Im Rechtsstreit um eine tödliche Kuh-Attacke in Österreich hat das Oberlandesgericht (OLG) Innsbruck die Schadenersatzforderungen der Hinterbliebenen nun rechtskräftig zurückgewiesen. Damit muss der Almwirt nicht die von der Erstinstanz verhängten 80.000 Euro plus Zinsen an Ehemann, Tochter und Enkelin der Verstorbenen zahlen, teilten die Anwälte des Beklagten und ein Gerichtssprecher am Donnerstag mit. Das OLG hielt in seiner Entscheidung fest, dass Weide- und Almflächen nicht zwingend abgezäunt werden müssen, sofern es nicht bereits in der Vergangenheit zu Vorfällen mit den Tieren gekommen sei. Außerdem hätte es im vorliegenden Fall ohnehin einen durch einen Zaun abgesicherten Ausweichweg gegeben.
Opfer wollte Tiere fotografieren
Die 70-jährige Einheimische und ihr Hund waren 2017 im Tiroler Erl (Bezirk Kufstein) von Kühen zu Tode getrampelt worden. Auf dem Rückweg von einer Alm hatte sich die Hundehalterin entschieden, durch freies Almgelände zu gehen. Auf der Almwiese sei sie auf Mutterkühe und ihre Kälber gestoßen, die dort ausweislich von Fotos zunächst friedlich gelegen hätten, so ein Gerichtssprecher weiter. Erst als sich die Frau und ihr Hund den Tieren für ein Foto genähert hätten, seien die Kühe aggressiv geworden. Auf der Flucht stürzte die 70-Jährige und wurde überrannt.
Fall von 2014 mit Attacke auf Deutsche anders gelagert
Das OLG-Urteil steht im Gegensatz zu einem Urteil im Tiroler Pinnistal. Dort wurden 2014 eine 45-jährige Deutsche aus Bad Dürkheim und ihr Hund von Kühen attackiert und getötet. Das OLG sprach sowohl dem Opfer als auch dem Bauern eine Teilschuld zu. Dem Landwirt sei nämlich bekannt gewesen, dass seine Mutterkühe sensibel und aggressiv auf Hunde reagierten, argumentierte das Gericht damals unter anderem.
Unterschiedliche Reaktionen
Der Präsident der Tiroler Landwirtschaftskammer Josef Hechenberger begrüßte "trotz der tragischen Umstände" die Entscheidung des Gerichts. Diese sei richtungsweisend für die Almwirtschaft. Der OLG-Sprecher erklärte: "Das ist eine Einzelfall-Entscheidung. Es kommt immer auf die Umstände an. Das Urteil ist weder für Landwirte noch für Wanderer eine Art Persilschein."
(dpa)