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Nachtleben: Legendäres P1 in München: In war, wer drin war

Nachtleben

Legendäres P1 in München: In war, wer drin war

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    Für alle, die es nicht reingeschafft haben: So sieht das P1 innen aus.
    Für alle, die es nicht reingeschafft haben: So sieht das P1 innen aus. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Für einen 20-Jährigen, der ein Che-Guevara-Poster in seinem Zimmer hängen und auch sonst allerhand revolutionäre innere Anwandlungen hatte, hätte das P1 eigentlich ein Tabu sein müssen. Doch wie das so ist im Leben, irgendwie hat es einen doch gebitzelt zu erfahren, wie der „Klassenfeind“ und vor allem all die Schönen und Reichen die Nächte in der angesagtesten Disco der Stadt verbringen. 

    Gehört und gelesen hat der junge Mensch in den 80er-Jahren ja jede Menge von Michael Käfers Club im von den Nazis in den 1930er-Jahren errichteten Haus der Kunst - gleich beim Eisbach am Englischen Garten. Stars wie Whitney Houston, Mick Jagger, Marius Müller-Westernhagen und Die Toten Hosen feierten in der vielleicht exklusivsten Avantgarde-Discothek der Welt.

    Der Stones-Sänger tanzte mit Tina Turner, und Whitney Houston hatte ihren ersten Europa-Auftritt im P1. Die Toten Hosen wiederum sollen sich eine Prügelei mit den Türstehern geliefert haben, nachdem sie ihre Getränkepauschale bereits um 23 Uhr aufgebracht hatten.

    Einmal selbst in der Schlange der Schönen vorm P1...

    Das bekannteste am P1 war aber die damals vielleicht härteste Tür der Welt. Selbst der mit Oscar dekorierte Hollywood-Star Dustin Hoffman wurde nicht reingelassen, und auch die berühmten Scorpions abgewiesen, da sie angeblich nicht ins Konzept der Edel-Location passten. Der klassische Hardrocker war damals so out wie in diesen Tagen Skinny-Jeans.

    Und dann kam der laue Sommerabend: Einmal hat man sich also selbst in die Schlange der Schönen vorm P1 eingereiht. Es ist die Geschichte eines Scheiterns, die hier nicht ausgewalzt werden soll. Später hat sich das geändert, allerdings erst, als der Drang, sich die Nächte in einer Disco um die Ohren zu schlagen, schon spürbar nachgelassen hatte. Aber so ist das oft im Leben. Man bekommt die Dinge nicht immer, wenn man sie braucht, wie der Rapper Max Herre singt.

    Im P1 sah man mehr Glamourgirls und Moneyboys als in anderen Diskotheken. Denn hier glaubten selbst ernannte Prinzessinnen ihren (am besten vermögenden) Märchenprinz zu finden. Da war beispielsweise die gut aussehende Textilverkäuferin Babsi (Name geändert) aus Ingolstadt, die schon in den 1980er Jahren für sich die Vier-Tage-Woche einführte, weil sie donnerstags im P1 auf ihren Traumprinzen wartete und freitags quasi arbeitsunfähig war.

    Eine zeitweise Symbiose gingen dort beispielsweise der Fußball-Titan Oliver Kahn und das P1-Bargirl Verena Kerth ein. Er wollte eine Frau zum Vorzeigen, sie einen Mann mit Star-Appeal. Solche Verhältnisse dürften sich vielfach entwickelt haben. Dazwischen tummelten sich die Münchner Adabeis, die zwar weder etwas sind, noch etwas können, aber entsprechend aufgetakelt jede exklusive Veranstaltung Münchens auffüllen.

    Der Torwart des FC Bayern München, Oliver Kahn, und seine damalige Freundin Verena Kerth 2006 im P1, wo sie sich kennenlernten.
    Der Torwart des FC Bayern München, Oliver Kahn, und seine damalige Freundin Verena Kerth 2006 im P1, wo sie sich kennenlernten. Foto: Ursula Düren, dpa

    Die heuer 40-jährige Historie des P1 in München hat eine interessante Vorgeschichte: Sie beginnt bereits 1949. Damals, kurz nach dem Krieg, hatten sich in den Räumen an der Prinzregentenstraße 1 noch amerikanische Offiziere zum Feiern getroffen. Da diese Schwierigkeiten mit der Aussprache des Namens der Adresse hatten, wählte man stattdessen die vereinfachte Kurzform „P One“, also P1. 35 Jahre später verschaffte dann der bekannte Münchner Feinkosthändler Gerd Käfer seinem damals 25 Jahre alten Sohn Michael Käfer mit der coolen Location, wie man heute sagen würde, ein berufliches Sprungbrett.

    Und Käfer junior enttäuschte seinen Daddy nicht. Er hatte im berühmten Studio 54 in New York ein Vorbild gefunden und übertrug das Konzept auf die Schickimicki-Metropole München, wo die Sehnsucht nach dem Sehen und Gesehenwerden noch heute spürbar ausgeprägter ist als in anderen Städten. Und es klappte. Logo!

    Zumal in den 80er-Jahren München noch eine ziemlich angesagte Stadt war, auch für internationale Film- und Musikstars. Denn in den vom legendären Produzenten Giorgio Moroder in den 1970er-Jahre gegründeten Musicland Studios wurde der Sound der Zeit produziert. Und viele der Stars landeten nach den Aufnahmen im P1. Am Ende hieß es: „In ist, wer drin ist“, wie der Spruch ein paar Jahre später auch in der berühmten Dietl-Serie „Kir Royal“ so ähnlich adaptiert wurde. Der beste Tag war damals der Donnerstag. Das Wochenende gehörte den Fußballstars und dem Landadel.

    Sebastian Goller (rechts), hier mit seinem Vater Franz Rauch, führt heute die Nobeldisco.
    Sebastian Goller (rechts), hier mit seinem Vater Franz Rauch, führt heute die Nobeldisco. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Die größten Zeiten hatte die Kult-Diskothek etwa zwischen 1984 und 1993. Noch heute aber befindet sich das „Oanser“ an derselben Adresse. 2010 fand eine Erweiterung sowie ein Umbau statt. Und ja, noch immer gehört es zu den legendärsten Clubs der Stadt. Die Geschäfte führt aber längst nicht mehr Michael Käfer, sondern Sebastian Goller, Sohn des früheren Käfer-Partners Franz Rauch. Der 36-Jährige musste auch schwierigere Phasen wie die Corona-Zeit überstehen. „Aber das haben wir gut hingekriegt“, erzählt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Sein Credo: „Einen guten Club erkennst du nicht an der Einrichtung, sondern an der Beleuchtung und dem Sound. Das Licht ist es, das die Stimmung und Atmosphäre schafft.“

    Am P1 hat sich über die Jahre einiges verändert, manches nicht: „Die Grundidee, am Zahn der Zeit zu bleiben, ist geblieben. Aber der Zahn der Zeit ist heute anders. Bei uns läuft zudem viel mehr elektronische Musik und die Terrasse wird um 19 Uhr statt 23 Uhr geöffnet, um Tagesgeschäft reinzukriegen“, sagt Goller. „Dress well, be nice“, lautet nun das Motto: Zieh dich gut an und sein freundlich. Es fordere dazu auf, man selbst zu sein, Diversity zu leben, berichtet der Geschäftsführer. Das P1 stehe für die Akzeptanz aller Menschen, unabhängig von ihrer sozialen, ethnischen Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer Weltanschauung.

    Am besten sagt man an der Tür freundlich Hallo. Das hilft extrem.

    Sebastian Goller, P1-Geschäftsführer

    Die härteste Tür der Stadt hält Goller übrigens eher für eine Legende. „Ich glaube, das lag schlichtweg daran, dass immer viel mehr Leute reinwollten, als reingepasst haben. Und da kamen halt die zuerst rein, die man kannte. So ist das aber in allen Clubs.“ Heute sei jeder herzlich willkommen, der Lust auf eine gute Party hat. „Und am besten sagt man an der Tür freundlich Hallo. Das hilft extrem“, lächelt Goller.

    Auch das Münchner Nachtleben habe sich verändert: Insbesondere, weil heutzutage beim Thema Kennenlernen und Partnerschaft viel digital ablaufe. „Früher musste man dazu vor die Haustüre gehen. Da gab es keine Dating-Apps, und die Leute sind gerade als Single oft mehrmals die Woche in Clubs gegangen“, weiß Goller, der schon in seiner Jugend gerne Partys veranstaltet hat. Am Ende sei das Kennenlernen aber immer noch das treibende Motiv, sich die Nächte im P1 um die Ohren zu schlagen. Goller weiß: „Es ist halt ein Unterschied, ob man jemand auf dem Bildschirm erlebt oder den anderen direkt in die Augen schauen und riechen kann.“

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