In 40 Minuten von München nach Berlin – das ist das Zukunftsversprechen des Hyperloops. Mit etwa 900 Kilometern in der Stunde sollen Passagiere in einer fensterlosen Kapsel, wie in einer Art Rohrpost von einer Stadt in die andere geschleudert werden. Europas erste Teststrecke in Realgröße steht in Ottobrunn bei München, ist 24 Meter lang und hat den Freistaat etwa 3,5 Millionen Euro gekostet. Eine Investition in eine Idee mit "Superpotenzial", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jüngst bei der Eröffnung.
"Es geht darum, die Reisezeiten vom Fliegen auf dem Boden zu ermöglichen", erklärt Projektleiter Gabriele Semino. Er betreut das ambitionierte Vorhaben an der Technischen Universität München und ist vom Erfolg überzeugt: "Der Hyperloop wird nicht alle Probleme lösen, aber er kann Europa als Kontinent näher zueinander bringen und die Städte miteinander verbinden. Dafür ist er die beste Lösung." Das sehen längst nicht alle so.
Experte kritisiert die Grundannahme des Hyperloops
Ist das also die Zukunft des Reisens? Mobilitätsforscher Andreas Knie ist eher skeptisch, er kritisiert die Grundannahme des Konzepts, denn: "Für die Zugentfernung ist es nichts." Der Experte vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung lehnt die Technologie nicht grundsätzlich ab, erachtet einen Einsatz jedoch erst für sehr lange Strecken als sinnvoll. Das Problem sei nicht der Verkehr auf der Schiene, der ließe sich mit überschaubarem Aufwand optimieren: "Eine vernünftige Schiene kann 350 bis 380 km/h locker schaffen, wie etwa in China und Japan." Die daraus resultierende kürzere Reisezeit sei für die meisten Menschen vollkommen ausreichend.
Dennoch sei die Hyperloop-Technologie interessant und für den Fernverkehr durchaus eine Option. Angesichts einer erst kürzlich erreichten Rekordzahl an Flügen müsse man bei Strecken über 1000 Kilometer Entfernung über neue Wege nachdenken. Aktuelle Flugzeuge seien schlichtweg nicht effizient genug, die Düsentriebwerke wahre "Energievernichtungsmaschinen", so Knie: "Wir wollen eine Welt, die sich verständigt, die sich trifft, aber nicht auf Kosten der Natur."
Forscher prognostiziert: Robotertaxis werden private Autos ersetzen
Dafür müsse es auch ein Umdenken bei kurzen Entfernungen geben. Denn in Deutschland ist das Auto mit Abstand das meistgenutzte Verkehrsmittel. Laut Statistischem Bundesamt hat der Motorisierungsgrad in den vergangenen Jahren sogar noch weiter zugenommen. Waren es im Jahr 2010 noch 511 Pkw pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohnern, ist diese Zahl mittlerweile auf 579 im vergangenen Jahr angestiegen. "Wir haben in deutschen Städten alles auf das Auto gesetzt und müssen jetzt die Anzahl wieder reduzieren, um Platz für Alternativen zu schaffen", sagt Knie. Ohne infrastrukturelle Anpassungen hätten andere Fortbewegungsmittel keine Chance. Diese seien jedoch für eine zukunftsfähige Stadt essenziell.
"Im ländlichen Raum hingegen wird das Auto eine Renaissance erleben, aber nicht als privates Auto, sondern als Robotertaxi", erklärt der Verkehrsexperte. Individuell bestellbar und selbstfahrend soll das System funktionieren, so wie es kürzlich bereits in San Francisco eingeführt wurde. Seine Zukunftsvision: In 20 Jahren bewegen wir uns in Städten zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Roller oder in wenigen, autonomen Autos. Jedoch würden wir nichts mehr besitzen, lediglich nutzen. Längere Strecken legen wir mit schnellen Zugverbindungen zurück, Flüge wird es nur noch auf transatlantischer Entfernung geben, so Knie.
Aktuell führt kein Weg an Elektroautos vorbei
Bis das aber realistisch wird, führe kein Weg an E-Autos vorbei, erklärt Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Für das Auto der Zukunft ist der batterieelektrische Antrieb gesetzt", sagte er unserer Redaktion. 2030 sei ein Marktanteil von 60 Prozent machbar. Dem Verbrennungsmotor, selbst mit klimafreundlichen Kraftstoffen, gibt er wenig Chancen. "Die Herstellung von E-Fuels ist teuer, umständlich und schlicht ineffizient."
Dudenhöffer kritisiert deshalb, dass die Bundesregierung die Förderung für den Kauf von E-Autos senke und dann ganz abschaffen wolle, für Firmenautos sogar schon zum 1. September. "Die Zulassungszahlen von Elektroautos in Deutschland werden ab September in den Keller fallen", warnt der Leiter des Forschungszentrums CAR in Duisburg. "Und da die Unternehmen vor allem Fahrzeuge von VW, Audi, Mercedes und BMW kaufen, trifft es die deutschen Hersteller besonders", warnt er.