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Nachwuchsprobleme: Traumberuf Polizist? Auch in Bayern fehlt es an Bewerbern

Nachwuchsprobleme

Traumberuf Polizist? Auch in Bayern fehlt es an Bewerbern

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    Die Bayerische Polizei hat ein ein Nachwuchsproblem. Die Zahl der Bewerbungen ist in den letzten Jahren zurückgegangen.
    Die Bayerische Polizei hat ein ein Nachwuchsproblem. Die Zahl der Bewerbungen ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Foto: Peter Kneffel, dpa (Symbolbild)

    Springen, Sprinten, Bankdrücken - wer zur Polizei will, muss körperlich fit sein. Mit zitternden Armen drücken die Bewerberinnen und Bewerber beim Einstellungstest der Bayerischen Bereitschaftspolizei in München die Langhantel nach oben, schnaufend laufen sie in der Halle ihre Runden. Die Anforderungen, die die Polizei an ihren Nachwuchs stellt, sind hoch. Doch viele junge Menschen reizt das nicht mehr - oder sie werden von anderen Dingen abgeschreckt. Der Polizei fallen die Bewerber weg.

    Auf der 2. Qualifikationsebene, dem früheren "mittleren Dienst", blieben im Freistaat im Jahr 2022 sowie zum ersten von zwei Einstellungsterminen 2023 im März insgesamt rund 100 Ausbildungsplätze unbesetzt, wie das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Zum einen habe es an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern gefehlt, zum anderen hätten Bewerberinnen und Bewerber auf den angebotenen Ausbildungsplatz verzichtet.

    Grund für den Bewerberrückgang seien politische und gesellschaftliche Entwicklungen

    "Nur durch das Vorziehen von Einstellungswilligen, die für September 2023 geplant waren, auf den Einstellungstermin März 2023 konnte ein Einstellungsfiasko abgewendet werden", sagt Jürgen Köhnlein, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern. "Wir müssen feststellen, dass wir uns im direkten Konkurrenzkampf mit der freien Wirtschaft und anderen Behörden befinden und wir in diesem Wettbewerb gerade ins Hintertreffen geraten."

    Eine der Hauptursachen dafür sieht Köhnlein in den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre: Die Gewalt gegen Beamte nehme zu, "Polizeibashing" sorge zudem für eine Stimmung gegen den Polizeiberuf. "Insofern haben Querdenker, Corona-Kritiker und sonstige Polizei-Hasser schon Teilerfolge erzielt, denn die Attraktivität des Polizeiberufs hat deutlich gelitten", so Köhnlein. "Und das wirkt sich negativ auf Bewerberzahlen aus und zehrt an den Kräften des bestehenden Personalkörpers."

    Für die Bewerber überwiegen die Vorteile die negativen Aspekte

    Die aktuellen Kandidaten in der Münchner Prüfungsstelle hat das nicht von einer Bewerbung abgeschreckt. "Ich denke, dass insgesamt die Vorteile auch die negativen Aspekte ausgleichen können", sagt etwa die 21-Jährige Katja. Sie wolle Polizistin werden, um für andere Menschen da zu sein, ihnen zu helfen, sagt die Studentin. Außerdem finde sie den Job "total spannend".

    Ihr Mitbewerber Noah sieht das ähnlich. Er wolle "das Bild vom Polizisten als Freund und Helfer und als Ansprechpartner für die Bürger vertreten", sagt der 18-Jährige. Sorgen über die Risiken und Nachteile des Berufes mache er sich dabei nicht.

    Zum Einstellungsverfahren kommen Kandidaten aus dem gesamten Spektrum

    Am Morgen waren noch 13 Frauen und Männer zu dem zweitägigen Einstellungsverfahren in der Prüfungsstelle beim Münchner Ostbahnhof angetreten. Manche von ihnen gehen noch zur Schule, andere studieren, machen eine Ausbildung, dienen derzeit bei der Bundeswehr. "Das ganze Spektrum ist mit dabei", sagt Prüferin Huber. Ab 16 Jahren könne man sich bewerben, manche Bewerber seien aber auch Ende 20 oder Anfang 30.

    Nach einem Sprachtest und einem Grundfähigkeitstest, bei dem etwa das logische Denkvermögen oder die Konzentrationsfähigkeit der Bewerber geprüft wird, war für die ersten zwei Anwärter in München bereits Schluss. Polizeiinspektor Hecht muss dann mit Feingefühl die schlechte Nachricht übermitteln: "Für viele geht dann doch irgendwie ein Wunsch nicht in Erfüllung", sagt er.

    Die Zahl der Bewerbungen ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen

    "Die Bayerische Polizei ist nach wie vor ein beliebter Arbeitgeber", sagt Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Sie biete "einen sicheren Arbeitsplatz mit herausfordernden Aufgabenbereichen sowie vielfältigen Karrierechancen und ist ein Arbeitgeber mit einem hervorragenden Ruf". Dennoch sei die Polizei "wie andere Arbeitgeber von den steigenden Herausforderungen bei der Bewerbergewinnung vor allem hinsichtlich der demografischen Entwicklung betroffen", so Herrmann. "Deshalb forcieren wir unsere Nachwuchswerbung und haben dafür eine eigene Expertengruppe eingerichtet."

    Die Zahl der Bewerbungen auf der 2. Qualifikationsebene ging nach Angaben des Ministeriums 2022 zuletzt stark zurück - 10 400 Personen bewarben sich auf 1500 Stellen, 2021 waren es noch 13 600 Bewerbungen auf 1510 Stellen und im Jahr 2020 insgesamt 12 200 Bewerbungen auf 1650 Stellen. Zum März 2023 starteten laut Innenministerium 640 von 4800 Bewerbern ihre Ausbildung.

    Bevor die drei Frauen und sechs Männer, die es in München durch den ersten Prüfungstag geschafft haben, erfahren, ob sie ab kommendem März ihre Ausbildung bei der Polizei beginnen können, erwarten sie noch Einzelinterviews und eine ärztliche Untersuchung. Fürs erste zeigt sich Prüferin Huber aber zufrieden. "Heute war ein ganz gutes Bewerberfeld", sagt sie. "Man hat gesehen, dass sie gut vorbereitet sind, dass sie motiviert waren, Lust haben". (dpa)

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