Nach der jüngsten Hochwasserkatastrophe in vielen Landesteilen will Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) noch mehr Geld als bisher in den Hochwasserschutz stecken - und Bauprojekte notfalls verstärkt mit Hilfe von Enteignungen durchsetzen. Das kündigte Glauber am Donnerstag im Umweltausschuss des Landtags in München an. Er musste sich dabei aber gegen Kritik zur Wehr setzen, dass die Mittel des Freistaats für den Hochwasserschutz in den vergangenen Jahren real zurückgegangen seien. Die Grünen beklagten zudem, dass zu wenig für natürlichen Hochwasserschutz getan werde. Und sie übten Kritik an der Ausgestaltung der staatlichen bayerischen Flut-Hilfen.
Man müsse "über neue Hochwassermittel auch im staatlichen Bereich sprechen", sagte Glauber. Summen nannte er nicht. Er verwies auf eine Kabinettssitzung voraussichtlich Ende Juli, in der über verschiedene Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe beraten werden solle. Dies hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zuletzt bereits angekündigt.
Reagieren will Glauber auch, nachdem es zuletzt Kritik wegen bislang nicht umgesetzter Schutzmaßnahmen gab - etwa am Donauzufluss Zusam bei Dinkelscherben im Landkreis Augsburg. Dort wurde ein Hochwasserrückhaltebecken, für das es seit rund einem Jahrzehnt einen Planfeststellungsbeschluss gibt, noch immer nicht gebaut. Als Grund wurde genannt, dass es mit Eigentümern keine Einigung über die Entschädigungshöhe gegeben habe.
Glauber stellte deshalb klar: Man müsse am Ende verstärkt auch zum Mittel der Enteignung greifen, wenn Grundstücke nicht für den Hochwasserschutz zur Verfügung gestellt würden. Der Hochwasserschutz müsse im überragenden öffentlichen Interesse liegen, deshalb müsse man notwendige Schutzmaßnahmen am Ende auch wirksam voranbringen können.
Insbesondere die Grünen kritisierten in der Ausschusssitzung, dass die Mittel für den Hochwasserschutz in den vergangenen Jahren zwar auf 280 Millionen Euro gestiegen seien - 80 Millionen davon seien aber für den Unterhalt von Bauten, zudem seien die Baukosten in dieser Zeit noch stärker gestiegen. "Sie können mit dem Geld heute also weniger machen", sagte Christian Hierneis (Grüne). Deshalb erneuerte er die Kritik seiner Fraktion: Es gebe weiterhin zu wenig Geld und zu wenig Personal für den Hochwasserschutz. Und: Nur fünf Prozent der Mittel würden für natürliche Hochwasserschutzmaßnahmen ausgegeben, etwa für die Renaturierung von Flüssen oder die Rückverlagerung von Deichen.
Weitere Kritik von den Grünen gibt es unterdessen an der Ausgestaltung der bayerischen Hochwasser-Soforthilfen. Diese werden nämlich nicht gewährt, wenn die Schäden durch von unten eindringendes Grundwasser entstanden sind. Das geht aus einer aktuellen Antwort der Staatsregierung auf eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Max Deisenhofer hervor. Entsprechend äußerte sich auch Glauber in der Ausschusssitzung.
"Für durch Grundwasser verursachte Schäden werden Soforthilfen gewährt, wenn das Grundwasser zunächst an die Oberfläche getreten ist und dann von außen, also oberirdisch, in die Immobilie eingedrungen ist", heißt es in der Antwort des Finanz- und Heimatministeriums. Dies sei eine Eins-zu-eins-Umsetzung früherer Hilfsprogramme.
Bis zu 200 Millionen Euro ist das bayerische Hilfsprogramm aktuell schwer. Privathaushalte können bis zu 5000 Euro an Soforthilfen bekommen, für Ölschäden an Wohngebäuden bis zu 10 000 Euro - Versicherungsleistungen werden am Ende darauf angerechnet.
Die Grünen kritisierten die Linie der Staatsregierung scharf und forderten Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum sofortigen Handeln auf. "Markus Söder hat nach den extremen Hochwasser-Ereignissen erklärt, dass der Freistaat den Betroffenen helfen wird. Doch er hält sein Wort nicht, wenn etliche Bürgerinnen und Bürger von den Soforthilfen ausgeschlossen werden", sagte Grünen-Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze. "Wie das Wasser ins Haus kam, darf bei den Auszahlungen einfach keine Rolle spielen. Es geht ausschließlich darum, die Menschen in Bayern jetzt vernünftig zu unterstützen."
Deisenhofer sagte: "Alle Bürgerinnen und Bürger, die durch das extreme Hochwasser in eine Notlage geraten sind, haben ein Recht auf schnelle und unbürokratische Hilfe - auch und vor allem diejenigen, bei denen die Versicherung nicht greift." Dass die Versicherungen bei Schäden durchs Grundwasser nicht zahlten, sei das eine. "Aber, dass der Freistaat diesen Missstand bei seinen Soforthilfen nicht berücksichtigt und gerade diese Betroffenen ebenfalls alleine lässt, das muss die Staatsregierung dringend ändern", forderte er.
(dpa)