Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Prozess in Augsburg: Königsplatz-Prozess: Halid S. prahlte im Knast mit seiner Gewalttat

Prozess in Augsburg

Königsplatz-Prozess: Halid S. prahlte im Knast mit seiner Gewalttat

    • |
    Am 6. Dezember 2019 starb ein Mann am Augsburger Königsplatz. Halid S., ein Jugendlicher aus dieser Gruppe, hatte ihn niedergeschlagen.
    Am 6. Dezember 2019 starb ein Mann am Augsburger Königsplatz. Halid S., ein Jugendlicher aus dieser Gruppe, hatte ihn niedergeschlagen. Foto: AZ Archiv

    Seine Freunde beschreiben ihn als ruhig und nett. Als jemanden, der gut zuhören kann. Aggressiv sei er nie gewesen. Doch das scheint nicht die ganze Wahrheit zu sein. Halid S., der den tödlichen Faustschlag gegen Roland S. am Augsburger Königsplatz führte, hatte brutalste Gewaltvideos auf seinem Handy und fiel im Gefängnis durch aggressives Verhalten und eine Menge Ärger auf. Er soll sich sogar damit gebrüstet haben, schon einen Menschen totgeschlagen zu haben.

    Königsplatz-Schläger Halid S. fiel im Knast durch seine Aggression auf

    So berichten es Verantwortliche des Jugendknasts Neuburg-Herrenwörth, wo der 17-Jährige die vergangenen zehn Monate verbracht hat. In kurzer Zeit hat der junge Mann die stattliche Zahl von mehr als 30 pädagogischen Maßnahmen und zehn Disziplinarverfahren angesammelt. Vier Mal wurde S. in andere Abteilungen verlegt, schildert der Gefängnischef. Das sei ungewöhnlich viel. Aber es habe immer wieder „krisenhafte Zuspitzungen“ und „besondere Dynamiken“ gegeben – und zwar sowohl gegenüber Mitgefangenen als auch Bediensteten. Die JVA-Bediensteten hätten die Bildung „subkultureller Strukturen“ um Halid S. beobachtet. „Das kann man in einer Jugendanstalt nicht laufen lassen.“ Zu Schlägereien oder Bedrohungen sei es nicht gekommen, wohl aber zu Auseinandersetzungen, sagt der Gefängnischef, der Diplom-Psychologe ist.

    Halid S. sei sehr schnell zornig geworden. In den zehn Monaten seiner U-Haft habe er sich 75 Tage in Absonderung befunden. „Das habe ich in 30 Berufsjahren nicht erlebt“, so der JVA-Leiter. Ein Gefängnismitarbeiter berichtet, wie Halid S. einmal sogar mit seiner Tat vom Kö geprahlt habe: „Ihr seid kleine Wichtigtuer, ich habe schon einen totgeschlagen“, hat der 17-Jährige demnach zu Mithäftlingen gesagt.

    Auf seinem Handy hatte Halid S. widerwärtige Videos

    Auch andere Zeugen bestätigen das Bild vom ruhigen, netten Kerl eher nicht. Ein Polizist, der die Handys der Angeklagten ausgewertet hat, berichtet von Videos mit extremen Gewaltdarstellungen auf dem Smartphone des jungen Mannes. In einem der Filme sei beispielsweise gezeigt worden, wie ein Hund einem Mann bei lebendigem Leib die Genitalien abgefressen habe. In einem anderen Video sei eine dunkelhäutige Frau bei lebendigem Leib enthauptet worden. Wer allerdings wann und woher diese Videos geladen hat, konnte nicht genau ermittelt werden. Auch Filmchen von Prügeleien und Fotos von Verletzungen, die aus realen Auseinandersetzungen stammten, wurden gefunden.

    Der Sachbearbeiter der Augsburger Kripo schildert die Gruppe um Halid S. als aggressiv und gewaltbereit. Die Heranwachsenden seien in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder in Auseinandersetzungen verwickelt gewesen. Einmal habe ein Streit mit einer schweren Stichverletzung an der Hüfte eines Beteiligten geendet. Ein Täter wurde nie gefunden. Aber als die Polizei kam, wurden zwei der Angeklagten am Tatort angetroffen. In einem anderen Fall habe sich ein Anwohner beschwert, dass die Gruppe zu laut war und Flaschen auf Autos abstellte. Auf seine Ermahnung hin habe S. eine Flasche geworfen, die neben dem Fenster eingeschlagen sei.

    Zwischenzeitlich drohte der Prozess um den tödlichen Schlag am Königsplatz zu platzen

    Am Dienstagvormittag war der Prozess um die tödliche Gewalttat ins Stocken geraten. Ein Schöffe der Jugendkammer hatte darauf hingewiesen, dass er mit dem Kriminalhauptkommissar befreundet ist, der Hauptsachbearbeiter in dem Fall ist. Die Frage stand im Raum, ob der Mann befangen ist. Sogar ein Platzen des aufsehenerregenden Prozesses stand im Raum, denn ein Ersatzschöffe ist nicht im Einsatz. Die Verteidiger der drei angeklagten jungen Männer reagierten sehr überrascht auf die Mitteilung des Gerichts. Anwalt Moritz Bode war sauer: „Es kann doch nicht sein, dass wir so etwas in einem bundesweit beachteten Verfahren erst jetzt erfahren.“

    Nachdem der Schöffe jedoch einen umfangreichen Fragenkatalog beantwortet und Staatsanwalt Michael Nißl einen Ausschluss des Schöffen aus rechtlichen Gründen abgelehnt hatte, verzichteten die Verteidiger auf einen Befangenheitsantrag. Der Prozess konnte fortgesetzt werden.

    In dem Verfahren wird die tödliche Gewalttat am Augsburger Königsplatz vom Nikolausabend 2019 verhandelt. Die drei Angeklagten haben ein Geständnis abgelegt. Einer der jungen Männer aus einer siebenköpfigen Gruppe hatte den 49-jährigen Roland S. nach einer Zigarette gefragt. Der habe mit „Halt die Schnauze“ geantwortet und den Jugendlichen weggestoßen. Daraufhin versetzte Halid S. dem Feuerwehrmann einen Faustschlag gegen den Kopf. Durch die Wucht des Schlags riss eine Hirnschlagader. S. starb am Tatort. Der Freund von Roland S. erlitt bei der anschließenden Prügelei schwere Kopfverletzungen.

    Lesen Sie dazu auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden