Der Klimawandel macht den Wäldern im Freistaat massiv zu schaffen. Der Anteil der Bäume, die wirklich gesund sind, hat sogar ein historisches Tief erreicht und liegt bei nur noch knapp zwölf Prozent. Vor allem die Trockenperioden der vergangenen Jahre setzen den Bäumen zu, wie aus dem bayerischen Waldbericht 2023 hervorgeht, für den Daten von rund 18.000 Bäumen erhoben wurden.
Vor allem die Nadelbaumarten leiden. Die Fichte etwa, die häufigste Baumart in Bayern, erreicht den schlechtesten Wert seit Beginn der Untersuchungen. "Sie fühlt sich eigentlich in kühleren Regionen wohl, zudem wurzelt sie sehr flach und kann mit Dürren schlechter umgehen", sagt Professor Rupert Seidl vom Lehrstuhl für Ökosystemdynamik und Waldmanagement an der Technischen Universität München (TUM). Was den Waldexperten überrascht: "Auch andere Bäume wie die Waldkiefer, die deutlich mehr Trockenheit verträgt, leiden mittlerweile. Buchen haben ebenfalls Probleme, obwohl die Art eigentlich besser an wärmere Temperaturen angepasst ist." Die Bedingungen seien einfach zu extrem. "Es war jetzt ja nicht nur ein Jahr trocken und warm, sondern mehrere hintereinander."
Schulze: "Der Klimawandel rasiert unsere Wälder"
Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) spricht gegenüber unserer Redaktion von zwei Aspekten, die in Zeiten des Klimawandels zentral seien: "Es gilt erstens, großflächige Waldschäden – etwa durch den Borkenkäfer – zu verhindern, und zweitens, den raschen Umbau hin zu klimastabilen Zukunftswäldern zu bewerkstelligen." Dazu brauche man das Engagement der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer. Kaniber fordert deshalb "auf Bundesebene endlich eine Politik, die sich am ländlichen Raum orientiert. Eine Politik, die aktiven Waldumbau nicht verhindert." Hier laufe gerade vieles in die falsche Richtung, "wie das Wärmeplanungsgesetz oder Bundesförderprogramme zeigen, die auf die Stilllegung von Wäldern abzielen".
Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, sieht auch Verfehlungen in Bayern: „Die Söder-Regierung hat hier viel zu zögerlich und leider auch viel zu spät reagiert. Jetzt läuft uns die Zeit davon, weil der Klimawandel unsere Wälder rasiert." Man brauche jetzt eine konsequentere Forstpolitik. Um den dringend nötigen Umbau zu gesunden, vielfältigeren Wäldern, die mit den Folgen des Klimawandels besser zurechtkommen, zu erreichen, fordern die Landtags-Grünen unter anderem, die Wertschöpfungskette Wald–Forst–Holz in Gänze zu stärken. „Mit Holz als Baustoff können wir aktiv Klimaschutz betreiben. Deshalb sollten beispielsweise staatliche Gebäude oder vom Freistaat bezuschusste Gebäude künftig aus Holz gebaut werden."
In den Wäldern war es deutlich zu warm und zu trocken
In den Ergebnissen der Waldzustandserhebung, die vor Kurzem veröffentlicht wurden, spiegelt sich die Witterung ab der zweiten Jahreshälfte 2022 bis Mitte August 2023 wider. In fast allen Monaten des Berichtszeitraums habe das Monatsmittel der Lufttemperatur an den Waldklimastationen deutlich über den jeweiligen Mittelwerten der Jahre 1961 bis 1990 gelegen. Die Niederschlagsmengen indes hätten häufig darunter gelegen. Im Hinblick auf den Klimawandel gilt die trockenheitstolerante Eiche als wichtige Baumart für die künftige Waldgestaltung. "Man braucht aber einen langen Atem", sagt Experte Seidl. "Wir pflanzen jetzt die Bäume der Zukunft. Aber die Früchte dieser Bemühungen ernten erst unsere Enkel oder Urenkel."
Der Klimawandel macht dem Wald zu schaffen. Deswegen muss er sich verändern. Im Podcast "Augsburg, meine Stadt" sagt Försterin Eva Ritter, wie unser Wald deswegen in hundert Jahren aussehen wird.