Felix Mezei sagt von sich selbst, er sei verrückt. Verrückt nach König Ludwig II. Verrückt nach Bayern. Und verrückt nach Legosteinen. Der 49-Jährige lässt seinen Blick nun schweifen über das, was er als sein Meisterwerk bezeichnet: Schloss Neuschwanstein – gefertigt in dreijähriger Kleinarbeit aus 57.640 Lego-Bausteinen.
An diesem sonnigen Vormittag hat der Rumäne sein 40 Kilo schweres Modell am Originalschauplatz in Schwangau aufgebaut. Rund eine halbe Stunde benötigt Mezei, um die Komponenten zusammenzusetzen. Dann streicht er stolz über das graue Plastikdach seines Modells und sagt: „Mein Herz hängt an Neuschwanstein und diesem König.“
Schloss Neuschwanstein aus 57.000 Legoteilen: Die kuriose Geschichte des Felix Mezei
Wie anders wäre es auch sonst zu erklären, dass ein aus Siebenbürgen stammender Mann drei Jahre seines Lebens opfert, um ein möglichst detailgetreues Abbild des Märchenschlosses von Ludwig II. zu schaffen? Was ihn an Neuschwanstein so fasziniere, wisse er nicht. Nur, dass er wieder und wieder nach Schwangau kommen müsse, um dem Bauwerk nahe zu sein.
17 Mal reiste Mezei schon ins Allgäu. Dabei übernachtete er meist auf dem Hof der Familie Keller in Enzenstetten bei Seeg. Auch jetzt ist er wieder für mehrere Wochen dort. Diesmal, aber nicht, um wichtige Beobachtungen für sein Modell aus dem dänischen Kinderspielzeug zu machen, sondern um sein Werk zu vermarkten.
Nachbauanleitung zum Lego-Schloss umfasst 6000 Seiten
Mezei hat eine mehrere hundert Seiten starke Gebrauchsanleitung verfasst, die er über einen Shop für 147 Euro verkauft. Lego-Fans aus aller Welt sollen so die Möglichkeit bekommen, Neuschwanstein selbst nachzubauen. „Ohne arrogant klingen zu wollen, aber mein Modell ist das beste von Neuschwanstein, das es gibt“, sagt Mezei. Schon andere vor ihm hätten den Bau von Ludwig II. mit Legosteinen nachgebildet. Doch so detailgetreu wie er habe das keiner gemacht, behauptet Mezei. Belegen kann er das anhand von Merkmalen wie dem Heiligen Georg an der Fassade des Schlosses oder Otto von Wittelsbach, der im Original wie im Modell auf dem Dachfirst thront.
Entstanden ist seine Neuschwanstein-Replik in Siebenbürgen (Rumänien). Dort nutzte Mezei die Corona-Zeit mit Ausgangssperre und Kontaktbeschränkung dazu, seinen Traum zu verwirklichen. Dabei war er erst 2012 in Berührung mit Lego-Bausteinen gekommen. „Sowas kannten wir im Kommunismus nicht“, sagt Mezei. Nach und nach vertiefte er sich in die Welt des Kinderspielzeugs, fertigte auch erste Modelle zu kommerziellen Zwecken an. Etwa eine Nachbildung des aus der Habsburger-Zeit stammenden Casinos von Cluj.
„Aber das alles ist kein Vergleich zu dem, was ich jetzt gemacht habe“, sagt Mezei. Die Vorarbeiten für sein Neuschwanstein-Modell gehen bis ins Jahr 2019 zurück. „Du kannst ja nicht einfach loslegen und zu bauen beginnen“, sagt er. Vielmehr sei die Herausforderung gewesen, alle verfügbaren Lego-Originalbauteile im Kopf zu haben und sie auf das Neuschwanstein-Projekt zu übertragen. „Ich habe nur Teile verwendet, die Lego auch tatsächlich gebaut hat und sie nicht bearbeitet“, sagt Mezei.
Rumäne will Lego Schloss Neuschwanstein im Allgäu für 17.000 Euro verkaufen
Eine große Herausforderung. Denn die dänische Firma stellte bislang 12.000 verschiedene Komponenten her. Mezei musste sie alle bei der Planung im Hinterkopf behalten. Ursprünglich dachte der Rumäne, sein Projekt sei in wenigen Wochen abgeschlossen. Doch aus Wochen wurden Monate und aus Monaten wurden Jahre. Wie ein besessener arbeitete der 49-Jährige an seiner Schloss-Replik, kaufte von überall her Teile ein – ohne dafür aber die Unterstützung des dänischen Konzerns in Anspruch zu nehmen. Denn er sieht sich selbst als Künstler.
Doch auch Kunst hat ihren Preis. Schließlich hat Mezei, der früher im Vertrieb für Coca-Cola und den belgischen Imbef-Bierkonzern arbeitete, drei Jahre nichts anderes gemacht, als Lego zu bauen. Im Allgäu will er sein Schloss deshalb jetzt vermarkten. 17.000 Euro ruft er für den Kauf des Gesamt-Modells aus. Vier Leute hätten sich schon gefunden, die ihm sein Neuschwanstein abkaufen. 77 Fans orderten bereits die Anleitung zum Nachbau im Internet. Sein nächstes Projekt? Es gebe keines, sagt Mezei. „Wenn du einmal Jesus gemalt hast, malst du ja auch keine Heiligen mehr.“