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Migration: Bayern streicht Asylbewerbern Bargeld

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Bayern streicht Asylbewerbern Bargeld

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    An die 50.000 Asylsuchende werden in diesem Jahr nach Bayern kommen. Jetzt will die Staatsregierung diesen kein Geld mehr geben, sondern Sachleistungen.
    An die 50.000 Asylsuchende werden in diesem Jahr nach Bayern kommen. Jetzt will die Staatsregierung diesen kein Geld mehr geben, sondern Sachleistungen. Foto: Daniel Karmann, dpa

    In seiner ersten Sitzung hat das neue bayerische Kabinett die Bezahlkarte für Asylbewerber auf den Weg gebracht. Sie soll im Freistaat schon im kommenden Frühjahr eingeführt werden und weitestgehend verhindern, dass Asylsuchende Bargeld bekommen. Damit werden nach Ansicht der Staatsregierung die Anreize zur Flucht nach Deutschland verringert. Zudem bekämen die Menschen kein Geld in die Hand, um kriminelle Schlepperbanden zu bezahlen.

    Allerdings sind viele Details des Sachleistungs-Systems noch offen. Klären soll diese nun das Innenministerium. Richtig neu ist der Vorschlag auch nicht. Schon 2018 beschloss Bayern einen sogenannten Asylplan. Er sah Sachleistungen und schnellere Asylverfahren vor und sprach von der Erprobung einer Bezahlkarte, die jetzt fünf Jahre später wieder aufs Tablett kommt.

    Schon 2018 hatte Bayern einen Asylplan

    Vor fünf Jahren habe man hauptsächlich für Menschen kurz nach ihrer Ankunft im Land auf Sachleistungen umgestellt, heißt es aus dem Innenministerium auf Anfrage unserer Redaktion. So erhalten Ankömmlinge in den sogenannten Ankerzentren Unterkunft, Essen, Kleider und Hygieneartikel. In der Version 2024 soll die Bezahlkarte aber "ergänzend zu den Sachleistungen alle bislang durch Geldleistungen gedeckten Bedarfe ersetzen", so das Ministerium. Ausgenommen sei davon nur ein minimaler Betrag, etwa für den Pausenverkauf in der Schule. Dessen Höhe steht laut Ministerium bislang nicht fest.

    Ausgegeben werden soll die Karte an die Menschen in Ankerzentren und Sammelunterkünften, damit sie sich bei bestimmten Händlern versorgen können. Bei Verlust wird die Karte gesperrt. Wird der auf dem Kartenchip gespeicherte Geldbetrag vor Monatsende aufgebraucht, falle dies in die Verantwortung des Besitzers, so das Ministerium. Wie viel Geld das Kartenprojekt den Freistaat kosten wird, ließ es offen. Begründung: Man wolle das laufende Vergabeverfahren nicht beeinflussen. 

    Was beim Asylgipfel beschlossen wurde

    In Grundzügen hatten sich die Länder und der Bund bereits bei der jüngsten Ministerpräsidenten-Konferenz (MPK) auf diesen Plan verständigt. Überdies vorgesehen ist, die Leistungen für Asylbewerber nach 36 statt bisher nach 18 Monaten auf ungefähr die Höhe des Bürgergeldes steigen zu lassen. Bayerns Landräte hatten das als Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Damit werde auch der "verdeckten Entwicklungshilfe durch Überweisungen in die Heimatländer der Garaus gemacht", so der Präsident des bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin. 

    Städte und Kreise in Bayern beklagen seit Monaten die großen Belastungen durch steigende Asylbewerberzahlen. Diese haben sich in den ersten neun Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Bis Jahresende werden in

    Ob eine Kürzung der Sozialleistungen gegen diesen Flüchtlingsstrom hilft, ist umstritten. Migrationsexperten halten die lenkende Wirkung gekürzter Sozialleistungen für überschaubar. Auch mit Bezahlkarten sei Missbrauch möglich. So könnten damit erstandene Waren weiterverkauft und zu Geld gemacht werden. Gekürzte Sozialleistungen seien "hinsichtlich einer geplanten Abschreckung größtenteils unwirksam, nur mit extremem bürokratischem Aufwand umzusetzen und unterlaufen Integrationsbemühungen", schimpft Johanna Böhm vom bayerischen Flüchtlingsrat. 

    Migrationsexperten sehen Kürzung der Sozialleistungen kritisch

    Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze kritisierte, vergangene Woche hätten Bund und Länder gemeinsam Beschlüsse auf den Weg gebracht, um die Rahmenbedingungen einer Bezahlkarte zu prüfen und festzulegen. "Jetzt prescht Markus Söder wieder für den Show-Effekt vor." Bislang habe die Karte zum Beispiel in Erding und Zirndorf nicht funktioniert, weil lokale Händler sie nicht als Zahlungsmittel akzeptiert hätten. "Es braucht eine flächendeckende gemeinsame Lösung, wie auf der MPK beschlossen", argumentierte Schulze.

    Nach der Lesart von Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), die die Kabinettsbeschlüsse am Dienstag vorstellten, nimmt Bayern dagegen eine Vorreiterrolle ein, um den Zuzug ins Land zu zügeln. "Wir müssen auf die Bremse treten", verdeutlichte Aiwanger. 

    Das ist auch die Stoßrichtung einer Reihe von weiteren Forderungen, welche Bayern via Bundesrat an die Bundesregierung richtet. Enthalten in diesem Katalog sind Asylverfahren außerhalb Deutschlands sowie Ausreisezentren an Flughäfen. Sozialleistungen für Geflüchtete müssten auf ein "europäisches Maß" gekürzt, die Liste "sicherer Herkunftsstaaten" verlängert werden. Denn Menschen von dort können bereits nach einem Eilverfahren abgeschoben werden. Dazu sollen nach den Vorstellungen Bayerns künftig auch die nordafrikanischen Ländern Algerien, Marokko und Tunesien zählen, zudem Indien und Armenien.

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