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München: Nachricht vom Tod zweier Opfer platzt in Wahlkampfauftritt von Scholz

München

Nachricht vom Tod zweier Opfer platzt in Wahlkampfauftritt von Olaf Scholz

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    Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) (l-r) gehen mit weißen Rosen in den Händen zu der Stelle, wo am 13. Februar ein Auto in eine Verdi-Demonstration gerast war.
    Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) (l-r) gehen mit weißen Rosen in den Händen zu der Stelle, wo am 13. Februar ein Auto in eine Verdi-Demonstration gerast war. Foto: Pia Bayer, dpa

    Die Nachricht vom Tod zweier Anschlagsopfer hat die große SPD-Veranstaltung mit Bundeskanzler Olaf Scholz in München überschattet. Kurz vor dem Auftritt von Scholz muss die Landesvorsitzende Ronja Endres am Samstagabend die schlimme Botschaft überbringen, aus dem Publikum ist Schluchzen zu hören. Kandidatinnen und Kandidaten der SPD ringen um Fassung. Scholz, in dessen Wahlkampagne das Wort „Sicherheit“ eine zentrale Rolle spielt, fordert eine harte Strafe für den Täter. Dieser müsse am Ende abgeschoben werden. „Wir werden uns mit diesen Taten nie abfinden.“

    Der Kanzler hat eine harte Woche hinter sich. Bei den Fernsehduellen gegen Herausforderer Friedrich Merz konnte er kaum Boden gut machen, er liegt in den Umfragen weit zurück. Dann kochte die Affäre um einen Wortwechsel mit dem Berliner Kultursenator Joe Chialo hoch. Den hatte Scholz als Hoffnarr tituliert. Doch davon spricht seit dem Anschlag von München niemand mehr.

    Fast 40 Menschen wurden beim mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag verletzt

    Fast 40 Menschen wurden am Donnerstag bei dem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag verletzt, am Samstag starben eine Frau und ein Kind. Die ohnehin schon hitzige migrationspolitische Debatte wurde noch einmal befeuert.

    Tags darauf hielt US-Vizepräsident James Vance seine inzwischen schon berüchtigte Wutrede auf der Sicherheitskonferenz. Seitdem ist klar: Das Bündnis mit den USA, diese Lebensversicherung für das freie Europa, hat einen tiefen Riss. Die US-Regierung von Donald Trump fördert Radikale wie die AfD und hofiert den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Haltung der Ukraine und der Europäer? Für Trump zweitrangig. Die Außenpolitik, für die der Kanzler Scholz steht, hat nur noch eine schwankende Geschäftsgrundlage.

    Scholz hatte in seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz die Angriffe von Vance entschieden zurückgewiesen. Doch wie würde er sich vor Publikum verhalten? Ein Kanzler auf Abruf, der Regierungschef eines Landes, dessen Bevölkerung laut Umfragen zutiefst verunsichert ist.

    Was also sagt Olaf Scholz in München?

    Der Löwenbräukeller, am frühen Samstagabend. In einer Woche wird hier Friedrich Merz seinen Wahlkampf offiziell beschließen, doch jetzt ist der Keller das Revier von Olaf Scholz. „Olaf Scholz im Gespräch in München“ heißt die Veranstaltung der bayerischen SPD. Heimspiel also, allerdings mit einem kleinen Makel. Begrüßt wurde Scholz von Münchens dritter Bürgermeisterin Verena Dietl. Der Münchner Rathauschef Dieter Reiter, wohl derzeit Bayerns populärster Sozialdemokrat, war der Verunstaltung fern geblieben. Begründung: Der Oberbürgermeister hält Scholz für den falschen Kandidaten, hatte sich öffentlich für Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ausgesprochen. Für Reiter war es daher nur konsequent, fern zu bleiben.

    Scholz zeigt sich von diesen ganzen Begleiterscheinungen unbeeindruckt. Die Münchner Sicherheitskonferenz mit dem Auftritt von Vance nennt er einen „denkwürdigen Tag“ und weist die Aussagen des Vizepräsidenten noch einmal zurück. „Wir bestimmen schon selber, wen wir wählen.“ Dafür gibt es Applaus, mehr noch für Scholz’ klare Absage an jedwede Zusammenarbeit mit der AfD.

    Bei derartigen Veranstaltungen, so sieht es das Konzept, vor, gibt es nur eine kurze Rede des Kanzlers. Ansonsten antwortet er auf Fragen. So auch in München. Scholz steht nicht an einem Rednerpult, sondern in einem Kreis, das Publikum um ihn herum. Die Themen sind breit gestreut: Mieten, Renten, Staatsverschuldung oder Ärger mit der Bürokratie. Er antwortet aus dem Stegreif, die Fragesteller bei dieser Parteiveranstaltung sind, das ist zu hören, der SPD und ihren Zielen zugeneigt.

    Olaf Scholz: „Es ist sehr bedrückend, hier zu stehen.“

    Doch dem Anschlag vom Donnerstag ist nicht zu entkommen. Auf einmal meldet sich ein Mann und sagt, er sei ein Opfer des Anschlags und sagte direkt zu Scholz: „Ich bin froh, dass es sie gibt.“ Antwort Scholz: „Ich bin berührt.“ Nach einer Stunde ist die Runde vorbei. Es gibt 56 Sekunden Applaus und danach die Gelegenheit zum Selfie mit Scholz.

    Zuvor war der Kanzler am Samstag an der nur einen Steinwurf entfernten Stelle des Attentats. Er legte zusammen mit Münchens OB Dieter Reiter und Verkehrsminister Volker Wissing jeweils eine weiße Rose nieder, sprach mit Einsatzkräften. Für eine Stellungnahme vor rund 20 Kamerateams kehre er noch einmal an den Ort des Anschlags zurück. Scholz sprach weniger als zwei Minuten und so leise, dass er schon in wenigen Metern Entfernung kaum noch zu verstehen war. „Es ist sehr bedrückend, hier zu stehen.“ Der Kanzler dankte den Einsatzkräften, sprach von der vollen Härte des Gesetzes für den Attentäter und sagte dann noch, das Land müsse zusammenrücken. Insgesamt war die Seidlstrasse dafür mehr als eine Stunde gesperrt.

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    2 Kommentare
    Gerold Rainer

    Volle Härte des Gesetztes? Was für sinnlose Worthülsen! Mehr als lebenslang einsperren gibt es nicht. Eine Abschiebung von Mördern am besten noch mit einem Reisegeld, käme einen Ritterschlag gleich. In Trauer auch mit den Opfer vom Blutbad in Villach (Österreich). Im übrigen hat ein zweiter Syrer verhindert, dass der erste noch mehr Menschen abstechen konnte.

    Franz Wagner

    Die üblichen Worthülsen ohne dass dem Taten folgen...

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