Wenn ich morgens auf den Stundenplan meines Kindes schaue, dann falle ich vom Glauben ab, dass Ministerpräsident Markus Söder wirklich weiß, was Schulen heutzutage brauchen und welch wichtige Ressource sie sind. Mit den pro Woche drei Stunden Religion, an denen er festhält, und einem Mehr an Mathe und Deutsch ist weder Kindern, Lehrkräften noch Schulen geholfen. Die Grundschul-Stundenplanreform ist eindimensional, es braucht eine wirklich nachhaltige Strategie.
Die Rechnung der bayerischen Staatsregierung nach der jüngsten Pisa-Studie klingt in etwa so: Die Kinder haben schlechter abgeschnitten, also mehr Deutsch und Mathe anordnen, dann klappt’s schon mit dem nächsten Bildungstest. Wenn’s denn so einfach wäre.
Schlechte Pisa-Studie – aber einfach mehr Deutsch und Mathe bringt auch nichts
Die Gesellschaft braucht innovative Köpfe, Teamplayer und Problemlöserinnen – die gibt’s aber nicht mit einfach mehr Deutsch und Mathe. Nicht mal ein Auto fährt schneller, nur weil mehr Benzin im Tank ist. Ausprobieren, begreifen, kommunizieren, kooperieren, neue Wege finden – das alles lernen die Kinder in Kunst, Werken, Musik oder mit Sprachen. Fächern also, die ihnen häufig besonders viel Spaß machen oder Druck aus dem Alltag nehmen, die nun aber für Mathe und Deutsch gekürzt wurden. Und das, obwohl in ihnen per se auch Deutsch und Mathe steckt oder Freude am Lernen wichtig für den Lernerfolg ist.
Um Leistungen der Schüler zu verbessern reichen Änderungen am Stundenplan nicht
Wer möchte, dass Kinder bei Pisa besser abschneiden, muss weit über den Stundenplan hinaus denken und Geld in Bildung stecken. Die Kinder sollen besser Deutsch können? Mehr Kindergärten bauen, wo Jungen und Mädchen früh Sprachbäder bekommen. Der Stoff soll besser in die Köpfe? Sozialpädagoginnen oder Erzieher einstellen, die sich um auffällige Kinder kümmern, Druck aus den Klassen nehmen oder Lehrkräften Freiraum für individuelle Förderung schaffen. Das würde auch der Bildungsungerechtigkeit entgegenwirken.
Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) macht bereits vieles neu wie richtig: Sie hört in die Schulfamilien rein, ist nah dran und tauscht sich mit Fachleuten aus. Sie gibt Schulen mehr Handlungsspielraum und schafft damit auch Freiraum, mutig das Lernen zu modernisieren - da sprießen gerade viele Innovationen. Außerdem ist sie offen dafür, bisher heilige bayerische Schulstandards zu reformieren. Markus Söder täte gut daran, sie mehr zu unterstützen und nicht oberlehrerhaft wie realitätsfern reinzugrätschen, wenn es etwa um die Abschaffung unangekündigter Proben oder die Mini-Kürzung des Religionsunterrichts geht. Mit fachfremden Basta-Entscheidungen an alten Standards festzuhalten, schürt in Schulfamilien nur Frust und möglicherweise sogar Politikverdrossenheit. Dabei sind Schülerinnen und Schüler die Wählenden von morgen.
Mit einem „Bildungs-Soli“ den „Aufbau Schule“ vorantreiben
Schule muss sich der Lebenswirklichkeit der Schulfamilien anpassen. Eine Stunde weniger Reli, dafür mehr Raum für Medienkunde – das wäre ein Segen für die Grundschulen, da immer mehr Erstklässler ein Smartphone besitzen und so der Gefahr digitaler Unfälle oder Kollateralschäden ausgesetzt sind. Mit gravierenden Auswirkungen auf ihr Leben in der analogen Welt. Sie sehen auf dem Pausenhof oder im Kinderzimmer mitunter Inhalte, die nicht gesund für ihre Seelen sind. Jungen und Mädchen sind medienmächtig, ehe sie medienmündig sind – es ist wichtig für die Gesellschaft, dass Schulen die Kinder hier begleiten und befähigen, weil nicht alle Eltern dazu in der Lage sind. Schülerinnen und Schüler sollten früh die Chancen und die Risiken des Internets und der digitalen Medien kennenlernen. Lehrkräfte brauchen daher mehr Zeit für Fortbildungen, damit sie verstehen, wie das digitale Leben ihrer Schulkinder aussieht – selbst wenn der Unterricht analog ist. Das alles ist umso dringlicher, da nun auch die Künstliche Intelligenz als mächtige Variable in der Schulgleichung hinzugekommen ist.
Und wer soll das alles bezahlen? Wenn ich frühmorgens das Schulbrot schmiere, denke ich manchmal darüber nach, was ein Bildungs-Solidaritätszuschlag in der deutschen Bildungskrise bewirken könnte, welch nachhaltigen Impulse dieser „Aufbau Schule“ für die Gesellschaft hätte, für jung und alt, heute und morgen. Ein wirklich schöner Traum.
Was würden Sie davon halten, wenn an bayerischen Schule än eine Stunde weniger Ethikunterricht stattfindet? Wäre das genau so gut, wie den Religionsunterricht zu kürzen? Sollte Ihre Antwort darauf nein lauten, müsstrn Sie sich bitte die Realitäten an unseren Schulen nochmal ansehen. Denn Religiobäb, Ethik und auch der gerade erst verstetigte Islamunterricht , der ein Gegengewicht zu den fundamentalen Islamkursen mancher Moscheevereine bieten soll, laufen in derselben Unterrichtsschiene wie Religion. Kürzt man das eine, gilt das auch für die anderen Fächer. Und schauen doch Sie mal in die Lehrpläne dieser Fächergrupoe: Da geht es um Werte, friedliches Zusammenleben, eigene Stärken, religiöse Fragen/Konflikte, Vorbilder und Resilienz. In einer Zeit, in der so viele Kinder emotionale, psychische und soziale Probleme haben, finde ich, wir brauchen dafür mehr und nicht weniger Zeit.
2 Stunden Religion/Ethik reichen für eine staatliche Grundschule völlig aus! Der Religionsunterricht hat hier auch nicht die alleinige Erziehungs- und Deutungshoheit über Themen wie friedliches Zusammenleben, Zusammenhalt, Konfliktlösung, Kommunikation/Verständigung etc. - Vielmehr sind das fächerübergreifende Themen, die von Sport über Kunst bis hin zu Deutsch oder Englisch behandelt werden können. Es wäre an der Zeit für Söder zu akzeptieren, dass wir in einem laizistische Staat leben - er könnte sein "C" im Parteinamen zur Abwechslung auch mal anders vorleben als mit einem Cruzifix-Gebot für Behörden und seiner Einmischung in die Schulpolitik von Frau Stolz! Übrigens, Frau Schäfer: "...Denn Religiobäb, Ethik und auch der gerade erst verstetigte Islamunterricht..." - der Begriff Religion beinhaltet auch andere als nur die kath./evang. christliche Lehre - hat da jemand etwa nicht aufgepasst im Religions- oder Ethikunterricht?
Dem kann ich mich nur anschließen.
Irrtum! Warum Englisch ?! Was soll das ?! In der Grundschule muß wirklich kein Kind Englisch lernen! Ansonsten könnte man auch fordern, Französisch, Spanisch oder Italienisch zu lehren. Oder Latein - schließlich ist Latein die Mutter aller romanischen Sprachen ?! In fer Grundschule müssen überhaupt keine Fremdsprachen gelehrt werden. Das kann viel besser in den weiterführenden Schulen geschehen!
Weit gefehlt!! Für das "Darum" zitiere ich Dr. Vater vom BLLV: "Englischunterricht ist mehr als die bloße Vermittlung von Sprache. Durch den Englischunterricht an den Grundschulen kann die grundlegende kommunikative Handlungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler steigen. Zudem werden Aussprache und Intonation geschult und die Voraussetzungen für das Sprachenlernen in der 5. Klasse geschaffen. Sprachliches Wissen und Können muss geübt, erprobt und ausgebaut werden. ... Durch den Einsatz von Lernstrategien und sprachlichem Wissen und Können bringt der Englischunterricht auch einen besseren Zugang zum Lernen allgemein. So wird die methodische Kompetenz und insbesondere die Sprachlernkompetenz der Schülerinnen und Schüler gefördert. Studien haben gezeigt, dass der Englischunterricht positive Auswirkungen auf das Lernen, die Sprachentwicklung und den interkulturellen Zugang der Kinder sowie zu Sprache allgemein hat." ... warum Englisch - die Sprache mit der größten Verbreitung weltweit!
Ich verstehe ueberhaupt nicht, was das Fach Religion in einer staatlichen Schule soll. Wir hatten frueher 2 Stunden, das war schon mehr als genug. Ethik alleine waere besser. Religion war ueber Jahrhunderte eher Anlass fuer Streit und Krieg. Nur kam das frueher im Religionsunterricht nicht vor. Ich vermute, heute auch nicht.
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