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Rechtsextremismus: Setzt der Staat bald V-Leute gegen die AfD ein?

Rechtsextremismus

Setzt der Staat bald V-Leute gegen die AfD ein?

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    Über die AfD-Klage gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz wird vor dem Verwaltungsgericht verhandelt.  Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Über die AfD-Klage gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz wird vor dem Verwaltungsgericht verhandelt. Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Peter Kneffel

    Wird der bayerische Verfassungsschutz die AfD bald mit V-Leuten und Wanzen ausforschen? Bislang verzichtet der Geheimdienst auf diese sogenannten nachrichtendienstlichen Mittel, doch das könnte sich ändern. Abhängig ist das von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts in München. Dort hat am Dienstag das Verfahren über die Beobachtung der AfD durch den bayerischen Verfassungsschutz begonnen. Dagegen wehrt sich der Landesverband der Partei. 

    So ist der Stand beim Verfahren gegen die AfD

    In bisherigen Eilentscheidungen war die Partei unterlegen. Begründung: Der Verfassungsschutz gehe zu Recht davon aus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD als Gesamtpartei bestünden. Eine wichtige Rolle für die nun neuerlich anstehende Bewertung im Hauptverfahren scheinen die Aktivitäten des AfD-Kreisverbandes Aichach-Friedberg und des Neu-Ulmer Landtagsabgeordneten Franz Schmid zu spielen. Schmid gehört dem Landesvorstand an und wird seit Kurzem trotz seines Status als Parlamentarier vom Verfassungsschutz beobachtet. In den Augen der Behörde unterstützt Schmid extremistische Gruppen. Zudem propagiere der Neu-Ulmer Politiker "einen gegen die Menschenwürde gerichteten ethnischen Volksbegriff" und fordere "in ebenfalls verfassungsfeindlicher Weise eine 'Remigration' von Personen", die nicht den eigenen ethnokulturellen Kriterien entsprächen.

    Das sagt der Verfassungsschutz über die AfD

    In der gestrigen Verhandlung betonte ein Vertreter des Verfassungsschutzes, dass man bei der Beobachtung Schmids nur aus öffentlich zugänglichen Quellen schöpfe. Das gelte "grundsätzlich" auch für die Beobachtung der gesamten AfD. Die Methoden eines Nachrichtendienstes würden nicht angewandt – nur einmal habe man eine Ausnahme gemacht und per Abfrage festgestellt, wem eine bestimmte Telefonnummer gehört. Falls das Verwaltungsgericht die Beobachtung der AfD bestätige, welche der Verfassungsschutz im Herbst 2022 angekündigt hatte, könne diese Zurückhaltung aber enden.

    Für das Verfahren sind derzeit neun Verhandlungstage angesetzt, in Aktenordnern lagern im Gerichtssaal Tausende Seiten von Berichten. Im Raum ist ein Beamer aufgebaut, mit dem einzelne Inhalte auf eine Leinwand projiziert werden können. Vorstellbar ist das bei den rund 170 Seiten, mit denen sogenannte AfD-Chats dokumentiert werden. Darin hatten sich 2021/2022 Medienberichten zufolge Mandatsträger der bayerischen AfD in Umsturzphantasien und Gewaltaufrufen ergangen.

    Der Inhalt dieser Diskussionen in internen Chatgruppen soll einer der Themenschwerpunkte sein, mit denen sich die Kammer des Verwaltungsgerichts in den kommenden Tagen befasst. Das sagte der Vorsitzende Richter Michael Kumetz. Weitere Themen seien der Begriff der Menschenwürde für Muslime und Menschen mit Migrationshintergrund, Umsturzfantasien und das Teilen von Facebook-Inhalten. 

    Die AfD wirft dem Verfassungsschutz vor, sein Handeln sei politisch motiviert. Bei Äußerungen, die der Partei zugeschrieben worden seien, handle es sich um Entgleisungen einzelner. Letztlich solle mit der Beobachtung und deren Bekanntmachung durch den Verfassungsschutz eine missliebige politische Konkurrenz beschädigt werden, so der bayerische AfD-Chef Stephan Protschka im Vorfeld der Verhandlung. Würde die AfD vor Gericht gewinnen, müsste der Verfassungsschutz seine Beobachtung einstellen. Protschka äußerte sich aber skeptisch, man werde wohl weitere Instanzen anrufen müssen. AfD-Anwalt Christian Konrad bezeichnete die Folgen des Vorgehens des Verfassungsschutzes als "enorm". 

    Das sagt die AfD über den Verfassungsschutz

    Bei der Frage, ob es künftig eine Beobachtung der AfD geben darf, geht es nicht nur um Aussagen und Handlungen von AfD-Funktionären bis zum Sommer 2022, als der Verfassungsschutz tätig wurde. Das stellte Richter Kumetz klar. „Wenn es um die Zukunft geht, ist der aktuelle Stand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausschlaggebend.“

    Da ist zuletzt – neben dem Fall Franz Schmid – einiges zusammengekommen: Mitte März kam heraus, dass nach den Erkenntnissen der Verfassungsschützer drei AfD-Landtagsabgeordnete insgesamt vier Beschäftigte haben, die als Rechtsextremisten und Verfassungsfeinde gelten. Landtagspräsidentin Ilse Aigner würde dem Quartett gerne die Bezüge streichen – das aber ist kompliziert. Mitte Juli wird das Ergebnis eines Rechtsgutachtens erwartet.

    Noch länger schwelt der Fall "Daniel Halemba." Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den erst im Herbst gewählten Abgeordneten erhoben. Sie wirft ihm Geldwäsche in drei Fällen, versuchte sowie vollendete Nötigung, Sachbeschädigung, Volksverhetzung sowie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen vor. Halemba weist das zurück.

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