Wer zuletzt geblitzt wurde oder ein Knöllchen bekommen hat, wird es gemerkt haben: Die Strafen fürs Rasen und Falschparken sind merklich gestiegen – seit November 2021 gilt im Straßenverkehr der neue Bußgeldkatalog. Fährt man innerorts 16 bis 20 Kilometer pro Stunde zu schnell, zahlt man etwa 70 Euro statt wie zuvor 35 Euro. Profiteure sind die Städte und Gemeinden – in Bayern verzeichnen sie heuer teils deutlich höhere Einnahmen.
Die Stadt Augsburg hat nach eigenen Angaben im Jahr 2022 bis Ende August rund 3,79 Millionen Euro durch Verwarnungs- und Bußgelder eingenommen, die entweder bei Verstößen im fließenden oder im ruhenden Verkehr (Falschparken) verhängt wurden. Im gleichen Zeitraum 2019, vor Corona, waren es 2,76 Millionen Euro (2021: 2,77 Mio.). Die Steigerung sei maßgeblich auf den erhöhten bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog zurückzuführen, da es in Augsburg nicht zu vermehrten Verkehrskontrollen gekommen sei, erklärt die Stadt auf Nachfrage unserer Redaktion.
München verzeichnet doppelt so hohe Bußgeld-Einnahmen wie im Vorjahr
Auch andere bayerische Großstädte profitieren finanziell erheblich von der Bußgelderhöhung. So hat München im ersten Halbjahr 2022 insgesamt 7,49 Millionen Euro eingenommen. Das ist mehr als doppelt so viel wie im vergangenen Jahr – die Landeshauptstadt nahm im ersten Halbjahr 2021 nur 3,58 Millionen Euro ein (2019: 5,8 Mio.). Nürnberg nahm von Januar bis August 2022 rund 6,53 Millionen Euro ein, 2021 waren es 3,54 Millionen (2019: 4,44 Mio.). In Würzburg sind die Einnahmen von 1,28 Millionen im ersten Halbjahr 2019 auf 1,59 Millionen im gleichen Zeitraum 2022 gestiegen.
Eine besondere Verwendung für die zusätzlichen Millionen gibt es indessen in Augsburg und München nicht, teilen Sprecher der beiden Städte mit. "Es gilt der haushaltsrechtliche Grundsatz der Gesamtdeckung", heißt es aus Augsburg – alle Einnahmen dienen somit der Deckung aller Ausgaben und werden keinem bestimmtem Zweck zugeschrieben. Gleiches gelte auch für München, wenngleich es in der Erklärung der Stadt heißt: "Das ist sicher keine irrelevante Größenordnung und jede Einnahme ist uns angesichts der notwendigen Investitionen willkommen." Mit Blick auf den Gesamthaushalt der Landeshauptstadt – dieser lag 2021 bei 8,1 Milliarden Euro – mache es aber "nicht den Löwenanteil aus", so der Sprecher.
Für die Städte in der Region war Blitzen nicht immer ein gutes Geschäft
Auch den Städten in der Region kommen die Mehreinnahmen gelegen. Schwabmünchen hat in den vergangenen Kalenderjahren jeweils rund 35.000 Euro eingenommen. Allein bis Ende August sind es im laufenden Jahr dagegen bereits über 50.000 Euro. Die Überwachungszeiten seien gleich, die Mehreinnahmen resultierten allein aus der Anhebung der Sätze, teilt das Ordnungsamt der Stadt mit. Das hat positive Folgen: Früher überstiegen die Ausgaben für die Verkehrsüberwachung die Einnahmen aus den Verwarnungs- und Bußgeldern. Seit Anfang des Jahres halten sie sich die Waage – und bis Ende des Jahres zeichnet sich ein geringes Plus ab. "Für die Stadt Schwabmünchen stand schon immer die Verbesserung der Verkehrssicherheit im Vordergrund. Die Absicht Gewinne zu erzielen war – und ist auch künftig – nicht angedacht", so die Erklärung.
Ähnlich sieht es in Günzburg aus, wo bereits jetzt die Einnahmen von 2022 (192.700 Euro) die aus den vergangenen Jahren übertreffen (2019: 142.300). Auch hier wurde bislang nach Abzug der anfallenden Kosten defizitär gewirtschaftet, heißt es aus dem Büro des Oberbürgermeisters. 2022 werde aber voraussichtlich ein Gewinn erzielt. Auch Kempten profitiert: 2022 liegen die Einnahmen zwischen Januar und Mitte September bei 658.600 Euro, 2019 waren es im gleichen Zeitraum 579.900 Euro. In Neuburg zeichnen sich – entgegen dem Trend – noch keine höheren Einnahmen ab. 2021 nahm die Stadt 343.000 Euro ein, im laufenden Jahr sind es bislang 247.000 Euro. Derzeit seien jedoch nur drei Überwacher unterwegs, 2019 bis 2021 seien es vier gewesen.
Anzahl der Kontrollen im Freistaat wurde nicht erhöht
Nicht nur die Kommunen verdienen an Rasern, sondern auch der Freistaat. Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt in Straubing ist für die Ahndung aller Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständig, die von der bayerischen Polizei festgestellt wurden. "Monetäre Erwägungen spielen bei dem Ziel der erhöhten Verkehrssicherheit keine Rolle", teilt die Behörde mit. Die Anzahl der Messungen und die Messdauer bei der Verkehrsüberwachung seien seit Erhöhung der Bußgelder bayernweit annähernd gleich geblieben.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begrüßt die höheren Strafen und gibt zu bedenken: "Es wäre nicht verkehrt, mehr Personal für Kontrollen einzustellen, denn ohne eine gewisse Wahrscheinlichkeit, für Fehlverhalten sanktioniert zu werden, wirken auch erhöhte Bußgelder nicht." Wenn etwa neue Radwege angelegt werden, müssten sie entweder gegen Zuparken geschützt oder durch regelmäßige Kontrollen freigehalten werden.
Ob die erhöhten Bußgelder tatsächlich die Sicherheit erhöhen, ist noch nicht klar. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes gab es im ersten Halbjahr auf den Straßen in Deutschland bei Unfällen wieder mehr Tote und Verletzte als im vergangenen Jahr. (mit dpa)