Ja, die Zahlen aus dem zweiten bayerischen Psychiatriebericht sind erschreckend. Sie können aber eigentlich niemanden überraschen. Denn auf einen steigenden Behandlungsbedarf im psychotherapeutischen und psychiatrischen Bereich weisen Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten, aber auch Beratungsstellen schon sehr lang hin. Auch Krankenkassen wie die Barmer meldeten erst im Herbst, dass die Zahl der jungen Menschen in Bayern, die an Depressionen leiden, zunimmt.
Wirklich besorgniserregend ist, dass sich sowohl in der Prävention, aber auch in der ambulanten wie stationären Versorgung, viel zu wenig tut, obwohl man eben seit Langem weiß, dass der Bedarf massiv wächst. Und obwohl man seit Langem weiß, dass die Behandlungskapazitäten schon jetzt nicht ausreichen. So muss, wer nicht akut lebensbedrohlich erkrankt ist, oft über Monate auf einen Therapieplatz warten. Es fehlt an Ärzten, es fehlt an Therapeutinnen, es fehlt an einer besseren Vernetzung von ambulanter und stationärer Hilfe – die Versorgungslücken, sie sind längst untragbar.
Dabei hat der Psychiatriebericht auch Positives: Die hohe Zahl an Diagnosen lässt zum einen darauf schließen, dass psychisches Leid häufiger erkannt wird. Zum anderen scheinen auch mehr Menschen bereit zu sein, sich professionelle Hilfe zu holen. Gerade bei den Jüngeren ist zu beobachten, dass sie offener mit psychischen Erkrankungen umgehen und diese damit weiter aus ihrer Tabuzone holen. Doch gerade, wenn junge Menschen nicht frühzeitig gute Behandlungsmöglichkeiten finden, droht ihr ganzes weiteres Leben davon überschattet zu sein. Das bedeutet nicht nur viel persönliches Leid, nicht behandelte psychische Erkrankungen ziehen auch enorme volkswirtschaftliche Kosten nach sich. Bleibt die Frage, wie lange man noch warten will, um die Versorgungsengpässe endlich anzupacken?
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