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Missstände: Holetschek zum Augsburger Pflegeskandal: „Es geht um die Würde der Menschen“

Missstände

Holetschek zum Augsburger Pflegeskandal: „Es geht um die Würde der Menschen“

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    Das Seniorenheim Ebnerstraße in Augsburg wird von demselben Träger betrieben wie das Skandalheim im oberbayerischen Schliersee, das wegen eklatanter Pflegemängel inzwischen geschlossen werden musste.
    Das Seniorenheim Ebnerstraße in Augsburg wird von demselben Träger betrieben wie das Skandalheim im oberbayerischen Schliersee, das wegen eklatanter Pflegemängel inzwischen geschlossen werden musste. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Missstände in einem Augsburger Pflegeheim ziehen immer weitere Kreise. Am Freitag zeigte sich Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) fest entschlossen, den Vorgängen auf den Grund zu gehen. „Da geht es um Vertrauen und um die Würde der Menschen“, sagte Holetschek im Gespräch mit unserer Redaktion. Er habe noch nicht alle Fakten, sei aber mit der Stadt Augsburg und den Behörden in ständigem Austausch. Holetschek versprach: „Wir werden uns das sehr genau anschauen, weil es so etwas nicht geben darf.“

    Am Abend zuvor hatte nach diversen Berichten – auch unserer Redaktion – eine TV-Doku auf dem Privatsender RTL bundesweite Aufmerksamkeit auf den Fall gezogen. Mit versteckter Kamera hatte eine Reporterin aus dem Team des Investigativ-Journalisten Günter Wallraff in dem Heim in der Augsburger Ebnerstraße als Praktikantin angeheuert und von Personalmangel, fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten für Bewohnerinnen und Bewohner oder harschem Umgangston berichtet.

    Skandalheim am Schliersee ist längst geschlossen

    Die Augsburger Einrichtung, die denselben Träger hat wie das einstige und mittlerweile geschlossene Skandalheim am Schliersee, steht schon seit längerem in der Kritik. Die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern sowie die städtische Heimaufsicht bestätigten Qualitätsdefizite.

    Der Sozialverband VdK forderte am Freitag als Konsequenz aus Pflegemängeln in Heimen ein bundesweit einheitliches Vorgehen. „Die Ursachen für schlechte Pflege dürfen von der Gesellschaft nicht länger ignoriert werden. Sie liegen im System und müssen endlich bekämpft werden“, forderte

    Der Minister steht Rede und Antwort zur Pflegesituation

    Gesundheitsminister Holetschek kündigte derweil an, dem Ausschuss für Gesundheit und Pflege im Landtag Rede und Antwort stehen zu wollen. Die Kritik, die ihn dort erwartet, ist heftig. Die stellvertretende Ausschussvorsitzende Ruth Waldmann (SPD) reagierte mit Entsetzen auf die Berichte aus Augsburg: „Die gleiche Katastrophe wie in Schliersee. Das darf doch wohl nicht wahr sein.“ Als im Herbst im Landtag über den Skandal in Schliersee debattiert wurde, habe eine leitende Beamtin des Ministeriums versichert, dass das Heim in Augsburg „ganz eng begleitet und engmaschig kontrolliert werde“, sagte Waldmann. Nun zeige sich, dass einerseits die Kontrollmechanismen nicht funktionieren und gleichzeitig die handelnden Personen ihre Kontrollmöglichkeiten nicht ausschöpfen. Sie spricht von „organisierter Verantwortungslosigkeit“. Der Augsburger

    Ähnlich scharf reagierte der FDP-Abgeordnete Dominik Spitzer: „Wenn in zwei Pflegeheimen eines Betreibers innerhalb von nur vier Monaten massive Mängel und Missstände ans Licht kommen, haben offenbar sämtliche Kontrollinstanzen versagt.“ Minister Holetschek müsse sich die Frage gefallen lassen, was er gegen die menschenunwürdigen Zustände in den Heimen unternommen hat. „Bereits im September“, so Spitzer, „hatten wir eine Anfrage zum Augsburger Heim gestellt. Daraufhin bestätigte das Pflegeministerium, dass bereits zahlreiche Mängel bekannt waren und eine Vielzahl an Beratungsgesprächen stattgefunden hätten – augenscheinlich ohne Erfolg.“

    Die Stadt Augsburg widerspricht dem Vorwurf

    Augsburgs Gesundheitsreferent Reiner Erben widerspricht dem Vorwurf, dass Kontrollinstanzen versagt hätten. Seit Bekanntwerden der Missstände in Schliersee im vergangenen Frühjahr werde das Pflegeheim Ebnerstraße engmaschiger kontrolliert. So hätten im etwa monatlichen Rhythmus unangemeldete Besuche und angekündigte Beratungsgespräche der Heimaufsicht stattgefunden. Zuletzt habe es an diesem Freitag eine Kontrolle gegeben, um zu überprüfen, ob jüngste Beanstandungen im Bereich der medizinischen Versorgung und der Hygiene beseitigt wurden. „Außerdem wird geprüft, ob zusätzliches Personal, das vom italienischen Träger nach Augsburg geschickt wurde, die nötige Qualifikation besitzt.“ Das Heim zu schließen, wie es teilweise gefordert werde, sei der letzte Schritt. In diesem Fall, so der Referent, müssten 86 Seniorinnen und Senioren anderweitig untergebracht werden. (mit dpa)

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