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München: "Ein wirkliches Problem": Ärger um Kinderbetreuung in Bayern

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"Ein wirkliches Problem": Ärger um Kinderbetreuung in Bayern

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    In der Kinderbetreuung mangelt es an Personal. Schon nach Berechnungen aus dem Jahr 2017 fehlten im Freistaat rund 30.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
    In der Kinderbetreuung mangelt es an Personal. Schon nach Berechnungen aus dem Jahr 2017 fehlten im Freistaat rund 30.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Foto: Uwe Anspach, dpa (Symbol)

    „Wir haben ein wirkliches Problem“, sagt Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) zur Situation in der Kinderbetreuung. Schon nach Berechnungen des Ministeriums aus dem Jahr 2017 fehlten im Freistaat rund 30.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Weil es immer mehr Kinder gibt, immer mehr Eltern längere Betreuungszeiten wünschen und obendrein der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder schrittweise sichergestellt werden muss, dürfte diese Zahl allerdings überholt sein. Die Opposition im Landtag wirft der Staatsregierung massive Versäumnisse vor. Scharf lässt dies nicht gelten, verweist auf aktuelle Entwicklungen und macht für einen Teil der neuen Probleme die Bundesregierung verantwortlich.

    In den vergangenen zehn Jahren, so Scharf, sei die Zahl der Beschäftigten in der Kinderbetreuung in Bayern um 73 Prozent gestiegen – von 64.000 auf über 110.000. Gleichzeitig gebe der Freistaat bedeutend mehr Geld für junge Familien aus als früher. Die Haushaltsansätze für die Förderung der Kinderbetreuung, die eigentlich Aufgabe der Kommunen sei, seien zwischen 2014 und 2021 von rund 1,6 auf rund 2,9 Milliarden Euro gestiegen, die Familienleistungen von knapp 1,9 auf über 4,1 Milliarden Euro. Das sei eine „riesige Leistung“. Dass es im Bereich der Kinderbetreuung dennoch nicht reicht, liegt nach ihren Worten an dem stetig steigenden Bedarf, der durch die für viele Familien angespannte wirtschaftliche Situation noch verschärft wird.

    Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) macht die Bundesregierung für Problem beim Kita-Ausbau verantwortlich.
    Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) macht die Bundesregierung für Problem beim Kita-Ausbau verantwortlich. Foto: Britta Pedersen,dpa (Archivbild)

    Größere Gruppen sollen flexiblere Betreuung möglich machen

    Um dem großen Fachkräftemangel zu begegnen, will Scharf den Kommunen und den Trägern der Einrichtungen jetzt mehr Spielräume geben. Um zusätzliche Betreuungsplätze zu schaffen, soll der Modellversuch „Mini-Kitas“ ausgeweitet werden. Bisher gibt es 48 solcher Projekte in Bayern. Außerdem sollen zeitlich befristete „Einstiegsgruppen“ möglich gemacht werden. Und auch die „Großtagespflege“, bei der sich Tagesmütter um die Kinder kümmern, soll flexibler gestaltet werden. Der Hintergrund: In diesen Einrichtungen ist es – anders als in regulären Kitas – möglich, größere Gruppen zu bilden und weniger qualifiziertes Personal einzusetzen.

    Die Opposition im Landtag befürchtet eine massive Absenkung der Qualität in der Kinderbetreuung. Johannes Becher, Sprecher für frühkindliche Bildung der Grünen, kommentierte die Pläne Scharfs mit den Worten: „Größere Gruppen und jahrelange Spiel- und Einstiegsgruppen ohne Fachkräfte als Reaktion auf das seit Jahren bestehende Defizit bei den Kita-Betreuungsplätzen ist eine Bankrott- erklärung der Sozialministerin an den eigenen Bildungsanspruch. Viel zu lange hat die Staatsregierung lieber in einkommensunabhängige Gebührenentlastung statt in die Qualität investiert.“

    Opposition kritisiert: Fachkräftemangel wurde zu lange ignoriert

    Die stellvertretende Fraktionschefin der FDP, Julika Sandt, sprach von einem Offenbarungseid der Staatsregierung und sagte in Anspielung auf das bayerische Familiengeld: „Die Staatsregierung brüstet sich immer nur mit teuren Familienleistungen, die den Kindern wenig helfen. Den zunehmenden Fachkräftemangel in Kitas hat sie jahrelang ignoriert.“

    Auch für die Vorsitzende des Sozialausschusses im Landtag, Doris Rauscher (SPD), liegen die tieferen Ursachen für die aktuell schwierige Situation in der Vergangenheit. Bayern habe im Vergleich zu anderen Bundesländern mit dem Krippenausbau zu spät und „auf einem extrem niedrigen Niveau“ begonnen und zu wenig in die Arbeitsbedingungen und die Steigerung der Qualität investiert.

    Umgekehrt übte Scharf heftige Kritik an der Ampelregierung. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) habe ihren Entwurf zur Verlängerung des Gute-Kita-Gesetzes zu spät vorgelegt und einen einstimmigen Beschluss der Länderminister, die sich für eine Fortführung des bisherigen Systems ausgesprochen hatten, ignoriert. Dadurch würden Fördermaßnahmen der Länder blockiert oder in ihrer Existenz gefährdet. Die seit 2016 aufgebauten Sprach-Kitas etwa würden „per Federstrich erledigt“. Dass die Sprachförderung dennoch sichergestellt ist, sei „glatt gelogen“, sagte Scharf. Selbst wenn künftig der Freistaat die Mittel (rund 27 Millionen Euro) zur Verfügung stelle, könnten die Sprach-Kitas von Januar 2023 an nicht eins zu eins fortgeführt werden.

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