In die Debatte um eine unabhängige staatliche Anlaufstelle für Missbrauchsopfer in Bayern scheint Bewegung zu kommen. Nach massiver Kritik aus Reihen der Landtagsopposition und vor allem von Betroffenen an der ablehnenden Haltung von Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) sagte nun Thomas Huber, Sprecher der CSU-Fraktion für Fragen der katholischen Kirche, unserer Redaktion: "Ich bin mir sicher, dass wir für Missbrauchsopfer ein Angebot in Form einer unabhängigen Anlaufstelle schaffen können." Er sei hierbei "sehr zuversichtlich". Huber, der auch Mitglied im Landeskomitee der Katholiken in Bayern ist, sagte weiter: "Ich habe großes Verständnis für das Anliegen von Missbrauchsopfern und deren Angehörige und ich verstehe deren Forderungen nach einer unabhängigen staatlichen Anlaufstelle."
Ulrike Scharf hatte eine staatliche Anlaufstelle als nicht zielführend bezeichnet
Nach einem Treffen von Sozialministerin Scharf mit Vertreterinnen und Vertretern der unabhängigen Betroffenenbeiräte der bayerischen katholischen Bistümer am Montag hatten sich Missbrauchsopfer verärgert gezeigt. Richard Kick vom unabhängigen Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising sagte unserer Redaktion: "Ihre starre Abwehrhaltung leuchtet mir nicht ein und erschließt sich mir weiterhin nicht." Scharf hatte eine spezielle Anlaufstelle für Betroffene im kirchlichen Kontext zuvor als nicht zielführend bezeichnet und mehrfach auf die insgesamt 35 Fachberatungsstellen im Bereich sexualisierte und häusliche Gewalt verwiesen, die Betroffenen zur Seite stünden. Diese sind aus Sicht der Missbrauchsoper aber nicht wirklich unabhängig von der Kirche.
CSU-Justizminister Georg Eisenreich hatte im Unterschied zu Scharf mehrfach Sympathie für eine unabhängige staatliche Anlaufstelle bekundet und auf die Zuständigkeit des Sozialministeriums verwiesen. Scharf erklärte noch am Montag, Eisenreich vertrete eine Einzelmeinung im Kabinett. Thomas Huber wies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf hin, dass vier Ministerien – Justiz, Inneres, Soziales und Kultus – zuständig seien. Angesichts dessen sei es "nicht einfach, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen". Zum Thema Anlaufstelle ergänzte er, dass jetzt geklärt werden müsse, wo diese angesiedelt und wie diese ausgestaltet sein müsse. Man befinde sich in Gesprächen.