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Oktoberfest 2022: Wird es ein Corona-Superspreader-Event?

Wiesn 2022

Wird das Oktoberfest ein Corona-Superspreader-Event?

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    Nach zwei Jahren Pause soll das Oktoberfest dieses Jahr wieder stattfinden – ohne Corona-Einschränkungen.
    Nach zwei Jahren Pause soll das Oktoberfest dieses Jahr wieder stattfinden – ohne Corona-Einschränkungen. Foto: picture alliance, dpa (Archivbild)

    Hingehen oder nicht hingehen – das ist die große Frage vor dem ersten Oktoberfest seit Beginn der Corona-Pandemie. Am Samstag wird o’zapft und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bereits angekündigt, sich maskenlos in das Spektakel stürzen zu wollen. Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) erklärte hingegen, wegen der Corona-Gefahr nicht zum Oktoberfest-Anstich zu gehen. So oder so Münchens Krankenhäuser stellen sich auf ein größeres Patientenaufkommen ein.

    Aber wie gefährlich ist die Wiesn denn überhaupt? Droht das größte Volksfest der Welt ein Corona-Event der Superlative zu werden oder ist es am Ende gar nicht so schlimm, wenn sich voraussichtlich Millionen Menschen trotz und im schlimmsten Fall mit Corona im Bierzelt versammeln?

    Nach dem Gäubodenfest hatte Straubing die höchste Inzidenz in Deutschland

    Der Blick auf die sich zu Ende neigende Volksfestzeit in Bayern zeigt: An mehreren Orten im Freistaat, an denen größere Feste stattfanden, schnellten danach die Inzidenzen in die Höhe. Beispielsweise im niederbayerischen Straubing stieg die Zahl der Neuinfektionen während des Gäubodenfests und kurz danach massiv an. Knapp eine Woche nach dem Ende lag die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis bei 694,9 und in der Stadt Straubing bei 737,2, damals der höchste Wert bundesweit. Die Zahlen hatten sich im Vergleich zum Beginn des Volksfestes fast verdreifacht. Auch nach der Erlanger Bergkirchweih und nach dem Tänzelfest in Kaufbeuren im August stiegen die Inzidenzwerte in den beiden Städten stark.

    In Kempten hingegen sind die Inzidenzwerte nach der Allgäuer Festwoche kaum höher als zuvor. Auch während des Herbstplärrers in Augsburg ist die Inzidenz in der Stadt bislang stabil geblieben. Dies könne unter anderem damit zusammenhängen, dass viele Infizierte keine oder nur leichte Symptome haben und sich keinem PCR-Test mehr unterziehen, heißt es vom Uniklinikum

    Wiesn-Chef Baumgärtner: Oktoberfest ist kein Superspreader-Event

    Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner ist dennoch davon überzeugt, dass das Oktoberfest kein Superspreader-Event sein wird. Weil große Konzerte und Fußballspiele mit vollen Stadien stattfinden können und das Infektionsschutzgesetz ausdrücklich Volksfeste gestatte, stehe auch der Wiesn nichts entgegen. Wegen der aktuellen Gesetzeslage seien behördliche Auflagen, wie etwa Zugangsbeschränkungen oder verpflichtende Hygienekonzepte, nicht möglich, sagt eine Sprecherin des Gesundheitsreferats der Stadt München. Der Einfluss der Stadt als Veranstalter beschränke sich auf die Straßen auf dem Festgelände unter freiem Himmel. Auf den ihnen überlassenen Flächen haben Schausteller- und Gastronomiebetriebe das Hausrecht. Die Entscheidung, welche Hygienemaßnahmen ergriffen werden, liege bei ihnen.

    Und so wird es auf der Theresienwiese und in den Bierzelten auch keine besonderen Corona-Einschränkungen oder Regeln geben. "Weil wir keine Maßnahmen sehen, die grundlegend was bringen würden", erklärte unlängst Wirte-Sprecher Peter Inselkammer dem Bayerischen Rundfunk. Laut dem Referat für Arbeit und Wirtschaft sind Sanitäreinrichtungen und Zelte ausreichend belüftbar, die Dachkonstruktion der Zelte ermögliche in der Regel einen regelmäßigen Luftaustausch und in den Toilettenanlagen sind Wasser und Seife zur Handhygiene verfügbar.

    Corona ist nicht die größte Sorge bei den Münchner Krankenhäusern

    In den Krankenhäusern in München macht man sich derweil offenbar keine größeren Sorgen vor der Wiesn als sonst. "Wir gehen nicht davon aus, dass Corona die Versorgungsabläufe während der Wiesn-Zeit wesentlich beeinflussen wird", sagt Professor Dr. Markus Wörnle, Leiter der Zentralen Notaufnahme des LMU Klinikums Innenstadt. Die Versorgung von Corona-positiven Patientinnen und Patienten spiele momentan eher eine untergeordnete Rolle. "Selbst, wenn das Oktoberfest zu vermehrten Infektionen führen wird, werden sich diese nicht so schnell auf den klinischen Betrieb auswirken."

    Trotzdem rechne man auch dort mit mehr Arbeit in der Oktoberfestzeit. "Wir haben als Klinikum in der Innenstadt in unmittelbarer Nachbarschaft zur Theresienwiese regelmäßig zur Oktoberfestzeit ein deutlich erhöhtes Patient:innenaufkommen", sagt Wörnle. Hierbei könne man auf Abläufe zurückgreifen, welche sich bereits in früheren Jahren während der Wiesn bewährt haben. Der Rettungsdienst bringe kaum noch Betrunkene zum Ausnüchtern, diese würden in der Regel in der Sanitätsstation auf der Wiesn behandelt. Im Klinikum behandele man etwa Herzinfarkte, Lungenembolien oder Lungenentzündungen.

    Deutlich erhöht sei in der Oktoberfestzeit auch die Zahl an Patientinnen und Patienten, die eine chirurgischen Behandlung benötigen. "Hier kann es durchaus auch zu sehr schweren Verletzungen mit Einbeziehung verschiedener Körperregionen kommen, dem sogenannten Polytrauma", erklärt Wörnle. Zu solchen Verletzungen könne es beispielsweise durch Schlägereien oder nach einem unglücklichen Sturz unter starkem Alkoholeinfluss kommen. Am Universitätsklinikum rechts der Isar, das zur Technischen Universität München gehört, wird deswegen vor allem das Notfallzentrum während der gesamten Dauer des Oktoberfests verstärkt.

    Für die Wiesn wurden keine weiteren Teststationen eröffnet

    Wer sich vor oder nach dem Wiesn-Besuch auf Corona testen will, hat viele Anlaufmöglichkeiten. Derzeit gebe es insgesamt 143 Teststationen in München mit einer Gesamtkapazität von rund 70.000 Tests pro Tag, teilt das Gesundheitsreferat mit. Diese seien zurzeit zu weniger als 19 Prozent ausgelastet. Kapazitäten für zusätzliche Testwillige seien also vorhanden. Zusätzlich gebe es insgesamt 115 Apotheken im Stadtgebiet, die Testungen anbieten.

    Weitere Teststationen werde es nicht geben, da nach Vorgaben der Coronavirus-Testverordnung des Bundes seit dem 1. Juli 2022 keine weiteren privaten Teststellenbetreiber mehr beauftragt werden. Das schließe auch, nach den Vorgaben des bayerischen Gesundheitsministeriums, Ortswechsel von bereits beauftragten Betreibern mit ein. Deshalb sei es nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich, im Umkreis der Wiesn neue Teststellen zuzulassen.

    Infektiologe der LMU: Erste Herbstgrippe holt man sich auf dem Oktoberfest

    Allerdings ist Corona nicht die einzige Infektionskrankheit, vor der sich Wiesn-Besucher in Acht nehmen müssen. "Wir wissen seit langem, dass die erste Welle der grippalen Erkrankungen im Herbst sehr stark mit der Wiesn zusammenhängt", sagte kürzlich Johannes Bogner, Leiter der Sektion Klinische Infektiologie am LMU-Klinikum der Universität München. Das Phänomen sei seit über 100 Jahren bekannt. "Die erste Herbstgrippe, die holt man sich auf dem Oktoberfest."

    Hinsichtlich der Affenpocken sind sich Gesundheitsexperten einig: Die Ansteckungsgefahr ist auf dem Volksfest gering, wenn man sich nicht sehr nahe kommt. Die überwiegende Mehrheit aller Infektionen trat bisher nach sexuellen Kontakten auf. (mit dpa)

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