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Porträt: Innenminister Herrmann ist seit 5235 Tagen am Tatort

Porträt

Innenminister Herrmann ist seit 5235 Tagen am Tatort

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    Joachim Herrmann bei seiner ersten Vereidigung zum Bayerischen Innenminister im Jahr 2007. Neben ihm der damalige Europaminister Markus Söder.
    Joachim Herrmann bei seiner ersten Vereidigung zum Bayerischen Innenminister im Jahr 2007. Neben ihm der damalige Europaminister Markus Söder. Foto: Frank Mächler, dpa

    Als Innenminister ist man in Bayern nicht automatisch eine Berühmtheit. Die resolute Dame, die neuerdings die Impfausweise am Eingang zur Landtagsgaststätte kontrolliert, weiß offenkundig nicht, wer der imposante Herr ist, der da in Begleitung von zwei Personenschützern vor ihr steht. Sie ist neu im Landtag und nimmt ihren Job ernst. „Impfausweis bitte.“ Joachim Herrmann, oberster Chef von rund 41.000 Polizisten in

    Günther Beckstein hat Joachim Herrmann überholt

    Von Ordnung versteht er was. Das stellt der Erlanger CSU-Politiker als Bayerischer Innenminister mittlerweile seit 5235 Tagen unter Beweis. Nun ist das zwar zugegebenermaßen kein rundes Jubiläum, aber es ist ein besonderes. Spätestens jetzt hat er den bis dato am längsten amtierenden Innenminister im Freistaat, seinen Vorgänger und Parteifreund Günther Beckstein überholt. (Für Spezialisten: Beckstein hatte es auf 5227 Tage gebracht. Doch man kann ihm die sieben Tage im Oktober 2007, als er bereits Ministerpräsident war, aber noch keinen Nachfolger im Innenministerium hatte, mit viel gutem Willen noch anrechnen).

    Herrmann bestellt sich einen Apfelstrudel und schnauft erst einmal durch. Schon mehr als 14 Jahre! Eine lange, aber, wie er betont, keine langweilige Zeit. „Da sorgen genügend Leute dafür, dass es mir nicht langweilig wird“, sagt er und lacht. Gleich bei der nächsten Frage aber wird er wieder ernst. Wie lange will er den Job noch machen? Herrmann: „Wer Innenminister wird, entscheidet der Ministerpräsident.“ Und ob er erneut für den Landtag kandidiere, darüber entscheide die Partei daheim im Stimmkreis. Erst nach dieser Vorrede – Ordnung muss sein – ist ihm ein persönliches Bekenntnis zu entlocken. „Von mir aus spricht nix dagegen.“

    Joachim Herrmann hat zwei Spitznamen

    Einige seiner Kolleginnen und Kollegen in der CSU, die sein Amt nur allzu gerne hätten, werden das nicht so gerne hören. Der 65-jährige Jurist und Oberstleutnant der Reserve gilt als feste und verlässliche Größe in der Staatsregierung. Er hat es als einziges Mitglied im aktuellen Kabinett geschafft, sich zwei Spitznamen zu erarbeiten. „Balu, der Bär“ wird er heute noch öfter genannt. „Panzerkreuzer Potemkin“ ist etwas in Vergessenheit geraten. Beides bezieht sich auf seine Unbeirrbarkeit und sein scheinbar unerschütterliches Gemüt. Da schwingt Respekt mit, der einen realen Hintergrund hat. Abgesehen davon, dass er 2012 im Allgäu mal höchstselbst einen für ihn zwar schmerzhaften, aber letztlich glimpflich verlaufenen Unfall mit einem 40-Tonnen-Bagger fabriziert hat, sind keine ernsthaften Pannen des Ministers bekannt geworden. Mit dem Brustton der Überzeugung sagt er: „Wir sind in puncto innere Sicherheit die Nummer Eins in Deutschland.“

    Das ist keine Prahlerei. Herrmann kann das mit Zahlen belegen – Aufklärungsquote, Kriminalitätskennziffer und so weiter. Es ist in erster Linie ein Lob an seine Beamtinnen und Beamten. Er habe, so sagt Herrmann, von seinem Vorgänger „ein super aufgestelltes Haus übernommen“. Und die eigentliche Polizeiarbeit überlasse er bis heute denen, die etwas davon verstehen. „Ich bin kein ausgebildeter Polizeibeamter, ich geriere mich auch nicht so und ich tue auch nicht so, als ob ich alles besser wüsste.“

    Bescheid wissen allerdings will er. Wenn die Polizei eine neue Waffe bekommt, dann probiert er sie auch selbst aus. Schießen hat er bei der Bundeswehr gelernt. Und dass er es kann, ist durch Zeugen verbürgt – er hat es vor Journalisten vor einigen Jahren mal auf einem Schießstand in einer

    Herrmann ist auch vor Ort, wenn es Ernst ist – bei schweren Unglücksfällen, Naturkatastrophen, Anschlägen, Amokläufen. Das sei wichtig, um sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, um aus möglichen Fehlern Lehren zu ziehen und auch, um den Einsatzkräften zur Seite zu stehen. Was er vor Ort manchmal zu sehen bekommt, geht ihm immer noch nahe. „Es ist nicht so, dass man emotional abstumpft.“

    Ein Krimi- und kritischer "Tatort"-Fan

    In seiner Freizeit ist das etwas anders. Da hat er seit jeher eine Freude an Krimis. „Es gibt wohl keinen Roman von Frederick Forsyth oder Ken Follet, den ich nicht gelesen habe“, sagt Herrmann. Und auch der „Tatort“ am Sonntagabend gehört dazu – auch wenn es da, wie er verrät, ein kleines innerfamiliäres Problem gibt: Er rege sich immer wieder auf, wenn die Kommissarinnen und Kommissare polizeilichen Murks machen – etwa wenn sie im Einsatz jede Eigensicherung vermissen lassen, keine Verstärkung rufen oder wenn sich der ganze Krimi nur um ihre persönlichen oder psychischen Probleme dreht. Dann schimpft er. „Das nervt meine Frau jeden Sonntag“, sagt Herrmann. Das Bild, das da von der Polizei oft gezeichnet werde, habe mit der Realität meist nicht viel zu tun.

    Vermutlich ist ihm das alles einfach zu unordentlich.

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