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Lesetipp
26.12.2021

Wie viel Lebenszeit bleibt dem wohl ältesten Baum Bayerns?

Herrlich: Der Ausblick vom Standort der Eibe aus.
Foto: Ralf Lienert

In den Bergen über Balderschwang steht der vielleicht älteste Baum Bayerns. Er überlebte sogar eine Eiszeit und bislang auch den Klimawandel.

Dieser Text stammt aus unserem Archiv und ist erstmals am 28. Juni 2021 erschienen.

Als ihre Geschichte begann, hatte die Eibe das Balderschwanger Tal noch für sich allein. Teilte es nur mit den anderen Bäumen des Bergwalds. Erst im 14. Jahrhundert kamen Bauern aus dem benachbarten Bregenzerwald, um die Wildnis zu roden. Die Eibe wagte keiner zu fällen. Bis heute nicht.

Ab wann genau Menschen im Tal lebten, ist in der Chronik von Balderschwang – eine der kleinsten Gemeinden Deutschlands und die in größter Höhe – nicht überliefert. Vielleicht war es in den 20er Jahren des 14. Jahrhunderts, als im fernen Köln der neue Domchor geweiht wurde. Oder 1337, als in Frankreich der Hundertjährige Krieg begann. Vielleicht aber auch gegen Ende des Jahrhunderts, als ein kluger Seemann den Kompass erfand. Christoph Kolumbus segelte später nach Amerika, die Eibe wuchs Richtung Himmel.

Heute thront sie stolz am Berghang über Balderschwang, nicht besonders hoch, dafür sehr ausladend und mit leichter Schlagseite Richtung Schwerkraft. Eine Schautafel erklärt Wanderern, dass sie hier nicht vor einem gewöhnlichen Gewächs stehen. Sondern vor dem ältesten Baum Bayerns – oder gar Deutschlands. Das davor gestellte Wörtchen „vielleicht“ auf der Infotafel überlesen die Balderschwanger gerne. Ob „vielleicht“ der älteste oder „definitiv“, es weiß ja keiner so genau.

Konrad Kienle ist bereits der vierte Bürgermeister in seiner Familie.
Foto: Ralf Lienert

Konrad Kienle ist regelmäßig hier oben. Er ist Balderschwangs Bürgermeister, es ist ein Ehrenamt und Kienle versteht es auch so. Er ist das vierte Gemeindeoberhaupt im Stammbaum seiner Familie. Und ein jeder von ihnen fühlte sich für den Schutz der Eibe verantwortlich. Der 60-Jährige mit dem gezwirbelten, grauen Schnauzbart schaut zur Krone hinauf. Mit ihren dichten Nadeln hebt sie sich fast schwarz von der Bergwiese ab. „Ich will mir nicht ausmalen, was wäre, wenn sie ausgerechnet in meiner Amtszeit sterben würde“, sagt Kienle über den Baum. Ein von der Sonne gebleichter Holzzaun schützt die Eibe vor Souvenirjägern. Die Latten stehen so dicht, dass es aussieht, als wachse der Stamm aus grauem Krepppapier heraus. Jetzt um die Mittagszeit ist sogar der Eibenschatten eingezäunt.

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Kienle, im Hauptberuf Hotelier, ist überzeugt davon, dass der Baum mehr als 2000 Jahre alt ist. Zweigeteilt ist sein Stamm. „Bei Jesu Geburt hat hier der Blitz eingeschlagen“, meint Kienle. Und der habe den Baum gespalten. Durch das Loch in der Mitte sieht man den Kirchturm unten im Dorf.

Dieses Loch macht es allerdings schier unmöglich, das wahre Alter der Balderschwanger Eibe zu bemessen. Dass die zwei Stämme mal einer waren, ist nicht unwahrscheinlich. Unter Forstexperten aber kursiert die These, dass sie getrennt voneinander aus der Wurzel wuchsen – und das Jesuskind gar nicht seine Finger im Spiel hatte.

Jeder Baum hat einen Altersfaktor - auch die Eibe

Das mit dem einen Stamm oder den zwei Stämmen, das müsste man freilich schon wissen, um zumindest einigermaßen genau sagen zu können, wann der Baum begann zu wachsen. Denn jeder Baum hat einen sogenannten Altersfaktor. Misst man den Umfang des Stamms und multipliziert ihn mit dem „Faktor Eibe“, kann man sich seinem Alter annähern.

Die Rechnung geht so: Samt Loch hat die Balderschwanger Eibe einen Umfang von rund sieben Metern. Einzeln gemessen kommt jeder Stamm auf deutlich weniger als die Hälfte. Geht man von einem Stamm aus, ist der Baum mindestens 1500 Jahre alt. Legt man den Umfang der beiden dünneren Baumstämme zugrunde, sind es „nur“ 800. In jedem Fall ist die Eibe einer der ältesten Bäume Bayerns. Oder Deutschlands, vielleicht. Auch der wohl berühmteste Baum im Freistaat, die Bavaria-Buche im Kreis Eichstätt, kämpft mit einem geschätzten Alter zwischen 600 und 900 Jahren um diesen Titel. Der „Riesenlinde zu Heede“ im Emsland wird mit 600 bis 800 Jahren ebenfalls ein Rekordalter zugeschrieben.

„Wir haben unsere Eibe ein bisschen in Szene gesetzt“, sagt Konrad Kienle nun und zieht seine Wildlederweste über dem blau-weißen Hemd zurecht. Er sagt das ganz beiläufig, in seinem Gesicht aber liest man den feierlichen Stolz des Politikers, der zufrieden ist: Bank und Holztisch zum Brotzeitmachen, dazu die Infotafel, ein kleines Eibenquiz für Kinder. Auf die hölzerne Sonnenliege wird sich später eine Wanderin legen, die Bergschuhe von den Füßen streifen und in Berliner Dialekt „Herrlich!“ rufen.

Die Eibe von Balderschwang thront auf 1150 Metern Höhe über der Gemeinde im Oberallgäu.
Foto: Ralf Lienert

Auf 1150 Metern Höhe sieht man heute ins gesamte Tal. Jahrhundertelang war das anders, der Baum stand inmitten eines dichten Bergwalds. Bis im 14. Jahrhundert eben die Bauern mit ihren Äxten kamen. Heute grasen um die Eibe herum die Kühe. Warum ausgerechnet sie nicht der Rodung zum Opfer fiel, Konrad Kienle weiß es natürlich nicht. „Ich glaube, sie hat schon immer was Besonderes gehabt.“

Vom Boden aus betrachtet sieht die Krone aus wie das Dickicht eines Dschungels, dünnere Äste hängen wie Lianen Richtung Boden. Sogar in der kleinen Eiszeit zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert – immer waren sie grün. Die frischen, jungen Triebe in Bodennähe leuchten am hellsten. Sie stehen für ein neues Kapitel im langen Leben der Jahrhundert- oder Jahrtausendeibe: für das Zeitalter des Klimawandels.

Zufällig wandert Niklas Lieb vorbei, Ranger im Naturpark Nagelfluhkette. Eigentlich ist er auf der Suche nach dem Schwarzen Apollo, einem Schmetterling, der hier auf den Wiesen unterwegs sein sollte. Doch die Temperaturschwankungen – nicht nur in diesem Frühjahr – haben die Verpuppungs- und Schlüpfzeiten der Falter durcheinandergebracht. Lebensräume mit Pflanzen, die sie als Nahrung brauchen, werden weniger. „Die Folgen sind ja absehbar“, sagt Lieb. Oder anders: Man sieht, dass man nichts sieht auf den Wiesen.

Ein Schwarzen Apollofalter auf einer Blume.
Foto: Thomas Gundelach, dpa

Wie alt die Eibe wohl sein mag? Lieb zuckt mit den Schultern in seinem khakifarbenen Rangeroutfit. „Müsste man mal bohren.“ Eine Dendrochronologie, so nennt man dieses Verfahren, könnte etwas mehr Aufschluss darüber geben. Mit einem winzigen Hohlbohrer wird dafür eine Holzprobe aus dem Stamm entnommen und analysiert. Bei einem zweiten Baumveteran, einer Eibe nahe Oberstaufen, kam die Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) mithilfe solcher Methoden auf ein sicheres Alter von 800 Jahren. In Balderschwang weiß Kienle von keiner solchen Analyse.

Auf den ersten Blick sieht der Bergwald mit seinen vielen Grünschattierungen gesund aus. Doch Hans-Joachim Klemmt wagt auch den zweiten und den dritten Blick. Er schaut in die Zukunft des Waldes, selbst wenn es wehtut. Klemmt ist Abteilungsleiter „Boden und Klima“ bei der LWF. „Zwischen 1961 und 1990 hatten wir in Bayern eine Durchschnittstemperatur von siebeneinhalb Grad. Zwischen 2011 und 2020 ist sie auf neun Grad angestiegen“, sagt der Forstexperte. „Diese Erwärmung geht zu schnell. Wenn sie langsam vonstattenginge, könnten sich die Bäume anpassen. Aber das dauert mehrere Baumgenerationen.“

In den Alpen sind die Temperaturen zwar gemäßigter als auf dem flachen Land. Aber: „Weil es selbst auf den Gipfeln wärmer wird, werden die Bäume in größere Höhen wandern“, sagt Klemmt voraus. „In tieferen Lagen werden andere Arten nachrücken. Fichte, Tanne und Buche werden den Waldaufbau dominieren, da sie an die Wuchsbedingungen am besten angepasst sind.“

Die Douglasie kommt gut mit dem Klimawandel klar

Und wo ist die Eibe, deren Samen so verführerisch karminrot und so giftig sind, in dieser Aufzählung? Beim klimagerechten Umbau des Waldes komme ihr „keine besonders große Bedeutung“ zu, sagt Klemmt. „Es gibt Baumarten, die mit Trockenheit besser zurechtkommen und besser verwertbares Holz liefern. Die Douglasie zum Beispiel ist eine Baumart, auf die man in Zeiten des Klimawandels verstärkt setzt.“ Trotzdem nennt er die Eibe, Baum des Jahres 1994, eine „wertvolle Bereicherung in den Wäldern“.

Bei den Allgäuern war Eibenholz lange Zeit begehrt fürs „Kranzen“, ein alter Hochzeitsbrauch. Wenn ein Paar heiratete – was das Standesamt heute für 150 Euro auch vor den treu miteinander wachsenden Stämmen der Eibe erlaubt –, schmückte ein geflochtener Rundbogen den Hauseingang. „Die schönste Nadel zum Kranzen ist die Eibe“, schwärmt Kienle. Wenn der Sturm eine solche Schönheit fällte, gab es einen besonders edlen Kranz. Die Äste der Berühmtheit vom Hang blieben unangetastet – auch vor rund 40 Jahren, als die Polizei in Balderschwang eine ganze Hochzeitsgesellschaft verhörte. Die Gäste hätten das wertvolle Naturdenkmal geplündert, so der Verdacht. Es war falscher Alarm.

Eine Douglasie. Diese Bäume kommen mit dem Klimawandel besser zurecht als zum Beispiel die Fichte.
Foto: Marcus Merk

Die Eibe selbst braucht kein großes Aufgebot. Sie ist bescheiden in ihren Ansprüchen. „Sie liebt Kalk im Boden, kommt aber mit einem breiten Standortspektrum zurecht“, weiß Klemmt. In Bezug auf den Kalk ist die Nagelfluh-Bergkette perfekt geeignet. Die Eibe lebt dort wie ein Mensch, der jeden Tag sein Lieblingsessen bekommt. Ihr Wasser erhält sie aus dem Berghang.

Der Klimawandel ist auch in Balderschwang angekommen

Doch die vergangenen Jahre haben Bürgermeister Kienle zu denken gegeben. Mehrfach schon seien Quellen trockengelaufen. „Der Klimawandel ist auch bei uns angekommen“, sagt der Bürgermeister, der selbst in der prallen Sonne auf dem Bergplateau nicht zu schwitzen scheint. In der Familie Kienle wird das Wetter genau beobachtet, die Betreuung der Wetterstation im Ort hat Konrad Kienle von seinem Onkel Josef übernommen. Mehr als 40 Jahre lang hatte der in der Wetterstation am Rand des Dorfes einen Metallbehälter geleert und den Niederschlag in einem Messheft notiert.

Zäh, widerstandsfähig und trotzdem im Inneren weich. Mit einer Eibe verglichen zu werden würde Konrad Kleinle gefallen.
Foto: Ralf Lienert

Die LWF dokumentiert die Daten auch. Beim Blick hinein ist Forstfachmann Klemmt zuversichtlich für die biblische Eibe von Balderschwang. „Ich würde das so einschätzen, dass sie noch ein paar Jahrhunderte leben kann. Sie hat das Glück, dass es in den Allgäuer Alpen noch vergleichsweise hohe Jahresniederschläge gibt und die Temperaturen gemäßigter sind als im Flachland“, sagt er.

Konrad Kienles Onkel wurde in einem Zeitungsporträt einmal mit der Eibe verglichen. Seinem Neffen, dem Bürgermeister, gefiele das auch. Vor allem beim Gedanken daran, wie man ihn einmal in Erinnerung behalten soll: „Die Eibe hat viele gute Attribute.“ Sehr zäh sei sie, widerstandsfähig, trotzdem weich im Inneren. „Doch, das würde mir schon passen.“

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