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Medizinische Versorgung: Den Kliniken geht das Geld aus – "Versorgungs- und Vertrauenskrise" droht

Medizinische Versorgung

Den Kliniken geht das Geld aus – "Versorgungs- und Vertrauenskrise" droht

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    Viele Kliniken haben finanzielle Probleme. Aus der wirtschaftlichen Krise könnten Versorgungsengpässe entstehen.
    Viele Kliniken haben finanzielle Probleme. Aus der wirtschaftlichen Krise könnten Versorgungsengpässe entstehen. Foto: Peter Steffen, dpa (Symbolbild)

    Die Lage ist so angespannt, dass Klinik-Funktionäre in diesen Tagen gerne zu drastischen Medizin-Metaphern greifen. "Die Krankenhäuser liegen im Schockraum der Notaufnahme und viele Kliniken werden die politische Therapie des Abwartens nicht überleben", sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, vor kurzem in Berlin und wies damit auf die dramatisch gestiegenen Kosten und massive monatlich auflaufende Defizite hin. Jetzt legt die bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) nach. 

    "Ich hatte mir nicht vorstellen können, einmal solche Zahlen präsentieren zu müssen", sagt Geschäftsführer Roland Engehausen am Mittwoch bei der Vorstellung des Bayerischen Krankenhaustrends, einer Umfrage unter den Kliniken im Freistaat. Teilgenommen haben 127 Krankenhausträger für 179 Kliniken. Die finstere Prognose: Für das Jahr 2023 befürchten 88,5 Prozent, ein Defizit zu erwirtschaften. "Nahezu alle Kliniken wurden in eine Finanzlücke getrieben", sagt Engehausen. Bayernweit beträgt das Defizit der BKG zufolge bereits monatlich über 100 Millionen Euro. 

    Engehausen: Inflation wurde nicht ausgeglichen – das führt Kliniken in die Krise

    "Wer glaubt, dass das damit zu hat, dass die Kliniken schlechter wirtschaften, liegt falsch. Wenn neun von zehn Krankenhäusern ins Defizit rutschen, ist es eindeutig ein systemisches Versagen." Die Inflation sei nicht ausgeglichen worden, "die Kassen hatten ein Verbot, mit uns über den Inflationsausgleich zu verhandeln". Erschwerend hinzu komme: Die Gelder aus dem Hilfsfonds, die anstelle eines Inflationsausgleichs zugesagt worden seien, kämen nicht in den Kliniken an. "Für die Versorgung bedeutet das, dass wir zwischenzeitlich jede siebte Behandlungsmöglichkeit nicht mehr anbieten können. Wir können es uns auch nicht mehr leisten, Personalengpässe durch teurere Zeitarbeit auszugleichen." Aus einer wirtschaftlichen Krise werde so eine Versorgungs- und Vertrauenskrise. 

    Bund und Länder arbeiten derzeit intensiv an einer umfassenden Krankenhausreform. Wie die Verantwortlichen in den bayerischen Krankenhäusern auf die Vorschläge der Regierungskommission blicken, zeigt sich ebenfalls im aktuellen Krankenhaustrend. Auf die Frage, ob mit der angekündigten Reform die Ökonomisierung in den Kliniken überwunden werden könne, antworteten 65 Prozent der Befragten mit Nein, 34 können sich das zumindest zum Teil vorstellen. 63 Prozent glauben außerdem, dass die Reform nicht zu einer qualitativ besseren Versorgung führen werde, 71 Prozent glauben gar, dass sich die Versorgung im ländlichen Raum verschlechtern werde. Generell, so das Ergebnis der Befragung, würden von der Reform die Träger großer Kliniken und die Krankenkassen profitieren – das Nachsehen hätten indes kleinere Häuser, die Beschäftigten und die Patientinnen und Patienten. 

    Lauterbachs Pläne für die Kliniken: Umstrittene Fallpauschalen sollen abgesenkt werden

    Im Kern sehen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine einheitliche Einteilung der Kliniken in drei Stufen vor, mit entsprechender Förderung: wohnortnahe Kliniken zur Grund- und Notfallversorgung, Häuser mit weiteren Leistungen und Maximalversorger wie Unikliniken. Es soll also nicht mehr jede Klinik alles machen dürfen. 

    Zudem sollen die Fallpauschalen abgesenkt werden, weil sie zu vielen unnötigen Operationen führen würden. Zum Ausgleich sollen die Krankenhäuser "Vorhalteleistungen" bekommen, feste Beträge für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik. "Die Krankenhäuser in Bayern fordern einen bedarfsgerechten Strukturwandel, der die regionale Versorgungssituation berücksichtigt", sagt Engehausen von der bayerischen Krankenhausgesellschaft. "Wir hoffen auf deutliche Nachbesserungen in den laufenden Bund-Länder-Gesprächen."

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