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Naturschutz: Bayern verbraucht weiter zu viel Fläche

Naturschutz

Bayern verbraucht weiter zu viel Fläche

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    Durch Großbauprojekte werden in Bayern täglich viele Hektar versiegelt. Naturschützer fordern seit Langem konkrete Maßnahmen, um das vereinbarte Ziel von fünf Hektar am Tag bis 2030 auch zu erreichen.
    Durch Großbauprojekte werden in Bayern täglich viele Hektar versiegelt. Naturschützer fordern seit Langem konkrete Maßnahmen, um das vereinbarte Ziel von fünf Hektar am Tag bis 2030 auch zu erreichen. Foto: Gottfried Czepluch, Imago

    Beim Flächenfraß komme Bayerns Staatsregierung keinen Schritt voran, sagt Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag. „Dabei müssen wir gerade mit Blick auf schwere Unwetter wie beispielsweise der Hagel und Starkregen, der vor Kurzem auch in Schwaben große Schäden verursacht hat, aber auch mit Blick auf intensive Hitzeperioden die Versiegelung unseres Bodens dringend stoppen.“ Doch die Staatsregierung habe keinerlei konkrete Maßnahmen, „die Staatsregierung versagt bei der Reduzierung des Flächenverbrauchs seit Jahren“. 

    Hartmann: „Zukunftsvertrag ist nur Wahlkampfpapier“

    Der neue Zukunftsvertrag mit dem Bayerischen Bauernverband ist für Hartmann „nur ein Wahlkampfpapier“. Auch dort steht zwar, wie im Koalitionsvertrag auch, dass man eine Begrenzung des Flächenverbrauchs auf fünf Hektar pro Tag bis 2030 erreichen will, „die fünf Hektar sind aber nur ein Richtwert, kein verbindlicher Wert, der Folgen hat“, erklärt Hartmann im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die CSU spricht nur sonntags von der Flächenreduzierung und betoniert am Montag weiter drauflos“, sagt Hartmann, der davon überzeugt ist, dass eine stufenweise Reduzierung in Kooperation mit den Kommunen längst machbar wäre. „Das beginnt bei den Gewerbegebieten, die endlich keine ebenerdigen Parkplätze mehr haben, sondern Tiefgaragen oder Parkhäuser. Discounter und Drogeriemarkt können doch auch übereinander gebaut sein. Dafür braucht es aber eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt.“ 

    Ein Blick in die Statistik zeigt, dass der Flächenverbrauch in Bayern zwar zuletzt gesunken ist, man aber noch weit vom angestrebten Ziel entfernt ist: So lag der tägliche Flächenverbrauch 2021 bei durchschnittlich 10,3 Hektar pro Tag, für 2022 gibt es noch keine Zahlen. Im Jahr 2020 lag er noch bei 11,6 Hektar und 2019 bei 10,8 Hektar. 

    Der Stillstand beim Thema Flächenfraß treibt auch den Bund Naturschutz in Bayern um: Landesbeauftragter Martin Geilhufe fürchtet, dass im nächsten Koalitionsvertrag nicht einmal mehr der Richtwert von fünf Hektar am Tag verankert sein könnte. Hintergrund sind die aktuellen Krisen, darunter vor allem auch die wirtschaftliche. In Zeiten, in denen Menschen ohnehin unter steigenden Lebensmittelpreisen, Bau- und Heizkosten stöhnen, seien Themen, die mit einer Begrenzung einhergehen, unpopulär. Desto wichtiger ist es aus seiner Sicht, die breite Bevölkerung für dieses zentrale Umweltthema stärker zu sensibilisieren. „Boden ist ein begrenztes Gut, das nicht nur Wasser speichert, sondern noch viel mehr überlebenswichtige Funktionen übernimmt.“ 

    Der gemeinsame Weg wurde jetzt verlassen

    Und die Naturschützer haben hier eigentlich starke Partner an ihrer Seite, sagt Geilhufe: die Landwirtinnen und Landwirte. Der Bayerische Bauernverband habe auch bereits für ein erneutes Volksbegehren gegen die zunehmende Versiegelung Sympathie erkennen lassen, wenn nicht endlich ein konkreter Plan vorgelegt wird. Umso größer ist nun der Ärger, dass die Bauern in dieser Woche ohne die Naturschützer mit der Staatsregierung einen Zukunftsvertrag unterzeichnet haben: „Damit wurde der eingeschlagene gute Weg, alle an einen Tisch zu holen, um unsere Böden besser zu schützen, einfach verlassen“, sagt Geilhufe im Gespräch mit unserer Redaktion. Mit dem Zukunftsvertrag gibt es zwar weiter das Ziel, den Flächenverbrauch zu reduzieren, und es fließe Geld, „aber es gibt wieder keinen Weg, wie wir die Versiegelung wirklich reduzieren“. 

    Das sieht Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber anders. Die CSU-Politikerin verweist auf unsere Anfrage hin als Erstes darauf, dass landwirtschaftliche Flächen im Freistaat von vielen Seiten unter Druck stünden: „Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung, der Ausbau der erneuerbaren Energien und eine entsprechend leistungsfähige Infrastruktur auf der einen Seite – Flächen für den Naturschutz und Rückzugsgebiete für seltene Tiere und Pflanzenarten auf der anderen.“ Dennoch hat sich aus ihrer Sicht viel bei dem Thema getan. So würden beispielsweise Kommunen auch gezielt dabei unterstützt werden, Leerstände und Flächenpotenziale in den Dörfern besser zu nutzen. Und sie habe im neuen Landesentwicklungsprogramm (LEP), das in diesem Sommer in Kraft getreten ist, den Schutz landwirtschaftlicher Nutzflächen erstmals als Ziel eingebracht und im Landtag verteidigt. 

    Auch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) erklärt auf unsere Anfrage: „Boden ist nicht vermehrbar.“ Der Schutz von Böden und Flächen sei wichtig für unsere Ökosysteme. Er betont: „Flächenschutz geht nur gemeinsam. Wir wollen den Flächenverbrauch im Freistaat deutlich und dauerhaft senken. Dabei setzen wir auf eine enge Partnerschaft mit den Kommunen.“

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