Aufnahmen zeigen Arbeiter, die Tiere mit Knüppeln schlagen, auf sie mit Teppichmessern einstechen, sie bewegungsunfähig über den Boden schleifen und brutal treten. Diese von Tierrechts-Aktivisten gefilmten Szenen lösten bei den Behörden Alarm aus. Gegen den verantwortlichen Landwirt, der bereits zum zweiten Mal in einen Tierschutzskandal verwickelt ist, ermittelt inzwischen der Staatsanwalt; es soll ein Tierhalteverbot verhängt werden.
Eine anonyme Anzeige führte zuletzt zu der Kontrolle
Der Fall aus dem Unterallgäu, über den unsere Redaktion mehrfach berichtet hat, ist der größte von mehreren, die zuletzt ans Licht kamen. Erst vergangene Woche fanden Kontrolleure im Kreis Rosenheim elendiglich vor sich hin vegetierende Rinder, 14 von ihnen waren schon tot. Dort hatte eine anonyme Anzeige zur Kontrolle geführt. Insgesamt gab es „fast ein halbes Dutzend Tierschutzskandale in Bayern allein im laufenden Jahr“, sagt die Landwirtschaftsexpertin der SPD im Landtag, Ruth Müller. „Der aktuelle Fall im Landkreis Rosenheim zeigt: Das System funktioniert einfach so nicht.“
„Wir haben in Bayern Tierschutzskandale fast im Wochenrhythmus.“
Paul Knoblach, Tierschutzexperte der Grünen
Ähnlich sieht das der Tierschutzexperte der Grünen, Paul Knoblach: „Wir haben in Bayern Tierschutzskandale fast im Wochenrhythmus. Das System der Tierschutzkontrollen in Bayern ist endgültig gescheitert.“ Es könne nicht sein, dass die Behörden immer erst durch Informanten auf Missstände aufmerksam würden.
Ministerium weist Vorwurf des System-Versagens zurück
Das Umweltministerium in München weist den Vorwurf des System-Versagens zurück. Veterinärkontrollen finden nach Angaben eines Sprechers in Bayern sowohl risikoorientiert als auch anlassbezogen statt. Diese erfolgen grundsätzlich unangekündigt. Mehr als 12.000 Mal im Jahr rückten die Kontrolleure zuletzt aus. Der Freistaat habe in den vergangenen Jahren insgesamt rund 100 neue Stellen für Amtstierärztinnen und Amtstierärzte geschaffen. Insgesamt gebe es bei Landratsämtern, Regierungen, dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und der KBLV 500 Veterinäre.
Diese Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen wurde nach dem Bayern-Ei-Skandal geschaffen, bei dem in großem Stil mit Salmonellen verseuchte Eier in Umlauf gelangt waren. Die KBLV soll große Tierhaltungen wie die im Unterallgäu im Auge behalten. Für kleinere Höfe sind dagegen die Landratsämter zuständig. Dort aber fehle das Personal, moniert die SPD-Politikerin Müller. Auf fast 1300 Betriebe, die im Oberallgäu Tiere halten, kämen nur sieben Veterinäre. Wie das Umweltministerium auf eine Anfrage Müllers einräumte, hatte das Landratsamt zeitweise zu wenig Leute für die Veterinär-Kontrollen.
Behördenvertreter waren schon früher wiederholt auf dem Hof
Genau in diesem Landkreis wurde Mitte Februar nach einer anonymen Anzeige ein Hof kontrolliert, bei dem die Missstände augenscheinlich waren: 30 tote Tiere, viele weitere verwahrlost. Der Viehbestand wurde umgehend aufgelöst, der Halter ein Fall für den Staatsanwalt. Schon in den Jahren 2020 bis 2023 waren wiederholt die Behörden nach anonymen Beschwerden auf dem Hof, einen konkreten Verstoß gegen den Tierschutz fanden sie aber nur in einem Fall. Bei weiteren Bußgeldern ging es unter anderem um die falsche Lagerung von Kadavern. Was Müller nun nicht versteht: „Wie kann es sein, dass im ganzen Jahr 2024 keine Kontrolle im Bereich Tierschutz mehr stattfand?“ Ihr Vorwurf: Man hätte nach dem Rechten sehen müssen.
Im Ministerium ist man dagegen der Auffassung, dass die Dinge gut geregelt seien. Verstöße gegen den Tierschutz würden geahndet, eine absolute Kontrolle und Sicherheit aber könne es nicht geben. Für eine sofortige Stärkung der Kontrollbehörden und härtere Sanktionen, wie sie die Grünen fordern, bestehe keine Notwendigkeit.
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