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Glasfaser-Anschluss: Doppelte Leitungen ärgern Kunden & Anbieter

Region

Wenn sich zwei streiten: Doppelte Glasfaserleitungen ärgern Kunden und Anbieter

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    Arbeiter sind mit Bagger und Spaten an einer Straße mit der Erdverlegung von Glasfaserkabeln beschäftigt.
    Arbeiter sind mit Bagger und Spaten an einer Straße mit der Erdverlegung von Glasfaserkabeln beschäftigt. Foto: Moritz Frankenberg, dpa (Symbolbild)

    Vor 2025 wollte die Telekom eigentlich kein eigenes Glasfasernetz in Gablingen bauen. Doch seitdem das Unternehmen Deutsche Glasfaser in Kooperation mit M-net die Gemeinde im Landkreis Augsburg im Jahr 2022 auf eigenwirtschaftlicher Basis mit schnellem Internet versorgt hat, hat das Bonner Unternehmen neue Pläne. Statt das Netz mitzunutzen, möchte die Telekom plötzlich eigene Leitungen verlegen und alle Straßen erneut aufreißen, und zwar noch dieses Jahr. "Glücklich sind wir darüber nach wie vor nicht", sagt Gablingens Bürgermeisterin Karina Ruf. Für die Anwohnerinnen und Anwohner bedeutet das erneut Lärm, Schmutz und Verkehrsbehinderungen – nur damit die Deutsche Telekom eigene Glasfaserleitungen verlegt, obwohl sie das Netz der Konkurrenz mitnutzen könnte. Dieses Vorgehen könnte den Breitbandausbau verlangsamen und stößt nicht nur bei Bürgerinnen und Bürgern auf Unverständnis.

    In vielen Gemeinden in Deutschland geht die Telekom seit kurzem so vor, auch in Bayerisch-Schwaben. Demnächst könnte es Bobingen und Langweid am Lech treffen. "Wir beobachten die neue Ausbaustrategie der Deutschen Telekom seit etwa einem Dreivierteljahr und bewerten sie aus verschiedenen Gründen als sehr problematisch", sagt Nelson Killius, Sprecher der Geschäftsführung von M-net. Wie seinem Unternehmen geht es mehreren regionalen Internetanbietern in Bayern.

    Anbieter sollen bei Glasfaserausbau eigentlich kooperieren

    Das Hauptproblem: Der doppelte Ausbau gefährdet, dass bald in allen Haushalten in Deutschland schnelles Internet verfügbar ist. Die Bundesregierung spricht von einer Gigabitstrategie und plant, dass die Hälfte der Haushalte und Unternehmen in Deutschland bis 2025 mit Glasfaserinternet versorgt werden sollen. Bis 2030 sollen die Leitungen flächendeckend verlegt sein. Im Juni 2022 waren jedoch nach Daten der OECD nur 8,1 Prozent aller Breitbandanschlüsse in Deutschland Glasfaseranschlüsse. Lediglich in drei OECD-Ländern ist der Anteil noch niedriger – in Österreich, Belgien und Griechenland.

    Eigentlich sieht die Strategie des Bundes eine Kooperation der Telekommunikationsanbieter vor. Mithilfe des sogenannten Open-Access-Prinzips sollen Anbieter die Leitungen der Konkurrenz gegen eine Gebühr mitnutzen können. Das heißt, anstatt, dass ein Unternehmen alle Leitungen im gesamten Land verlegt, sollen sich die Anbieter aufteilen. Hat einer die Leitungen verlegt, können alle seine Kabel nutzen und ihre eigenen Kunden versorgen. Solche Kooperationsverträge bestehen bereits zwischen den meisten Unternehmen – auch zwischen M-net und der Telekom. Nur, wenn das so ist, warum baut die Telekom in Gablingen und anderen Orten ihre eigenen Leitungen?

    Glasfaseranschluss: Telekom kann Ärger regionaler Anbieter nachvollziehen

    Warum der größte Telekommunikationsanbieter Deutschlands so agiert, bleibt unklar. Auf Anfrage unserer Redaktion sieht die Telekom darin kein Problem. "Wettbewerb belebt das Geschäft", sagt Pressesprecher Markus Jodl. Man habe bereits zahlreiche Kooperationen mit anderen Anbietern wie Vodafone, Telefonica oder 1&1 und sei stets zu Gesprächen bereit. Den Ärger regionaler Anbieter könne man aber nachvollziehen: "Weil wir mit unserer Netz- und Produktqualität eine starke Konkurrenz beim Wettbewerb um die Kunden sind", so Jodl.

    Doch es ist nicht nur die selbst beschworene Netz- und Produktqualität, mit der sich die Telekom durchsetzen will, sondern auch ihre Marktmacht. Das wird für die regionalen Anbieter zum Problem, macht M-net-Sprecher Killius deutlich: "Der teure Aufbau eines Glasfasernetzes rechnet sich in der Regel nur bei einer Netzauslastung von über 50 bis 60 Prozent, je nach Baukosten vor Ort." Mindestens die Hälfte der angeschlossenen Haushalte müsste also die Glasfaserleitungen nutzen. Wenn die Telekom nun ihre eigenen Kabel verlege, gefährdet das laut Killius "fest geplante Ausbauvorhaben kleinerer Anbieter, da diese dadurch oftmals unrentabel werden." Denn mit zwei identischen Netzen im selben Gebiet sei diese Quote nicht zu schaffen.

    Doppelter Ausbau könnte Glasfaserversorgung verlangsamen

    Auch für die Kommunen und Einwohnerinnen und Einwohner selbst hat diese Ausbauschlacht Folgen. "Es ist wirtschaftlich unsinnig und behindert die Versorgung mit Glasfaser insgesamt", sagt Herbert Spies, Pressesprecher von Deutsche Glasfaser. Mit ihrer Strategie schädige die Telekom das Geschäftsmodell anderer Anbieter. Nur: Ohne diese könne der Glasfaserausbau nicht gestemmt werden. Dann wären die Kunden am Ende die Leidtragenden.

    Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Werden zweimal Kabel verlegt, ist das nicht nachhaltig. "Ohnehin knappe Ressourcen wie Fasern für Glasfaserleitungen oder Plastik für Leerrohre werden doppelt verbaut und bleiben am Ende unausgelastet beziehungsweise ungenutzt", erklärt Spies. Wehren können sich aber weder die Anbieter noch die Stadtverwaltungen. Das Vorgehen der Telekom ist legal. Der Bundesverband Glasfaseranschluss (Buglas) beschwerte sich bereits in einem Brief an Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing über das Vorgehen. Sollte die Politik nicht eingreifen, schlägt M-net eine Selbstregulierung der Industrie vor: "Eine Selbstverpflichtung der Anbieter, mindestens in den kommenden fünf Jahren keine fremden Glasfasernetze zu überbauen."

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