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Politischer Aschermittwoch: Gabriel attackiert CSU und FDP

Politischer Aschermittwoch

Gabriel attackiert CSU und FDP

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    Sigmar Gabriel. Bild: dpa
    Sigmar Gabriel. Bild: dpa

    Vilshofen Kanzler, Parteivorsitzende, Spitzenkandidaten: Alle haben sie schon unterschrieben im blauen Parteibüchlein von Gerhard Schuster. Gut zwei Dutzend kaum leserliche Autogramme, gekritzelt in Blau, Schwarz, Rot und in Grün - die offizielle Farbe der Signatur der Regierungschefs.

    Seit 27 Jahren hat der niederbayerische Sozialdemokrat Schuster mit seinem Ortsverein Mengkofen keinen einzigen Politischen Aschermittwoch seiner Partei in Vilshofen ausgelassen. Zum Auftritt des neuen Parteichefs Sigmar Gabriel trägt der 63-Jährige am Ehrentisch in der ersten Reihe des Wolferstetter Kellers ein rotes SPD-Polo-Hemd mit gelbem Bärentatzenwappen von

    Schuster hat große Erwartungen an die Rede des seit 96 Tagen amtierenden Parteivorsitzenden: "Die SPD muss sich wieder mehr vor die Schwachen in der Gesellschaft stellen und vor die kleinen Arbeitnehmer", sagt der pensionierte Postbeamte, der lange Jahre Ortsvereinschef war. Und Gabriel soll sich für eine Abkehr von der Rente mit 67 aussprechen, fordert Schuster.

    Großer Beifall brandet auf, als die in eine kleine Ecke des Saals gepresste Blaskapelle den Erzherzog-Albrecht-Marsch anstimmt: Gabriel bahnt sich an der Seite der neuen jungen bayerischen SPD-Führung um Landeschef Florian Pronold und Fraktionschef Markus Rinderspacher den Weg durch den mit rund 500 Anhängern voll besetzten Brauereikeller. Bevor Gabriel reden darf, gibt Pronold den Einpeitscher.

    Der 37-jährige spricht viel über das Landesbank-Debakel: So wie die Österreicher die Bayern hier über den Tisch gezogen hätten, sei dies eine größere Schande als die Schmach von Cordoba, als die Österreich-Elf 1978 Deutschland aus der Fußball-WM schoss. "Die Politik der CSU", behauptet Pronold, "hat den Stolz von uns Bayern verletzt".

    Auch Parteichef Gabriel spottet wenig später: "Eure Lederhose hat ganz schön Löcher gekriegt und am Laptop klebt der Kuckuck." Doch dies sei selbstredend nicht die Schuld der Bayern, sondern die der CSU, fügt der Niedersachse hinzu.

    Hauptziel der Attacken des Aschermittwochs-Redners ist Guido Westerwelle: Gabriel wird ernst und wirft dem FDP-Chef mehrfach vor, er "hetze" die Menschen gegeneinander auf: Westerwelle versuche, Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger zu Faulpelzen abzustempeln und zu den Sündenböcken der Wirtschaftskrise zu machen.

    "Das ist eine Schande für die politische Kultur in Deutschland", schimpft Gabriel gegen die FDP. "Was für eine jämmerliche Partei ist das geworden." Nicht die Sozialhilfe sei zu hoch, sondern jene Löhne zu niedrig, die auf Hartz-IV-Niveau lägen. "Sozial ist, was Arbeit schafft, von der man leben kann", sagt Gabriel.

    Ausführlich zerpflückt er Westerwelles Beispiel einer Kellnerin mit zwei Kindern, die nicht mehr Geld bekomme als mit Hartz IV: Diese Kellnerin hätte jedoch nichts von den von der FDP geforderten Steuerentlastungen, weil sie wegen des steuerfreien Existenzminimums gar keine Lohnsteuer zahlen müsse: Dagegen sagt Gabriel für die Zeit nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen steigende Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung voraus, die genau jene Kellnerin hart treffen werde: "Die große Nettolüge kommt nach dem 9. Mai", prophezeit Gabriel. "Einige Besserverdienende und Reiche werden entlastet, Millionen Arbeitnehmer müssen höhere Abgaben zahlen."

    SPD-Mann Schuster, der von Gabriel ein weiteres Autogramm für sein Parteibuch bekommt, ist zufrieden: "Das war die beste Aschermittwochs-Rede seit mindestens fünf Jahren", sagt er. Nur die einstige Landeschefin Renate Schmidt sei in ihren besten Zeiten noch besser gewesen, fügt er hinzu. Michael Pohl

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