Sieben Monate vor der bayerischen Landtagswahl hat der Kabarettist Maxi Schafroth die versammelte Polit-Prominenz auf dem Münchner Nockherberg mit viel pointiertem Witz aufs Korn genommen. Beim ersten Politiker-"Derblecken" vor Publikum seit 2019 knöpfte sich Schafroth vor allem die CSU, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und dessen Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vor.
Langen Applaus im Stehen bekam er am Schluss, als er in ernstem Ton Dauerkritiker von Demokratie, Rechtsstaat und Medien in Deutschland in die Schranken wies. Wer das Glück der Freiheit nicht schätze, es lieber schwarz-weiß hätte, dem sage er: "Dann macht's bitte Platz für Leute, die zu uns wollen und an dieser Freiheit teilhaben möchten."
Söder habe als Beinahe-Kanzlerkandidat ja schon am Duft des Berliner Jetset geschnuppert, spottete Schafroth. "Und dann diese Schmach. Unser Markus, der Kanzler der Herzen, abgewatscht." Söder habe "den Kopf aus der bayerischen Regionalbahn nausgstreckt, und dann kam a Ampel". Und in Anspielung auf die Klimakleber und Söders Ankündigung, von der einst angebotenen Amtszeitbegrenzung auf zehn Jahre Abstand zu nehmen, sagte er: "Der Markus hat seine Klebezeit grad nochmal verlängert, weil er gemerkt hat: Ich bin eigentlich grad erst in der Aushärtphase. Und kein Lösemittel dieser Welt wird ihn entfernen."
Schafroth konstatierte aber: "Wer keine Konkurrenz fürchtet, wird lahm." Bundeskanzler Olaf Scholz baue in 90 Tagen ein LNG-Terminal, Söder in vier Jahren keine einzige Wohnung. "Wenn der Olaf ein Laserdrucker ist, sind wir eher so Olivetti-Tintenstrahl."
Über Aiwanger sagte Schafroth: "Wer den Hubert am Tisch hat, braucht keine Heizung." Dessen "kommunalpolitische Infrarot-Strahlung" bringe sogar Söder ins Schwitzen. "Der Hubert ist der außer Kontrolle geratene Brennstab, der Markus das überforderte Kühlaggregat." Andererseits spottete Schafroth über die CSU-Freie-Wähler-Koalition: "Der Hubert hat sich's im Söder-Schwitzkasten bequem gemacht."
Aber auch die versammelten Oppositionsparteien nahm sich Schafroth vor, manche mehr, manche weniger. "Eine grüne Partei, die Kohlekraftwerke ans Netz nimmt und mit saudischen Potentaten verhandelt, kann auch bedenkenlos einen frittierten Wiesnhof-Gockel essen", sagte er etwa. Und bei der Bayern-SPD, da gebe es jetzt ein Tandem an der Spitze. "Und ein sozialdemokratisches Tandem erkennen Sie daran, dass es gleichzeitig vorwärts und rückwärts fahren will, das ist höchstmögliche Dynamik bei gleichzeitigem Stillstand." Der FDP hielt er ein überbordendes Ego angesichts mauer Umfragewerte vor.
Insgesamt nahm Schafroth in seiner Rede kein Blatt vor den Bund. Etwa als er sagte, in der CSU gebe es, seit Andreas Scheuer weg sei, "einen Fachkräftemangel im Bereich strategisches Bescheißen". Und er ergänzte: "Es sind Kirchenvertreter da, die haben Connections, lasst euch von denen erklären, wie man handwerklich sauber vertuscht." Über die CSU-Verkehrspolitik und zahlreiche große Tunnelprojekte in Bayern sagte Schafroth: "Nix auf die Schiene kriegen, aber die eigenen Wahlkreise durchtunneln wie christsoziale Maulwürfe auf Ritalin."
Über die umstrittene Präventivhaft lästerte er, Störenfriede würden in Bayern einfach weggesperrt. "Am besten übern Aschermittwoch, damit die CSU in Passau in Ruhe saufen kann." Und er fügte hinzu: "Wenn wir unsere Klimaziele so schnell umsetzen würden, wie wir verhaften, dann müsst mer nimmer verhaften." Bayerns Schulen schmähte Schafroth als "Leistungs-Folterkammern". Und über die vergangenen umstrittenen "Pascha"-Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz sagte er: "Da sagt die Union, ja mei, das ist wie bei Autos mit H-Kennzeichen. Da sagt man, der ist schon älter, der darf a bissl mehr Dreck ausstoßen."
Merz, aber insbesondere die AfD ("diese ewig Gestrigen"), sprach Schafroth - ein Novum auf dem Nockherberg - zudem auf Arabisch an. Und sagte dann zum rätselnden Publikum: "Das ist doch gut, mal nachzufühlen, wie das ist, wenn man wo hinkommt, wo man nix versteht." Man sei eben angewiesen auf Menschen, die einem helfen. Merz war allerdings nicht unter den Gästen der Starkbierprobe.
Nach der Fastenpredigt stand erstmals seit 2019 wieder das Singspiel auf dem Programm, in dem Politiker von Schauspielern gedoubelt werden. 2020 war die gesamte Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden, 2022 wegen des Krieges in der Ukraine. 2021 hatte es lediglich eine digitale Version nur mit der Fastenpredigt gegeben.
(dpa)