Wenn es um das geht, was im öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Argen liegt oder zu liegen scheint, dann fällt inzwischen häufiger auch der Name Birgit Spanner-Ulmer. So ging es einmal darum, dass die Produktions- und Technikdirektorin des Bayerischen Rundfunks gleich zwei Fahrer hat, die, so der BR, auch für private Fahrten von ihr eingesetzt werden könnten. Ein andermal ging es um Verträge für externe Berater.
Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) hatte die beauftragten Beratungen der Jahre 2015 bis 2020 in einer Gesamthöhe von 3,4 Millionen Euro für die Programmdirektion Information, die Programmdirektion Kultur sowie die Produktions- und Technikdirektion geprüft. Sein Ergebnis: In über der Hälfte der 74 geprüften Fälle seien die Aufträge „freihändig“ vergeben worden, ohne Vergleichsangebote einzuholen. Dies habe gegen die eigene Beschaffungsordnung verstoßen. Zudem sei entgegen der Empfehlung der Internen Revision gehandelt worden. Der ORH kritisierte weiterhin eine mangelnde Erfolgskontrolle.
Nun steht nach interner Kritik und erneuten Medienberichten Spanner-Ulmers Mandat als Aufsichtsrätin der Salzgitter AG ab 2016 zur Debatte. Bis 2023 ist sie noch „bestellt“, wie es auf der Internetseite des Stahlkonzerns heißt. Für diese Tätigkeit, die nicht im Zusammenhang mit dem BR steht, erhielt sie laut einem Bericht des Senders aus dem August im vergangenen Jahr eine Vergütung von rund 68.000 Euro.
Demnach hatte Ulrich Wilhelm, der Vorgänger der seit Februar 2021 amtierenden Intendantin Katja Wildermuth, der Nebentätigkeit zugestimmt. Spanner-Ulmer habe zugesichert, dass sie das Aufsichtsratsmandat im Urlaub ausführe und keine Ressourcen des BR in Anspruch nehme, sagte Wildermuth damals. Und: Spanner-Ulmer werde die Nebentätigkeit im Frühjahr 2023 beenden.
Spanner-Ulmer erhielt 68.000 Euro für ihre Aufsichtsrats-Tätigkeit
Seit 2012 ist die 60-Jährige die Produktions- und Technikdirektorin des beitragsfinanzierten ARD-Senders. Vor etwas mehr als einem Jahr bestätigte sie der BR-Rundfunkrat für weitere fünf Jahre in ihrem Amt, bis 31. Januar 2027. Die gebürtige Eichstätterin, die Managerin der Audi AG war und an der TU Chemnitz die Professur Arbeitswissenschaft an der Fakultät für Maschinenbau leitete, zählt zu den seit Juli 2020 fünf Direktoren des Bayerischen Rundfunks.
Deren gemeinsame Jahresgrundvergütung betrug im Jahr 2020 1.334.316 Euro. Das wären jeweils im Schnitt 266.000 Euro gewesen. Daneben erhielten Mitglieder der Geschäftsleitung – der damalige Intendant und die Direktoren – dem kürzlich veröffentlichten ORH-Bericht zufolge weitere pauschale Aufwandsentschädigungen, Zuschläge, Vergütungen oder Urlaubsgeld.
Nach diversen echten oder vermeintlichen Skandalen, allen voran dem des Rundfunk Berlin-Brandenburg um Geldverschwendungs- und Vetternwirtschaftsvorwürfe, hat unter anderem der Hessische Rundfunk eine Überprüfung seiner internen Regelungen und Kontrollmechanismen angekündigt. Auch der BR reagierte in den vergangenen Monaten jeweils schnell auf Vorwürfe.
In einer Stellungnahme gegenüber den obersten bayerischen Rechnungsprüfern erklärte er zum Thema Beraterverträge: „Der BR stimmt hinsichtlich zahlreicher Feststellungen mit dem ORH überein.“ Er werde die hierfür vorgesehenen Prüf- und Kontrollverfahren überarbeiten. Aktueller Stand, so ein BR-Sprecher am Dienstag, sei: "Der BR hat die Anregungen des ORH aufgenommen und – nach Befassung des Verwaltungsrats Anfang des Jahres – die bereits bestehenden internen Verfahren in einigen Details nachgeschärft, zum Beispiel in den Bereichen Begründung für externe Beratungsleistungen, Dokumentation und Evaluation."
Es hatte bereits Kritik an der Dienstwagen-Regelung des BR gegeben
Schon im August hatte sich der Bayerische Rundfunk mit der Kritik an der Dienstwagen-Regelung seiner Direktorin Birgit Spanner-Ulmer öffentlich auseinandergesetzt und von einer „Ausnahme-Regelung“ für diese gesprochen, „die aus einem zehn Jahre alten Dienstvertrag stamme“. Alle jüngeren Direktoren-Verträge sähen anders aus.
Anfang September wurde schließlich von der Geschäftsleitung eine Kappungsgrenze für deren Nebeneinkünfte beschlossen, wie der BR-Sprecher am Dienstag bestätigte: „Alle Einkünfte von BR-Geschäftsleitungsmitgliedern für Aufsichtsratsmandate mit ARD- oder BR-Bezug über der Gesamtsumme von 5.000 Euro pro Jahr werden ab dem nächsten Geschäftsjahr an den BR abgeführt“, erklärte er. Ein Mandat mit diesem Bezug wäre eine Aufsichtsratstätigkeit in einer Tochterfirma. Mandate in Aufsichtsräten in der freien Wirtschaft fielen, wenn sie genehmigt würden, nicht unter die Kappungsgrenze.
So funktioniert die Kappungsgrenze für die Geschäftsleitung
Intendantin Wildermuth verzichtet bereits auf Bezüge in Aufsichtsgremien von Tochterfirmen und Beteiligungen des BR seit ihrem Amtsantritt, ist im Geschäftsbericht 2021 zu lesen. Diese seien mit ihrer Jahresvergütung von 340.000 Euro (ihr Vorgänger erhielt etwas mehr als 400.000 Euro) abgegolten, so der Sendersprecher. Auch habe der BR weitere „wichtige Weichenstellungen“ vorgenommen, die sich noch nicht im ORH-Bericht für die vergangenen Jahre bis einschließlich 2020 widerspiegelten. Sie befänden sich in der Umsetzung. Spanner-Ulmer bekam als Vorsitzende des Aufsichtsrats der Bavaria Studios & Production Services GmbH ihm zufolge 12.300 Euro im Jahr. Hierfür greife bald die Kappungsgrenze.
Für ihr Mandat im Aufsichtsrat der Bayern Digital Radio GmbH in München, das sie seit 2012 wahrnimmt und dessen Bestellung über den BR erfolgt, erhält sie nach Recherchen unserer Redaktion dagegen keine Vergütung.