbereich einer Großbaustelle. „Unbestreitbar begünstigen die Gegebenheiten vor Ort die Einnistung von Wanderratten, da hier ebenfalls ein reiches Nahrungsangebot besteht, zudem eine unübersichtliche und unzugängliche Untergrund- und Baustellensituation“, erklärt der GSR-Sprecher. 

Auch in Augsburg beobachtet man die Ratten-Lage aufmerksam – mittlerweile haben sich die Nager überall verbreitet. Bei den Grünanlagen seien Flächen im gesamten Stadtgebiet betroffen, teilt Anette Vedder mit, die Leiterin des Amtes für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen. Bei den Ratten besonders beliebt seien Fütterungsstellen für Wildtiere, Bereiche, in denen weggeworfene Lebensmittel liegen und Gebiete in der Nähe von Gewässern. 

Ratte randaliert im Badezimmer einer Erdgeschosswohnung

In der Stadt gab es übrigens im Frühling 2021 einen Vorfall, der, ähnlich wie die Plage am Bahnhof Laim, Schlagzeilen machte: Eine Ratte hatte sich in das Badezimmer einer Erdgeschosswohnung verirrt und, so erzählten es damals die Bewohner, randalierte dort. Das Tier, das nach der Beschreibung der Feuerwehr ziemlich groß gewesen sein soll, war offenbar durch die Kanalisation und über die Toilette ins Bad gelangt. Die Ratte wurde von der Feuerwehr eingefangen und später ausgesetzt. Nicht immer endet der Kontakt mit dem Menschen für die Tiere so glimpflich. Vor allem dann nicht, wenn Schädlingsbekämpfer ins Spiel kommen.

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Einer dieser Schädlingsbekämpfer ist Karlheinz Prestel, Geschäftsführer des Unternehmens Brandl und Prestel in Neusäß. Er hat seit 30 Jahren mit Ratten zu tun. Im Großraum Augsburg habe sich deren Anzahl nicht groß verändert, sagt er – was allerdings nicht bedeutet, dass es wenige sind: Auf jeden Einwohner und jede Einwohnerin kommen Prestel zufolge im Schnitt 2,5 Ratten. Für die Stadt Augsburg würde das bedeuten, dass es rund 750.000 gibt. 

„Ein großes Problem ist das Füttern von Tauben und Enten“, sagt Prestel. Denn das Futter locke die Ratten an. Er habe schon versucht, mit den Menschen, die Brot zu den Enten ins Wasser werfen, ins Gespräch zu kommen. „Das war aber meist vergebens“, sagt Prestel. Der Experte kennt noch weitere Problemfelder: Etwa Mülltonnen, denen unten der Abflussstopfen fehlt. Dann würden die Ratten in die Tonnen kriechen – und auch nicht mehr so schnell verschwinden, schließlich sei es warm, und Nahrung gebe es genug. Die meisten Ratten bekäme man aber gar nicht zu Gesicht, sagt Prestel. „Sie leben im Untergrund und kommen nur manchmal nach oben. Zum Beispiel bei Straßenbauarbeiten.“

Ratten können Krankheiten übertragen

Längst sind übrigens nicht nur Großstädte betroffen. Anfang 2021 gab es etwa eine wahre Rattenplage im noblen Starnberger Achheimviertel. Damals schlugen Anwohner Alarm, weil sich die Tiere in Gärten und Hinterhöfen breitgemacht hatten. 

Die Krux bei derlei Vorfällen: Ratten können allerlei Probleme bereiten. Unter anderem gesundheitliche, wie die Stadt Nürnberg, die es auch immer wieder mit zu vielen Ratten zu tun hat, in ihrem „Ratten-Flyer“ erklärt. Durch Verunreinigung von Lebens- und Futtermitteln durch Rattenkot könnten Darmerkrankungen, etwa Salmonellosen, auf Mensch und Tier übertragen werden, heißt es darin. Zudem würden die Erreger der Weil'schen Krankheit, die mit hohem Fieber sowie heftigen Kopf- und Gliederschmerzen einhergeht, von den Nagern mit dem Urin ausgeschieden. Jenseits der gesundheitlichen Risiken gibt es noch weitere Probleme: So könnten etwa an Rohrleitungen oder elektrischen Kabeln durch die Nager massive Schäden entstehen.

Wie die Tiere bekämpft werden, sei unterschiedlich, erklärt Schädlingsexperte Prestel. In manchen Bereichen, etwa überall dort, wo mit Lebensmitteln gearbeitet werde, könne man keine Giftköder auslegen, stattdessen würden Fallen verwenden. Wo Giftköder möglich sind, müssten Hinweisschilder aufgestellt werden. „Wenn die Ratten das Gift dann fressen, sterben sie nach fünf Tagen“, sagt Prestel. 

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