Wenn der Bezirkstag einmal im Vierteljahr zu einer Sitzung zusammenkommt, hält sich das Medieninteresse üblicherweise in Grenzen. An diesem Dienstagmorgen in Augsburg aber ist das anders. Weil die Frage ist: Kommt Franz Schmid? Und äußert sich der AfD-Mann aus Babenhausen im Unterallgäu zu dem, was vor zehn Tagen am Rande des AfD-Parteitags in Greding (Mittelfranken) passiert sein soll? Zu den Vorwürfen, dass er am Abend in einer Diskothek zusammen mit anderen Parolen wie „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus“ skandiert haben soll?
Schmid, 23, von Beruf Kinderpfleger, sitzt seit Oktober im Bayerischen Landtag und im schwäbischen Bezirkstag. An diesem Dienstag aber bleibt sein Platz bei der Sitzung leer. Sprecherin Natalie Acksteiner betont, er habe sich nicht entschuldigt. Josef Settele, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Bezirkstag, sagt später: „Franz Schmid fehlt krankheitsbedingt.“
Bezirkstagspräsident Martin Sailer (CSU) muss den AfD-Abgeordneten gar nicht beim Namen nennen, als er zu Beginn der Sitzung seine Stellungnahme beginnt: „Ich bin zutiefst erschüttert über die Vertreibungspläne, die von AfD-Politikerinnen und -Politikern und rechtsextremen Netzwerken gesponnen werden. Ich bin erschüttert, welche Parolen kürzlich öffentlich gegrölt wurden.“ Sailer, der zugleich Augsburger Landrat ist, betont zudem: „Das, was wir derzeit erleben, erinnert uns an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte. Wir leben offenbar in einer Zeit, in der sich einige wieder trauen, ihre Menschenverachtung offen auszusprechen.“
Der Eklat um rechte Parolen wurde durch ein Video publik, das der Bayerische Rundfunk vergangene Woche veröffentlicht hatte. Es zeigt eine Gruppe Feiernder auf der Tanzfläche, die die Arme in die Höhe recken und dabei auf- und abspringen. Dazu läuft das Lied „L'amour toujours“ des italienischen Produzenten Gigi D'Agostino. Eigentlich ist es ein Liebeslied. In rechtsextremen Kreisen, vor allem in sozialen Medien wie TikTok, gilt es aber als eine Art Neonazi-Hymne, zu dessen Melodie ausländerfeindliche Parolen skandiert werden. So war es auch in der Gredinger Disco, wie das Polizeipräsidium Mittelfranken bestätigte.
Schmid hat zwar zugegeben, dass er an jenem Samstagabend in der Gredinger Disco war. Auch, dass im Laufe des Abends jenes Lied von Gigi D'Agostino abgespielt wurde. Rassistische Parolen habe er jedoch nicht skandiert. „Zu diesem Lied tanzten mehrere Besucher und sangen dazu einen Text, den ich nicht zuordnen konnte“, schrieb er in einer Stellungnahme. „Ich habe jedenfalls den Text 'Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!' nicht gesungen.“ Inzwischen ermittelt der Staatsschutz.
Alle Abgeordneten im Saal klatschen – bis auf die AfD-Vertreter
Bilder wie aus Greding machten ihm Angst, sagt Sailer. Umso wichtiger sei es nun, klar Position zu beziehen. „Jetzt müssen alle Demokraten und alle Menschen, denen unsere offene Gesellschaft am Herzen liegt, aufstehen und klare Kante zeigen.“ Alle Abgeordneten im Saal klatschen – bis auf die AfD-Vertreter. Sailer betont: „In unserem demokratisch gewählten Bezirkstag ist kein Platz für Rassismus, für Diskriminierung und erst recht kein Platz für Hass und Hetze. Gerade wir als Bezirk sind dazu verpflichtet, alle Menschen in unserer Gesellschaft zu unterstützen.“ Das gelte für die sozial Schwachen genauso wie für Menschen mit einem Aufenthaltsrecht oder einer Duldung.
Die Bezirke in Bayern treffen wichtige Entscheidungen in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Kultur und Bildung. Dass im neuen Bezirkstag mit seinen 34 Mitgliedern künftig sechs statt bisher vier Mitglieder von der AfD sitzen, erschwere die Zusammenarbeit, räumt Sailer ein. Erst recht nach dem Eklat von Greding.