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Medizin: Weniger Babys sterben an plötzlichem Kindstod – das sind die Gründe

Medizin

Weniger Babys sterben an plötzlichem Kindstod – das sind die Gründe

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    Ihr Baby zu verlieren, ist für Eltern ein schlimmer Schicksalsschlag.
    Ihr Baby zu verlieren, ist für Eltern ein schlimmer Schicksalsschlag. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Es ist eine der wohl schrecklichsten Vorstellungen frisch gewordener Eltern: Man legt seinen nur wenige Wochen alten Säugling ins Bettchen – und wenig später ist er einfach tot. Er schnauft nicht mehr. Ist offenbar im Schlaf gestorben. Plötzlicher Kindstod. Noch vor rund 30 Jahren, im Jahr 1991, waren 1285 Säuglinge in Deutschland von einem Moment auf den nächsten und unerwartet gestorben. Im Jahr 2020 waren es noch 84 Babys. Das sind immer noch 84 Babys zu viel. Aber immerhin ein Rückgang von 93 Prozent, wie die Stiftung Kindergesundheit in München mitteilt.

    „Das Besondere daran ist: Die radikale Wende ereignete sich ganz ohne neue Medikamente oder medizinischen Eingriffe – sie geschah allein durch die intensive Aufklärung der Familien über das richtige Verhalten und über die notwendigen Vorbeugemaßnahmen“, berichtet Professor Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. Das bedeutet: In den vergangenen rund 30 Jahren verdanken mehrere tausend Kinder in Deutschland den wirksamen Kampagnen zur Prävention ihr Leben, so der Mediziner, der auch Leiter der Abteilung für Stoffwechsel und Ernährung im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München ist. 

    Plötzlicher Kindstod: Diese Regel sollten Eltern beachten

    Die wichtigste Regel zur Verhinderung des plötzlichen Säuglingstods ist nach Angaben der Stiftung dabei, eine „Bauchlagerung des Babys kompromisslos zu vermeiden“. Die meisten Säuglinge, die unerwartet und ohne Grund im Schlaf sterben, würden auf dem Bauch liegend aufgefunden – mit dem Gesicht nach unten oder zur Seite. 

    Auch die Seitenlage ist nach Angaben der Stiftung wenig empfehlenswert: Aus dieser – letztlich instabileren – Position könnten Babys relativ leicht auf den Bauch rollen. Ist das Baby wach, dürfe es durchaus auf dem Bauch liegen. „Als Schlafposition jedoch sollte die Bauchlage unbedingt so lange wie irgend möglich vermieden werden“, heißt es.

    So schlafen Neugeborene sicher: Ein Augsburger Kinderarzt gibt Tipps

    Christian Voigt, Obmann der Kinderärztinnen und Kinderärzte in Augsburg und Nordschwaben, kann die Aussagen der Kinderstiftung nur bestätigen. „Die konsequente Aufklärung zum richtigen Lagern eines Säuglings hat sich gelohnt.“ Babys schlafen laut Kinderstiftung am sichersten in einem Babyschlafsack ohne zusätzliche Bettdecke. Im Gegensatz zu Bettdecken lassen sich Babyschlafsäcke nämlich nicht wegstrampeln oder über den Kopf ziehen. Das Bett eines Babys sollte eine feste und relativ wenig eindrückbare Matratze haben. „Es gehören keine weichen Unterlagen hinein, in die das Kind mit dem Gesicht einsinken könnte, also kein Kopfkissen oder Schaffell und auch kein Nestchen. Verzichten sollte man auch auf das Kuscheltier, das die Atemwege verschließen könnte oder kleine Teile hat, die das Baby verschlucken oder in die Atemwege bekommen könnte“, heißt es weiter.

    Auch Zigarettenrauch gilt laut Voigt als ein Risikofaktor. „Wir haben als Kinderärztinnen und Kinderärzte das Gefühl, dass immer weniger Eltern in Gegenwart ihrer Kinder rauchen. Wenn sie überhaupt rauchen, dann gehen sie etwa auf den Balkon.“ Er ist sich sicher, dass das auch im Laufe der Jahre weiter zur Sicherheit der Babys beigetragen hat. Insgesamt empfiehlt der Pädiater zudem eine Impfung gegen Keuchhusten in der Schwangerschaft. Denn die Keuchhustenerreger könnten von der Mutter auf den Säugling übertragen werden. Und das könne ebenfalls sehr gefährlich für ein Baby sein. 

    Doch was ist die Ursache für plötzlichen Kindstod?

    Bis heute weiß man nicht genau, woher der plötzliche Kindstod kommt. Erklärungsversuche zielen etwa auf einen gestörten Blutfluss zum Hirnstamm hin, der durch die Drehung des Kopfes entstehen könnte, wenn das Baby auf dem Bauch liegt. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Thesen. Wonach etwa der Botenstoff Serotonin außer Balance geraten ist. Oder ein Phosphatmangel vorliegt. Neu ist der Gedanke, dass Babys ein Enzym namens Butyrylcholinesterase fehlt, was dazu führt, dass ein Säugling nicht aufwacht, wenn er zu wenig Sauerstoff bekommt – was eigentlich der normale Vorgang wäre.

    Voigt ist über die gute Entwicklung der vergangenen Jahre sehr erfreut. „Aber es gibt immer noch viel zu tun. Wir müssen weiter aufklären, damit sich die Zahlen des plötzlichen Kindstodes noch weiter reduzieren.“ Andere Länder seien da statistisch gesehen schon weiter. Etwa Estland. Darum sei weiterhin umfangreiche Aufklärung nötig. 

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