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Rücktritt von Stephan Mayer stellt CSU vor Problem

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Stephan Mayer tritt zurück – und die CSU steht vor einem Problem

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    Rücktritt nach nur zwei Monaten: Stephan Mayer ist nicht weiter Generalsekretär der CSU.
    Rücktritt nach nur zwei Monaten: Stephan Mayer ist nicht weiter Generalsekretär der CSU. Foto: Marius Becker, dpa (Archivbild)

    Die schlechte Laune steht Markus Söder ins Gesicht geschrieben, als er am Mittwoch in der CSU-Parteizentrale vor die Presse tritt. Sorgenfalten auf der Stirn, kein freundliches Lächeln zur Begrüßung, angespannt, ohne jede Leichtigkeit. „Heute ist ein bitterer Tag“, sagt Söder. Keine vier Minuten dauert es, dann hat der

    Stephan Mayer zu sagen war.

    Für Nachfragen steht Söder in diesem Moment nicht zur Verfügung. Der CSU-Chef leidet – und mit ihm seine Partei, die diesen Frühling eigentlich dazu nutzen wollte, um im Jahr vor der Landtagswahl wieder Tritt zu fassen. Der neue Generalsekretär hätte dabei die Schlüsselrolle spielen sollen. Jetzt ist der Posten vakant und auf den ersten Blick drängt sich weit und breit niemand auf, der die Anforderungen für diese Rolle erfüllt.

    Söders kurze Botschaft an diesem Vormittag ist zweigeteilt. Da ist zum einen die menschliche Seite der Affäre, die die CSU am Tag zuvor wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf. Er sei, so sagt Söder, „persönlich sehr betroffen“. Er berichtet über „ein sehr langes und auch ein sehr menschliches Gespräch“, das er am Vortag gemeinsam mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mit Mayer geführt habe. Dabei habe Mayer ihn „eindringlich gebeten“, ihn aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt als Generalsekretär zu entbinden. „Es geht ihm tatsächlich nicht gut“, sagt Söder. Später fügt er noch an: „Es ist ein Stück weit eine menschliche Tragödie, die da dahintersteht.“

    Stephan Mayer soll gesagt haben: „Ich werde Sie vernichten“

    Zum anderen versucht Söder den politischen Schaden zu begrenzen, der durch Mayers mutmaßliche Drohung gegen einen Journalisten der Zeitschrift Bunte entstanden ist. Der Reporter Manfred Otzelberger hatte über ein uneheliches Kind des Altöttinger Bundestagsabgeordneten berichtet, das von Mayer verheimlicht werde. Die Reaktion des Generalsekretärs soll, wie berichtet, über alle Maßen heftig ausgefallen sein. Der Anwalt des Burda-Verlags, in dem die Bunte erscheint, warf Mayer vor, er habe den Journalisten in einem Telefonat massiv bedrängt und ihn mehrfach mit dem Satz bedroht: „Ich werde Sie vernichten.“

    Von einer derartigen Redeweise distanziert sich Söder in seiner Erklärung am Mittwochvormittag mit eindeutigen Worten. „Ich sage es ausdrücklich und ganz klar: Die dabei wohl gefallenen Worte sind in keinster Weise zu akzeptieren, sind völlig unangemessen und auch ein indiskutabler Stil.“ Er sei über das, was er gehört habe, „erschüttert“ gewesen. So etwas sei „nicht Stil der CSU und meiner sowieso nicht“, sagt Söder. Das Presse-Statement ist damit beendet. Söder tritt ab.

    Für den CSU-Vorsitzenden ist es mit diesen Klarstellungen allerdings nicht getan. Nach einem aufwendigen Umbau des Kabinetts zu Jahresbeginn, in dessen Zusammenhang auch das Amt des Generalsekretärs neu besetzt wurde, beginnt die schwierige Suche nach dem richtigen Mann oder der richtigen Frau wieder von vorne.

    Über geeignetes Personal verfügt die CSU offenbar nicht

    Welche Bedeutung das Amt in der CSU hat, zeigt schon ein Blick in die Historie der Partei. Fünf ehemalige Generalsekretäre wurden später Parteichef oder Ministerpräsident: Franz Josef Strauß, Max Streibl, Edmund Stoiber, Erwin Huber und Markus Söder. Die meisten anderen stiegen in bedeutende Ministerämter im Bund oder in Bayern auf – zum Beispiel Friedrich Zimmermann, Anton Jaumann, Gerold Tandler, Otto Wiesheu, Thomas Goppel, Christine Haderthauer, Karl-Theodor zu Guttenberg, Alexander Dobrindt, Andreas Scheuer und zuletzt Mayers Vorgänger Markus Blume, den Söder im Frühjahr zum bayerischen Wissenschaftsminister machte.

    Über freies politisches Personal dieses Kalibers aber verfügt die CSU aktuell offenbar nicht. Das räumen in Hintergrundgesprächen führende Männer und Frauen in der Partei mehr oder weniger offen ein. Wen man auch anruft, überall heißt es, dass kein Kandidat oder keine Kandidatin in Sicht sei, der oder die auch nur annähernd alle Anforderungen dieses „komplexen Amtes“ erfüllen könne. Die bewährten Kräfte in der Landespolitik säßen allesamt in München im Kabinett.

    Sorgenfalten auf der Stirn, kein Lächeln zur Begrüßung – Markus Söder sah man die schlechte Laune an, als er am Mittwoch vor die Presse trat, um sich zum Rücktritt seines Generalsekretärs Stephan Mayer zu äußern.
    Sorgenfalten auf der Stirn, kein Lächeln zur Begrüßung – Markus Söder sah man die schlechte Laune an, als er am Mittwoch vor die Presse trat, um sich zum Rücktritt seines Generalsekretärs Stephan Mayer zu äußern. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Würde Söder eine Ministerin oder einen Minister von dort abziehen, zum Beispiel Florian Herrmann (Staatskanzlei), Klaus Holetschek (Gesundheit), Michaela Kaniber (Landwirtschaft) oder Ulrike Scharf (Soziales), käme das dem Eingeständnis gleich, dass sonst niemand mehr da ist, der ausreichend Standfestigkeit, Erfahrung und Durchsetzungskraft mitbringt. Gleichzeitig verbiete es sich, „ein junges Talent“ zu holen, wie das früher, als die Zeiten für die CSU noch besser waren, manchmal praktiziert wurde. „Eineinhalb Jahre vor einer so wichtigen Landtagswahl“, so sagt ein Mitglied des Parteivorstands, „können wir es uns nicht leisten, jemanden in die Lehre zu schicken.“

    Die Spekulationen innerhalb der CSU richten sich am Mittwoch deshalb in erster Linie auf die Mitglieder der Landesgruppe im Bundestag. An erster Stelle werden dort Unionsfraktionsvize Dorothee Bär (zuletzt Staatsministerin für Digitales) aus Unterfranken und der Münchner Abgeordnete Florian Hahn (aktuell „internationaler Sekretär der CSU“) genannt. Beide dienten der Partei bereits als stellvertretende Generalsekretäre. „Die wüssten zumindest schon mal, wo der Schreibtisch steht“, sagt ein CSU-Vorstand.

    Muss ein CSU-Generalsekretär ein „politischer Haudrauf“ sein?

    Hoffnungen macht sich angeblich auch der oberfränkische Abgeordnete Thomas Silberhorn, der bereits in zwei Bundesministerien (Entwicklung und Verteidigung) parlamentarischer Staatssekretär war. Mit dem Brustton der Überzeugung aber wird in den Reihen des CSU-Vorstands für keinen dieser drei möglichen Kandidaten geworben. Auch eine Besetzung „von außen“ wird für möglich gehalten. Zuletzt hatte Söder den Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter zum Bauminister gemacht.

    Ob ein CSU-Generalsekretär so wie früher ein „politischer Haudrauf“ sein muss, ist in der Partei durchaus umstritten. Gedankenstark und Talkshow-tauglich müsse er aber auf jeden Fall sein. Er dürfe sich auch nicht davor scheuen, mal „die Narrenkappe aufzusetzen“. Und im besten Fall müsste er in der Lage sein, Inhalte zu bestimmen, eine Strategie zu formulieren und eine Kampagne zu entwerfen. „Im Moment“, so sagt ein Vorstand, „haben wir all das noch nicht.“

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