"Pfuideife", erschallte es im Internet. Und damit waren die Örtchen neben den Örtchen gemeint. Dass sich die neuen Trinkwasserbrunnen auf dem Oktoberfest in der Nähe der Toiletten befinden, befremdete und ekelte so manchen. Oder führte zu Spott. "Wie kann man nur so einen unappetitlichen Platz dafür wählen!", kommentierte also jemand. Und in einem anderen Kommentar heißt es: "Der das konstruiert hat, kennt scheinbar die Geruchsbildung an diesem Ort nicht. Wer möchte an so einem versifften Platz was trinken, pfuideife …"
Es brach also ein schönes Was-wäre-wenn los: Was wäre, wenn Betrunkene einen Trinkbrunnen für ein Urinal hielten? Die Ähnlichkeit ist immerhin nicht von der Hand zu weisen: Unter einem Trinkbrunnen, der einem Wasserspender gleicht, befindet sich schließlich ein metallenes Becken, das unten spitz zusammenläuft. Mit ein paar Maß intus könnte man das mit einem Pissoir verwechseln, oder?
Trinkwasserbrunnen auf der Wiesn: "Es ist echt eine coole Sache, aber nicht gut genug ausgeschildert"
Um dies zu beantworten, muss man zum Ort des Geschehens. Ihn zu finden, ist ein wenig kompliziert. Ganze fünf Trinkwasserbrunnen gibt es. Einen hinterm Weinzelt, die restlichen vier in der kleinen Parallelstraße zwischen den Bierzelten und der großen Schaustellerstraße – direkt an den Wänden der Toiletten. Immer wieder bilden sich an diesem warmen Tag Schlangen vor den Brunnen, viele füllen sich ihre mitgebrachten Plastikflaschen auf. Manche trinken direkt ein paar Schlucke. "Pfuideife"? Geschmackssache.
Tanja aus München wartet gerade neben der Toilette auf ihren Sohn und ihren Mann. Sie ist froh über das neue Angebot – es ist eines, das prinzipiell gut ankommt. Im Prinzip ist eine der größten Neuerungen auf der diesjährigen Wiesn eine wunderbare Sache, allein schon, weil sie kostenlos ist – und damit das krasse Gegenteil der deftigen Preise für eine Maß Bier.
Fragt sich nur, ob der Standort hinter den Zelten, hinter Löwenbräu, Bräurosl, Augustiner und Ochsenbraterei so günstig ist. Tanja findet die Trinkwasserbrunnen jedenfalls toll, "besonders für Kinder, die nicht ins Zelt dürfen, aber Durst haben". Über die Lage der Brunnen hatte die Familie eben noch gescherzt: Ob man vielleicht nur nach Frau und Mann getrennt trinken dürfe? An einem anderen Trinkwasserbrunnen steht Vivien aus München. Erst nach einer etwas längeren Suche hat sie ihn gefunden und findet jetzt: "Es ist echt eine coole Sache, aber nicht gut genug ausgeschildert." Ihre Sorge ist, "dass vielleicht jemand reinkotzt".
Bisher wurden die Trinkwasserbrunnen noch nicht mit Pissoirs verwechselt
Dass die Trinkwasserbrunnen als Pissoirs missbraucht worden wären, ist zumindest der Wiesn-Festleitung nicht bekannt. Beschwerden, erklärt sie, lägen ihr nicht vor. Manuel Pretzl, Vorsitzender der Fraktion "CSU mit Freie Wähler" im Münchner Stadtrat, der den Antrag für das Gratis-Wasser auf dem Oktoberfest mitgetragen hat, sagt dazu: "Da muss man aber schon arg doof sein."
Ausschließen dürfe man es allerdings nicht, meint der CSU-Mann – wobei sich eigentlich die Aufmachung der Brunnen doch von den Pissoirs deutlich genug unterscheide.
Auch der Münchner SPD-Stadtrat Roland Hefter, der die Idee zu den Trinkwasser-Zapfstellen hatte, kann die Bedenken nicht nachvollziehen: Die Wasserspender seien nicht nur handwerklich sauber gemacht, sagt er. Er selbst habe sie auch bislang ein jedes Mal sehr hygienisch und sauber vorgefunden. Alle hätten sich ihm zufolge über das neue Angebot gefreut.
Einen Hinweis darauf, dass die Bedenken nicht ganz unberechtigt waren und sind und dass das eine mit dem anderen zusammenhängt, gibt schließlich die Festleitung: Die Reinigungsfirma, die auch die Toiletten betreut, habe ein Auge auf die Trinkwasserbrunnen, erklärt sie.