Nach einer hitzigen Debatte auf einem Landesparteitag hat eine deutliche Mehrheit von 57,6 Prozent der anwesenden rund 740 Parteimitglieder den umstrittenen unterfränkischen AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Halemba aufgefordert, sein Landtagsmandat niederzulegen.
Das Votum ist allerdings für Halemba, der an dem Parteitreffen nicht persönlich teilnahm, nicht bindend. Es ist jedoch für seine Unterstützer in Parteispitze und Landtagsfraktion, aber auch für den unterfränkischen AfD-Bezirkschef Richard Graupner eine herbe Niederlage.
Der Fall Halemba spaltet die bayerische AfD zunehmend
Die Frage um die Zukunft Halembas spaltet ganz offensichtlich zunehmend die bayerische AfD. Der von mehr als 160 Mitgliedern unterstützter Antrag gegen den 22-Jährigen wurde etwa nur mit einer denkbar knappen Mehrheit von 51 Prozent überhaupt zur Debatte auf dem Parteitag zugelassen. Auch ein Antrag aus dem Halemba-Lager zum Ausschluss der Medien von der Halemba-Debatte auf dem Parteitag fand etwas deutlicher keine Mehrheit.
Neben Ermittlungen der Würzburger Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung wird dem 22-Jährigen in der eigenen Partei vor allem vorgeworfen, sich sein Landtagsmandat mit schmutzigen Tricks gesichert zu haben. Gleichzeitig gab es aber auch harte Angriffe auf den bisherigen Landesvorstand.
„Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein“, begründete etwa der Aschaffenburger AfD-Kreisvorsitzende Klaus-Uwe Junker vor dem Parteitag den Anti-Halemba Antrag. Es gelte, in der AfD endlich "die Fakten und die Verantwortlichen zu benennen und reinen Tisch zu machen".
Halemba-Kritiker attackieren AfD-Landesvorstand: "Augen und Ohren zugehalten"
Stattdessen habe sich jedoch der bayerische AfD-Landesvorstand um Parteichef Stephan Protschka, der auf dem Parteitag als Landeschef bestätigt wurde, trotz frühzeitigen Informationen über Halembas fragwürdiges Verhalten in der Sache "selbst die Augen und Ohren zugehalten".
Es gebe trotz der gravierenden Vorwürfe gegen den Jung-Politiker vom Meldebetrug zur Mehrheitsbeschaffung über Satzungsverstöße bis hin zur "Anstiftung zu wahrheitswidrigen eidesstattlichen Versicherungen" einige "Landesvorstandsmitglieder, die bis heute ihre schützende Hand über Halemba halten", kritisierte Junker. Der Schweinfurter AfD-Mann Alfred Schmitt sprach gar von "Machenschaften" in der AfD, "die wir von den Altparteien kennen".
Deshalb müsse das Thema nun öffentlich auf einem Parteitag diskutiert und entschieden werden. "Hätte Halemba wie ein Mann sein Mandat niedergelegt, dann bräuchte es diesen Antrag nicht", erklärte Junker unter Buh-Rufen und gleichzeitigem Applaus.
Strafe für Halemba: Statt Parteiausschluss nur noch zwei Jahre Ämterverzicht
Nicht zur Beruhigung der Gemüter beitragen dürfte auch ein Vorstandsbeschluss kurz vor dem Parteitag, der anstatt eines Parteiausschlusses von Halemba nun nur einen zweijährigen Ämterverzicht für den 22-Jährigen vorsieht. Man gehe davon aus, dass Halemba dieses "Angebot" annehmen werde, hieß es aus Vorstandskreisen.
Damit stellt sich der bayerische Landesvorstand der AfD offen gegen die Spitze der Bundespartei, die im Dezember klar einen Parteiausschluss Halembas gefordert hatte. "Für uns ist völlig klar, dass Herr Halemba nicht in der AfD Mitglied bleiben kann", hatte Bundeschefin Alice Weidel Mitte Dezember gesagt.
Halembas Verteidiger griffen deshalb auch Weidel frontal an: "Wer führt, der muss sich vor seine Leute stellen", forderte etwa Martin Böhm, der AfD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl: "Das hätte ich mir auch vom Bundesvorstand gewünscht." Der Landtagsabgeordnete Ferdinand Mang verteidigte zudem dem Verzicht auf ein Partei-Ausschlussverfahren gegen Halemba: Zwei Rechtsgutachten hätten mit Blick auf Halembas parteiinterne Vergehen ergeben, "dass die Ämtersperre das maximal mögliche ist" – eine Argumentation, die viele Parteimitglieder nicht überzeugte: "Legal ist nicht gleich legitim", entgegnete etwa der Schweinfurter Schmitt.
Verhaftung Halembas im Landtag? Aigner "beschädigen, ist legitimes politisches Ziel"
Böhm sorgte zudem noch mit einer internen E-Mail für Aufsehen, die der BR24-Reporter Johannes Reichert bei X, vormals Twitter, öffentlich machte. Darin reagiert Böhm auf den Vorhalt der Halemba-Kritiker, dem Jung-Abgeordneten im Oktober "geraten oder ihn aufgefordert" zu haben, sich zunächst der Festnahme zu entziehen, um möglichst öffentlichkeitswirksam kurz vor der ersten Landtags-Sitzung abgeführt zu werden.
"Der Gedanke, durch eine Verhaftung des H. eingangs des Plenarsaals weiter an der De-Legitimation Aigners zu arbeiten und noch stärker polarisierend auf die Bürger zu wirken, war zumindest charmant", schreibt Böhm darin. Die Person der Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) "zu beschädigen, ist legitimes politisches Ziel", so Böhm weiter. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek reagierte empört auf die öffentlich gewordene E-Mail: "Ein Angriff auf unsere Präsidentin ist ein Angriff auf alle demokratischen Parlamentarier", warf er der AfD vor.